Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 64: Querfurt (2006)
Nr. 20 Asendorf (Gem. Dornstedt), ev. Kirche (St. Nikolaus) 1. D. 14. Jh.
Beschreibung
Glocke, Bronze. Das rückläufig und spiegelverkehrt lesbare Gebet befindet sich zwischen zwei doppelten Riemenstegen an der Glockenschulter. Die gewölbte Haube verzieren zwölf mit einem griechischen Kreuz versehene, in gleichen Abständen um die Krone verteilte Brakteaten. Acht weitere bilden im oberen Flankenbereich zwei einander gegenüberliegende kreuzförmig angeordnete Vierergruppen. Dazwischen sind zwei fast vollplastisch gegossene Figuren des Gekreuzigten angebracht. Eine von ihnen wird von zwei Ringen flankiert. Den Wolm umläuft ein Paar schmaler Stege.
Maße: H.: 80 cm; Dm.: 95 cm; Bu.: 2,7–4,5 cm.
Schriftart(en): Gotische Majuskel und Gotische Minuskel.
+ AUEa) + MARIab) + GR·aCiac) + PIENad) DOMinus TeCuM BenedicTAe) in mulieribusf) esg)1)
Übersetzung:
Sei gegrüßt, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gesegnet unter den Frauen.
Textkritischer Apparat
- AUE] Das A trapezförmig mit geradem Deck- und gebrochenem Mittelbalken, darüber ein griechisches Kreuz.
- MARIa] Das A trapezförmig. Der Schaft des R verläuft in gleicher Form wie Bogen und Cauda.
- GR·aCIa] Der Bogen des G unten eingerollt; das R, dessen nach innen umgebogener Schaft die Cauda berührt, nur halb so groß. Danach eine senkrecht verlaufende Zickzacklinie, vgl. Otte 1884, Taf. II (Abb. 26); s. a. Nr. 22, 23.
- PIENa] Lies: PLENa. Das unziale E offen, im Mittelbalken ein senkrechter Zierstrich.
- BenedicTA] Der Bogen des runden T berührt den Schaft knapp unterhalb des Deckbalkens. Die geschwungenen Schrägschäfte des A liegen überkreuz, ein Querbalken fehlt. Das im Gebet folgende TU fehlt hier.
- mulieribus] Der schräg nach unten gerichtete Balken des l hier nicht spiegelverkehrt; das r gleicht einem eckigen c, das s einem geschwungenen senkrechten Schaft.
- es] Das s als Schaft-s ausgeführt, dessen Bogen stumpfwinklig umgebrochen ist.
Anmerkungen
- Beginn des Ave Maria; vgl. z. B. CAO 3, 1968, 64 Nr. 10539.
- Vgl. das Faksimile der Abreibung in Kdm. (Querfurt) 1909, S. 39.
- Vgl. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 144.
- Wie Anm. c. Vgl. Schubart 1896, S. 177; s. a. Nr. 22, 23.
Nachweise
- Grössler 1879, S. 29f.
- Kdm. (Mansf. Seekr.) 1895, S. 24f.
- LfD Halle, Glockenbestandserfassung 1. Wk., Aufnahmebogen zu Asendorf vom 15. 3. 1917.
Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 20 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0002002.
Kommentar
Die Schrift war in den Glockenmantel geritzt worden und weist innerhalb der Majuskel hauptsächlich unziale bzw. runde Formen auf. Hervorzuheben sind vor allem das offene unziale E und das runde T. Die äußerst unterschiedlich gestalteten Buchstaben wurden teilweise konturiert wiedergegeben. Auffällig sind die waagerechten Abschlußstriche in der Mitte des runden N, des hier spiegelverkehrt hervortretenden rechten Bogens des links geschlossenen M und des U. Das ovale O weist einen zentralen senkrechten Zierstrich auf. Die am Ende vermehrt verwendeten Minuskelbuchstaben zeigen bereits die typischen Brechungen, sind jedoch von sehr ungelenker Form. In der Regel enden die Hasten in einer umgebogenen, manchmal gespaltenen Zierlinie, vereinzelt auch in einem keilförmigen Sporn. Als Worttrenner fungieren griechische Kreuze, deren Arme spitz- oder stumpfwinklige Dreiecke begrenzen.
Die vorgenommene Datierung stützt sich auf einige Details der Schriftgestaltung, die auch auf einer Balgstädter Glocke (Burgenlandkreis) von 1311 begegnen. Dazu zählen neben der unsicheren Ritzung vor allem die nur teilweise ausgeführte Konturierung von C und M sowie der senkrechte Zierstrich im O.2) In etwa dieselbe Zeit verweist zudem die Leihaer Glocke (Gem. Roßbach, Lkr. MerseburgQuerfurt) von 1323, deren Buchstaben denselben Charakter tragen und die teilweise die gleiche Brakteatenanordnung zeigt.3) Schließlich läßt sich auch die häufiger verwandte Zickzacklinie als Argument anführen, die man genauso auf einer Coswiger Glocke (Lkr. Anhalt-Zerbst) von 1330 findet.4)