Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 19† Esperstedt, ev. Kirche (St. Peter) 2. H. 13.–1. V. 14. Jh.

Beschreibung

Glocke. Sie wurde im Jahre 1723 für den Guß einer neuen großen Glocke mit eingeschmolzen.1)

Inschrift nach Kdm.

  1. Sit tempestatum per me genus omne fugatuma).

Übersetzung:

Jede Art von Stürmen sei durch mich vertrieben.

Versmaß: Leoninischer Hexameter.

Kommentar

Die Inschrift verdeutlicht die apotropäische Funktion der Glocke.2) Dieses metrische Formular findet sich beinahe ausschließlich im Raum zwischen Leipzig, Querfurt, Magdeburg und Dessau, vor allem aber in der Nähe der Stadt Halle.3) Da zudem sehr viele Ausführungen jener Inschrift in einer charakteristischen Gotischen Majuskel vorgenommen wurden, die über ein relativ großes Repertoire an unzialen bzw. runden Buchstaben sowie begleitende Zierlinien verfügt, vermutet Schubart einen Werkstattzusammenhang, der sich um die Wende vom 13. zum 14. Jahrhundert abzeichnet.4) Da sich ebenso im Mansfelder Land mehrere Exemplare mit derartigen Schriftformen nachweisen lassen, könnte auch die Esperstedter Glocke der angenommenen Gießhütte zuzurechnen sein.5) Allerdings belegen Ausnahmen, daß die Verwendung dieses Inschriftenformulars nicht zwingend auf ein und dieselbe Werkstatt verweisen muß.6)

Textkritischer Apparat

  1. fugatum] strigatum (?) HB Eisleben, Biering. Die erste Silbe eines ursprünglichen fligatum wurde in der Handschrift durch vier nicht sicher identifizierbare Buchstaben ersetzt.

Anmerkungen

  1. Vgl. HB Eisleben, Biering 3, 1724, fol. 634v. Die neue Glocke wurde während des Ersten Weltkrieges eingeschmolzen, vgl. Kirchenrat Esperstedt, John 1978, S. 100.
  2. Vgl. zu den Funktionen mittelalterlicher Glocken Bund 1997/98, S. 121–156, insbes. S. 122f.; Hense 1998, S. 43–45; Lippert 1939, S. 41–46.
  3. Vgl. Schuster 1967, S. 333f. Zu den Glocken um Halle vgl. Kdm. (Halle/Saalkr.) 1886, S. 461 (Brachwitz), 483 (Dössel), 484 (Domnitz), 495 (Gimritz), 503 (Kirchedlau), 565 (Plössnitz), 572 (Rothenburg), 574 (Schlettau), 575 (Schwerz); in Anhalt vgl. Schubart 1896, S. 60 (Übersicht); im Mansfelder Land vgl. Grössler 1878, S. 35. S. a. Walter 1913, S. 200; Sommer 1889, S. 406.
  4. Vgl. Schubart 1896, S. 77 und die entprechenden Umzeichnungen S. 112 (Aderstedt, Lkr. Bernburg), 163 (Bobbau, Lkr. Bitterfeld), 172 (Cösitz, Lkr. Köthen), 178 (Crüchern, Gem. Wohlsdorf, Lkr. Bernburg), 274 (Großbadegast, Lkr. Köthen), 281 (Großpaschleben, Lkr. Köthen), 286 (Großweißandt, Gem. Weissandt-Gölzau, Lkr. Köthen), 406 (Quellendorf, Lkr. Köthen), 422 (Reppichau, Lkr. Köthen), 427 (Reupzig, Lkr. Köthen). Zu den typischen Verzierungen und ihrer Datierung s. a. Nr. 7 mit Anm. 10, Nr. 10 mit Anm. 10, Nr. 20.
  5. Vgl. Grössler 1878, S. 35 u. Taf. 1 Nr. 9 (Seeburg, Lkr. Mansfelder Land), Nr. 10 (Hübitz, Lkr. Mansfelder Land), Nr. 11 (Siersleben, Lkr. Mansfelder Land). Zur Glocke in Seeburg vgl. Schuster 1967, S. 332–334 (Abb. 13–17).
  6. Vgl. Liebeskind 1905, S. 122 (Neundorf, Gem. Harth-Pöllnitz, Lkr. Greiz).

Nachweise

  1. HB Eisleben, Biering 3, 1724, fol. 634v.
  2. Kdm. (Mansf. Seekr.) 1895, S. 220.
  3. Kirchenrat Esperstedt, John 1978, S. 100.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 19† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0001906.