Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 8† Querfurt, ev. Burgkirche (St. Maria, St. Peter und Paul) 1300 oder später

Beschreibung

Grabplatte Gerhards II. (?) von Querfurt. Caspar Schneider bezeugt 1654 in der Burgkirche eine große, in der Mitte zerbrochene Grabplatte, die er von der Begräbniskapelle aus gesehen „etwas beßer nach dem Chore wärts“ lokalisiert.1) Seine weiteren Angaben orientieren sich allerdings vollkommen an Spangenberg, so daß die Autopsie zu bezweifeln ist. Dieser hatte die aufliegende Skulptur mit folgenden Worten beschrieben: „... darauff eines Mannes Bild ohne Bart / aber mit grossen Krausen2) und langen haaren / hat für ihme vom Gürtel bis auff die Füsse hinab / einen Schild mit dem Quernfurdischen Wapen / dahinder die lincke hand / als den Schild haltend / verborgen / vnd helt in der rechten hand einen alten eckichten Eisenhut / darunter ein Schwerd in der Scheide / mit angeknüpfftem Gürtel stehend / vnnd diese wort in den Stein herumb gehawen.“3)

Inschrift nach Spangenberg.

  1. +a) HY LIT HER GHERHARD VON QVERNVORDE DESSOb) GVDE RIDDER VV.c) GOT HEBBE SINE SELE AM(EN)d)

Wappen:
Querfurt.3)

Kommentar

Spangenbergs Meinung, es handele sich hierbei um den Grabstein eines um das Jahr 1131 verstorbenen Querfurter Grafen Gerhard I., haben schon Bergner und Voigt zu Recht abgelehnt.4) Dieser Annahme widersprechen sowohl das deutsche Grabformular, das erst ab der Mitte des 14. Jahrhunderts verstärkt einsetzt, als auch die umlaufende Anordnung der epigraphischen Grabbezeugung, die ebenfalls erst im Spätmittelalter üblich wird.5) Für diesen Zeitraum kommen innerhalb der Querfurter Dynastie nur drei Angehörige namens Gerhard in Frage: 1.) Gerhard II., Sohn Gebhards V. von Querfurt. Er war mit Lukard von Regenstein vermählt und ist zwischen 1242 und 1300 bezeugt.6) 2.) Gerhard III., Sohn Brunos IV., des Grafen zu Querfurt und Herren zu Beyernaumburg.6) Er wird zwischen 1336 und 1345 urkundlich erwähnt. 3.) Gerhard III. der Ältere, Sohn Brunos III. und Bruder Gebhards XI.7) Er war Herr zu Querfurt und tritt urkundlich das letzte Mal am 22. August 1364 in Erscheinung.

Zieht man nun Spangenbergs Angaben über die Größe des Schildes in Betracht, der vom Gürtel herab bis zu den Füßen reichte, so kann eine Entstehung des Grabmals um oder nach der Mitte des 14. Jahrhunderts nicht in Frage kommen.8) Schilde dieses Umfangs lassen sich vorwiegend in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nachweisen,9) so daß der Verstorbene vermutlich mit Gerhard II. zu identifizieren ist. Da dieser nach 1300 in den Urkunden nicht mehr erscheint und für diese Zeit zumindest eine Parallele für das deutsche Formular HY LIT vorliegt,10) dürfte die Grabplatte kaum bedeutend später entstanden sein.

Textkritischer Apparat

  1. Fehlt in Kdm. In der übrigen Überlieferung am Ende der Inschrift angegeben.
  2. DESSO] Lies möglicherweise: DER SO (?); DES SO Schneider, Webel, Kdm., Voigt; des so Heine.
  3. VV.] V. V. Heine, Kdm. Bedeutung nicht ermittelt.
  4. AM(EN)] Kürzung durch Doppelpunkt.

Anmerkungen

  1. Vgl. Schneider [1654], S. 13.
  2. Mit „Krausen“ sind die Locken der Haare gemeint, vgl. Grimm/Grimm 5, 1873, Sp. 2095.
  3. Vgl. Spangenberg 1590, S. 249. Zum Wappen der Edlen von Querfurt vgl. Siebmacher 6/6, 1884, S. 126, Taf. 83.
  4. Vgl. Spangenberg 1590, S. 238, 249; Kdm. (Querfurt) 1909, S. 225; Voigt 1915, S. 90 f.
  5. Vgl. Koch 1997, S. 289f. Vgl. zum Formular Hie (Hy) lit (leit) die frühesten Belege in Bergner 1905, S. 391 (1300); DI 27 (Würzburg) 1988, Nr. 70 (2. V. 14. Jh.); DI 3 (Burgenland) 1953, Nr. 27 (1467), 28 (1478); DI 21 (Kärnten) 1982, Nr. 57, 59 (1444).
  6. Vgl. Europ. Stammtaf. NF 19, 2000, Taf. 91.
  7. Vgl. Europ. Stammtaf. NF 19, 2000, Taf. 92.
  8. Für diesen Hinweis danke ich Herrn Dr. Harald Drös, Heidelberg. Vgl. Nickel 1958, S. 49, 51–56.
  9. Vgl. Nickel 1958, S. 35–39. Beispielshalber sei auf die Schilde der Naumburger Stifterfiguren (um 1300), vgl. DI 6 (Naumb. Dom) 1959, Nr. 10 (Abb.), und im Gegensatz dazu auf den deutlich kleineren Schild auf der Tumba Gebhards XI. von Querfurt verwiesen (gest. 1383), vgl. Nr. 27.
  10. Vgl. Bergner (wie Anm. 5).

Nachweise

  1. Spangenberg 1590, S. 249.
  2. Schneider [1654], S. 14.
  3. Webel [1714/15], S. 111.
  4. Francke 1723, S. 177.
  5. Heine 1875, S. 91.
  6. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 225.
  7. Voigt 1915, S. 90.
  8. Schmitt 2002, S. 34.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 8† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0000806.