Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 224 Göhrendorf (Gem. Nemsdorf-Göhrendorf), ev. Kirche (St. Nikolaus) 1650

Beschreibung

Taufstein, Sandstein. In der Mitte der Sakristei steht der massive, sich nach unten konisch verjüngende Taufstein. Er gliedert sich vertikal in drei Zonen: Der obere, etwa 22 cm hohe Rand trägt außen in zwei umlaufenden Zeilen die Namen von drei kirchlichen Amtsträgern (A) und setzt sich unten durch einen Wulst von dem schmaleren, becherförmigen Mittelteil ab. Auf diesem ist unter einem gezahnten Zierband die Jahresangabe (B) verzeichnet. Beide Inschriften wurden eingemeißelt. Unterhalb der stärksten Einschnürung, die ein weiterer kräftiger Wulst ca. 23 cm über dem Boden markiert, nimmt der kurze, gedrungene Fuß wieder mäßig an Breite zu.

Maße: H.: 87,5 cm; Dm. 66 cm; Bu.: 3,9 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. A

    MAGISTER . IOHANNES . HELD . PFARRER . / CASPAR . LV̈TZKEa) . CHRISTOPH . PRIMPER . KIRCHVÄTER . ZV GÖRENDORF .

  2. B

    1 6 . 5 0b) .c)

Kommentar

Die sorgfältig geschlagenen Buchstaben variieren in ihren Formen und Verzierungen kaum. Lediglich das O erscheint oval oder spitzoval. Auch die Cauda des R ist teils geschwungen, teils stachelförmig, teils verläßt sie den Schaft, ohne den Bogen zu berühren. Über dem I befindet sich stets ein Quadrangel als i-Punkt. Die stark gebogenen Schrägbalken des K setzen dünn in der Mitte des Schaftes an und nehmen dann zur Grund- bzw. Oberlinie an Stärke zu. Das Z besitzt regelmäßig einen Mittelbalken. Die Versalien überragen die übrigen Lettern in der Regel um 1 cm. Als Worttrenner dienen Quadrangel auf der Grundlinie. Sporen sind meist nur geringfügig ausgebildet, die Bögen von S und der obere Bogenabschnitt des C werden jedoch von langen, gekrümmten Zierstrichen begrenzt. Vor allem diese letzte Schriftbesonderheit läßt sich ebenso auf dem Epitaph für Maria Magdalena Gräffe zu Obhausen beobachten.1) Obwohl die Menge an vergleichbaren Buchstaben gering ist, dürften beide Stücke zumindest aus derselben Werkstatt stammen.2)

Der Taufstein wurde am 18. Juli 1650 für die Tochter Anna des Beckers Barthol Ebert das erste Mal benutzt.3) Pfarrer Johannes Held stammte aus Leisnig (Lkr. Döbeln), wo er 1608 geboren worden war.4) Nach elfjähriger Amtsführung verstarb er am 7. Januar 1655 in Göhrendorf.5) Die beiden Kirchväter6) gehörten alteingesessenen Familien des Ortes an. In den Aufzeichnungen des ältesten Kirchenbuches lassen sich für Caspar Lützke und seine Frau Anna sechs, für die Eheleute Christoph und Margaretha Primper fünf Kinder nachweisen.7) Letztere verloren jedoch alle drei Töchter und den älteren Sohn, als am 28. Dezember 1650 ihr Haus in Brand geriet.8)

Textkritischer Apparat

  1. LV̈TZKE.] Der obere Balken des E endet in einer geschwungenen Zierlinie. Die Interpretation als Kürzungszeichen dürfte auszuschließen sein, da der Name ebenso in den Kirchenbüchern erscheint, vgl. Anm. 7.
  2. 1 6 . 5 0] Der Schaft der 1 ohne Anstrich und unten gespalten, die 6 deutlich größer und offen. Die 5 ist schräggestellt, das freie Ende des Deckbalkens weit nach oben gebogen. Der Bogen endet unterhalb der Grundlinie.
  3. Dem Quadrangel entspringt eine lange, unter die Grundlinie geführte Zierschleife.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 219.
  2. Vgl. Einl. Kap. 5. 4. 2.
  3. Vgl. PfA Nemsdorf, Kb. 1, Nemsdorf/Göhrendorf, S. 262.
  4. Vgl. PfA Nemsdorf, Kb. 1, Nemsdorf/Göhrendorf, S. 141.
  5. Vgl. PfA Nemsdorf, Kb. 1, Nemsdorf/Göhrendorf, S. 141; Dietmann 1/3, 1754, S. 757.
  6. Zum Begriff Kirch(en)vater im Sinne des Kirchenältesten vgl. Grimm/Grimm 11, 1873, Sp. 814 (unter dem Lemma „Kirchenvater 3“); DRW 7, 1983, Sp. 941 f.
  7. Vgl. PfA Nemsdorf, Kb. 1, Nemsdorf/Göhrendorf. Als Kinder der Lützkes werden ebd. genannt: Maria und Christina (gest. 1642), S. 242; Elisabeth (geb. 1645), S. 253; Caspar (geb. 1647), S. 255; Melchior (1649–1650), S. 260, 316; Christoph (geb. 1653), S. 267. Als Kinder der Primpers erscheinen: Christina (geb. 1645), S. 253; Maria (geb. 1647), S. 256; Johannes und Anna (geb. 1649), S. 260; Valten (geb. 1651), S. 264.
  8. Vgl. PfA Nemsdorf, Kb. 1, Nemsdorf/Göhrendorf, S. 316; PfA Leimbach, Chronik 1714/17, S. 10.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 224 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0022400.