Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 221 Schraplau, ev. Kirche (St. Johannes d. Täufer) (1643)

Beschreibung

Epitaph des Christoph von Häringen, Sandstein. Das architektonisch gegliederte Grabdenkmal an der südlichen Außenseite des Kirchenschiffs ist über weite Flächen stark verwittert, teilweise sogar zerfallen. Das Gebälk trägt als Aufsatz eine große Kartusche. Ihr Spiegel ist von beschädigten Voluten umgeben und läßt schemenhafte Schriftzüge einer wohl achtzeiligen Inschrift erkennen, deren Entzifferung nicht mehr gelingt. Im Hauptgeschoß steht vor einer Rundbogennische die Figur des Verstorbenen im Dreiviertelrelief. Mit der Rechten drückt sie einen breitkrempigen, federbesetzten Hut an die Seite, die linke Hand umschließt den Griff des Degens. Nur noch schwach erkennt man den weit über Brust und Schultern gelegten Kragen, dessen Spitzenbesatz auch an Ärmeln und Hose wiederkehrt. Um den Leib ist eine breite Schärpe gebunden, die an der rechten Hüfte zu einer Schleife verknotet ist. Unterhalb der Knie raffen zwei breite Bänder die weiten Hosenbeine zusammen. Die Nische wird von zwei Pilastern flankiert, an denen jeweils vier reliefierte Vollwappen übereinander angebracht sind. Über den Schilden waren die Namen der Ahnen eingemeißelt, von denen heute nur noch geringe Reste lesbar sind (von oben nach unten: heraldisch rechts A, C, E, G; links B, D, F, H). Die geschweiften Seitenteile bestehen aus zwei hochovalen, von Roll- und Knorpelwerk gerahmten Kartuschen, deren glatte Oberflächen keinerlei Textspuren mehr (?) aufweisen. An ungenannter Stelle las Neuß das Todesjahr (I).1)

Maße: H.: 290 cm; B.: 220 cm; T.: 27 cm; Bu.: 1 cm (A–H).

Schriftart(en): Fraktur.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. A–B
    [– – –] Anna Martaa) v(on) Häri[ngen]b) / G(eborne) //c)
    v(on) //c) [Trebra]d)
     
  2. C–D
    [– – –]  Der [v(on) Trebra]b)  
  3. E–F
    [– – –] Der [v(on)] Birckaw  
  4. G–H
    [– – –] De[r v(on) – – –]  
  5. I †

    1643e)

Wappen:
Häringen2)Trebra3)
unkenntlichTrebra (?)4)
unkenntlichBirckau5)
unkenntlichunkenntlich6).

Kommentar

Um das Grabdenkmal ranken sich zwei Sagen, die den Verstorbenen einerseits als einen Ritter „Pickelhäring“ von Schafstedt, andererseits als schwedischen Offizier deklarieren.7) Die von Burkhardt vorgenommene Auswertung der historischen Quellen belegt jedoch eindeutig, daß es sich hierbei um den Bornstedter Erbsassen Christoph von Häringen handelt, der unter Graf Johann Georg II. von Mansfeld als Hauptmann die Schraplauer Schloßbesatzung befehligte.8) Er war mit Anna Marta, der Tochter des mansfeldischen Burghauptmannes Kurt von Trebra, vermählt und besaß seit 1643 in Schraplau ein Grundstück, das er von Peter Huldreich erworben hatte.9) Drei Tage nach einer Feierlichkeit anläßlich der Taufe der Barbara Maria von Mansfeld wurde Christoph von Häringen am 13. September 1643 von Wolff Christoph von Kötzschau zu Schafstedt durch einen Kopfschuß getötet.10) Feier und Mord sollen durch einen Streit im Zusammenhang stehen.11) Die Beerdigung erfolgte unter aufwendiger Zeremonie und zahlreicher Beteiligung am 26. September.12) Die Witwe heiratete 1647 Jonas von Walwitz, den Inhaber des Schraplauer Unteramtes, und veräußerte 1649 das von ihrem ersten Mann geerbte Schraplauer Gut.9) Am 31. Dezember 1649 stiftete Anna Marta gemeinsam mit Jonas von Walwitz der Kirche einen Kelch mittlerer Größe „wegen des Wohlgebornen Herrn Christoph von Heering, Gräfflich Mansfeldischem Hauptman alhier, und ihres seeligen Ehe Junckers Grabstedte.“13)

Textkritischer Apparat

  1. Marta] Maria Burkhardt 1943. Das t durchaus auch als i interpretierbar.
  2. Ergänzung nach Burkhardt 1935.
  3. Unterbrechung durch die Helmzier.
  4. [Trebra]] Ergänzung nach Burckhardt 1935. [– – –]leben Kdm., von Schultze-Galéra.
  5. 1643] Angabe nach Neuß ohne Lokalisierung. Äußerst unsicher, da von der Jahreszahl, die nach seiner Aussage in den dreißiger Jahren noch „leicht zu erkennen“ gewesen sei (vgl. ebd.), heute nichts mehr wahrnehmbar ist.

Anmerkungen

  1. Vgl. Neuß 1999, S. 373. Die Angabe ist sehr fragwürdig, da sie sonst nirgends bezeugt ist.
  2. Stark verwittert, die noch schwach sichtbare Wappenfigur eines schräg liegenden Fisches wohl identisch mit Siebmacher 6/6, 1884, S. 69, Taf. 44 (Heringen I).
  3. Stark verwittert, wohl aber identisch mit dem Wappen darunter, vgl. Anm. 4. Zur Genealogie siehe NaDAL 9, 1870, S. 263 f.
  4. Vgl. Siebmacher 2/3, 1857, S. 50, Taf. 58.
  5. Vgl. Siebmacher 6/6, 1884, S. 18, Taf. 12.
  6. Nach Kdm. (Mansf. Seekr.) 1895, S. 356 eine schräggestellte Leiter. Der Wappenführer unbekannt.
  7. Vgl. Burkhardt 1935, S. 47–51, Sagen Mansf. 1880, Nr. 75, 76, S. 68 f.; Kdm. (Mansf. Seekr.) 1895, S. 355; Sagen und Geschichten 1992, S. 17.
  8. Vgl. Burkhardt 1935, S. 49–51; s. a. ders. 1933, S. 65 ff.; ders. 1943, S. 20 f.; Kronenberg 1935, S. 43 f.; Neuß 1999, S. 373 f.
  9. Vgl. Kronenberg 1935 (Schraplau), S. 44.
  10. Vgl. Burkhardt 1943, S. 21. Zum Geschlecht derer von Kötzschau vgl. NaDAL 5, 1864, S. 212 f.
  11. Vgl. Burkhardt 1935, S. 49.
  12. Vgl. PfA Schraplau, Kb. 2, o. S., Eintrag im Begräbnisregister zum 26. 9. 1643.
  13. PfA Schraplau, Inventar, S. 14.

Nachweise

  1. Kdm. (Mansf. Seekr.) 1895, S. 356.
  2. von Schultze-Galéra 1929, S. 138.
  3. Burkhardt 1933, S. 67.
  4. Burkhardt 1935, S. 50.
  5. Burkhardt 1943, S. 21.
  6. Neuß 1999, S. 373.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 221 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0022109.