Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 218† Querfurt, Burg, ehem. Amtshaus 1635

Beschreibung

Wappentafel. Der Vorgängerbau des an der nordwestlichen Ecke des inneren Burggeländes gelegenen Amtshauses war mit einem Wappen und einer Jahreszahl versehen.1) Vermutlich handelt es sich dabei um jene schwarze, hölzerne Tafel, die im Burginventar von 1655 beschrieben und auf der Hofseite des Gebäudes, außen vor der großen „Saahl- oder Kirchstube“ lokalisiert wird.2) Der Verlust dürfte spätestens im Zuge des Neubaus von 1794/973) eingetreten sein.

Inschrift nach Webel.

  1. 1635

Wappen:
Kursachsen.4)

Kommentar

Webel schließt aus der Jahreszahl wohl zu Unrecht, daß das Gebäude 1635 errichtet worden sei.5) In diesem Jahr war die Herrschaft Querfurt infolge des Prager Separatfriedens Kurfürst Johann Georg I. von Sachsen zugesprochen worden, der sofort Georg Goldbach als neuen Amtshauptmann und Johann Stiehl als dessen Amtsverwalter einsetzte.6) Letzterer wollte das zur Verfügung stehende Amtshaus jedoch nicht beziehen, sondern bat darum, ein außerhalb der Burganlage gelegenes Wohnhaus erwerben zu dürfen, was ihm „umb einen billigen Zinß“ gestattet wurde.7) Noch 1642 ist von großen Schäden am Dach des Amtsgebäudes die Rede.8) Schließlich bezeugt zwar das Burginventar von 1655, daß der spätere Hauptmann Christian Gundermann und sein Amtsverwalter Otto Schäffer tatsächlich im Amtshaus wohnten, doch wird zugleich darauf verwiesen, daß das Holz dort an „etzlichen Orthen wandelbahr“ sei.9) In Anbetracht dieser wiederholt konstatierten Baumängel kann das Gebäude 1635 wohl kaum neu errichtet, sondern bestenfalls schlecht saniert worden sein. Doch muß ein datiertes Wappen nicht immer auf eine Baumaßnahme verweisen. Vielmehr war allein die Übernahme der Verwaltung durch Amtsträger des Kurfürstentums Sachsen Anlaß genug, diesen rechtlichen Vorgang durch das neue Hoheitszeichen heraldisch zu dokumentieren.10) Darauf mag man auch deshalb besonderen Wert gelegt haben, weil die neue Landesherrschaft 1635 noch keineswegs sicher geregelt war. Erst 1638 fand sich das Erzstift Magdeburg im Traditionsrezeß zu Calbe bereit, die Ämter Querfurt, Jüterbog, Dahme und Burg lediglich als Lehen an das Kurfürstentum abzutreten.11)

Anmerkungen

  1. Vgl. Webel [1714/15], S. 22. Zur Lokalisation des Gebäudes vgl. den Lageplan in Schmitt 2002, S. 220 (Abb. 17) Nr. 42.
  2. Vgl. LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 33 v, hier jedoch ohne die Jahresangabe beschrieben. Das Gebäude verfügte im Obergeschoß über eine „sehr große und geraume Stube, so man die Kirchstube nennet, weil hiebevor in derselben einsten der Gottesdienst verichtet worden“, vgl. Webel [1714/15], S. 22.
  3. Vgl. zum Neubau des Amtshauses Schmitt 2002, S. 83; Schmitt 1994 (Amtshaus), S. 13.
  4. Angabe nach Webel [1714/15], S. 22: „Churfürstl. Wappen“. In LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 33 v ist das Wappen zwar falsch bestimmt, aber näher beschrieben: „(...) Eine Schwartze Höltzerne Taffell, darinnen das Ertzstifftische wappen mit einem halben [?] Adeler, Zwey Löwen und Rauthen Kranz geschnitzet.“ Somit erschließt sich mit einiger Wahrscheinlichkeit das quadrierte kursächsische Wappen mit Mittelschild (Erzmarschallamt): 1. Herzogtum Sachsen, 2. Landgrafschaft Thüringen, 3. Pfalzgrafschaft Thüringen, 4. Markgrafschaft Meißen. Der genannte „halbe Adeler“ dürfte indes auf einem Irrtum des Kopisten beruhen, da das Wappenbild der Burggrafschaft Magdeburg (gespalten, vorn in Rot ein halber silberner Adler am Spalt, hinten in Silber vier rote Balken) in dieser Entwicklungsstufe des kursächsischen Wappens bisher nicht nachgewiesen ist. Vielmehr wird der Adler der Pfalzgrafschaft Thüringen durch den Mittelschild etwas verdeckt gewesen sein. Zum kursächsischen Wappen allgemein vgl. Siebmacher 1/1, 1856, S. 18, Taf. 24.
  5. Vgl. Webel [1714/15], S. 22. Zur Baugeschichte des Amtshauses vgl. grundlegend Schmitt 2002, S. 76–87; Schmitt 1994 (Amtshaus), S. 11–17; LfD Halle, Schmitt 1983, S. 31–39.
  6. Zu den historischen Vorgängen vgl. Einl. Kap. 2. 4., zu den Amtleuten Voigt 1928, S. 231.
  7. Vgl. Schmitt 2002, S. 76 unter Bezugnahme auf Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimes Archiv, Loc. 10028 (Vier Ämter), fol. 49 r–52 r.
  8. Vgl. Schmitt 2002, S. 76 unter Bezugnahme auf Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimes Archiv, Loc. 10028 (Kurfürstliche Verordnungen), fol. 44 v.
  9. Vgl. Schmitt 2002, S. 76 unter Bezugnahme auf LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 26 r–62 r. Zu den Amtleuten vgl. Voigt 1928, S. 231.
  10. Vgl. zur Anwendung der Heraldik allg. Wappenfibel 1998, S. 110 f.
  11. Vgl. Kretzschmar 1930, S. 95.

Nachweise

  1. Webel [1714/15], S. 22.
  2. Voigt 1915, S. 132.
  3. Schmitt 2002, S. 76.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 218† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0021802.