Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 193 Querfurt, Burg, Marterturm 1619

Beschreibung

Fensterlaibung. Im heutigen vierten Obergeschoß des Marterturms befindet sich auf der Nordseite etwa in Kniehöhe eine rechteckige, nach außen sich konisch verjüngende Fensteröffnung, deren unterer Bereich durch den hölzernen Dielenboden teilweise versperrt ist. Dort sind in den Putz der östlichen Laibungswand untereinander mehrere Initialen (A, B) und rechts daneben eine datierte Nameninschrift (C) eingeritzt worden.

Maße: H.: 196 cm1); B.: 120 cm2); Bu.: 3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/1]

  1. A

    M ·a) I.

  2. B

    P Vb)

  3. C

    M · HENZEMAN(N) / · 1 · 6 · 1 · 9 ·

Kommentar

Die Buchstaben in (C) sind relativ einheitlich geritzt, stehen in regelmäßigem Abstand zueinander und verfügen über rechtwinklig angesetzte, unauffällige Sporen. Der Mittelteil des konischen M endet etwa in Zeilenmitte. Die Schäfte beider 1 sind unten gespalten. Während das obere freie Ende der ersten 1 lediglich umgebrochen ist, besitzt die zweite einen Anstrich. Der Bogen der 6 ragt über die obere Zeilenlinie, der der 9 weit in den Unterlängenbereich hinein. Die Wort- bzw. Zifferntrenner wurden als Punkte in Zeilenmitte ausgeführt.

Eine Person namens M. Henzeman(n) ließ sich bisher nicht nachweisen. Auch über die Funktion des Turmes zu jener Zeit finden sich keine sicheren Informationen.3) Um 1235 als Wohnbau errichtet, wurde er unter Gebhard XI. von Querfurt zu Wehrzwecken verändert und um drei Geschosse erhöht.4) Der damals aufgebrachte Neuverputz ist noch in Teilen vorhanden, bildet aber nicht den Untergrund für die Ritzinschrift.5) Dieser ist jünger und stammt vermutlich aus dem Jahre 1524, als Kardinal Albrecht die letzte größere Instandsetzung vornehmen ließ.6) Zu jener Zeit scheint das Gebäude folglich noch Wohnzwecken gedient zu haben. Schon 1635 und 1655 wird der Turm als verwüstet erwähnt.7)

Textkritischer Apparat

  1. Worttrenner rautenförmig.
  2. P V] Der Schaft des P stark nach unten verlängert, so daß der Buchstabe fast doppelt so groß erscheint. Die Schrägschäfte des V mit rechtwinklig angesetzten, aber asymmetrisch nach außen verschobenen Sporen versehen.

Anmerkungen

  1. Fensterhöhe rechts.
  2. Laibungsdicke rechts.
  3. Allg. zur Baugeschichte des Turmes vgl. Schmitt 2002, S. 103–107; Schmitt 1992 (Marterturm), S. 9–11; LfD Halle, Schmitt 1983, S. 12 f., 16 f., 20, 51; Wäscher 1956, S. 17 f., Voigt 1915, S. 80 ff.
  4. Vgl. Schmitt 2002, S. 105 f.; Schmitt 1992 (Marterturm), S. 10.
  5. Im Unterschied zu den teilweise bemalten, aber stark verwitterten Putzresten der älteren Bauzeit, wie sie sich stellenweise noch über der südlichen Fensternische des zweiten Geschosses erhalten haben, ist hier – an einem Nordfenster – der Bewurf über große Flächen hinweg unversehrt und wohl jünger.
  6. Vgl. Schmitt 2002, S. 106; Schmitt 1992 (Marterturm), S. 11; LfD Halle, Schmitt 1983, S. 51; Webel [1714/15], S. 23 (fälschlich auf den Pariser Turm bezogen).
  7. Vgl. Schmitt 2002, S. 106 f.; Schmitt 1992 (Marterturm), S. 11; LfD Halle, Schmitt 1983, S. 13.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 193 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0019306.