Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 192† Querfurt, ev. Kirche (St. Lambert) 1618 (?)

Beschreibung

Glocke. Zwei Glocken des ehemals mehrstimmigen Geläutes stammten aus der Gießerei Möring zu Erfurt.1) Die kleinere von beiden, eine Vesperglocke mit dem Ton C,2) war mit dem entsprechenden Gußvermerk versehen. Wie aus der Inschrift ihrer Nachfolgerin hervorging, hatte man sie bereits 1816 umgegossen.3)

Inschrift nach Webel [1714/15].

  1. Anno Domini MDCXVIIIa) goss mich Melchior Möring zu Erfurt im Namen Gottes.

Kommentar

Der Gußvermerk entspricht der häufig gewählten Formel des Erfurter Meisters, wobei die letzten drei Segensworte mitunter auch fehlen.4) Melchior Möring hat auf dem Gebiet der heutigen Bundesländer Thüringen, Sachsen-Anhalt und Hessen eine Vielzahl von Glocken hinterlassen.5) Die früheste stammte aus dem Jahre 1577.6) Urkundliche Nachrichten belegen, daß er ebenso Kanonen und Bronzetafeln lieferte,7) weshalb sein Siegel über einer Glocke auch zwei gekreuzte Geschützrohre zeigte.8)

Die Biographie des Gießers ist bisher nur unzureichend aufgearbeitet, so daß nicht einmal die genauen Lebensdaten bekannt sind. Die erste Ehefrau Elisabeth starb 1612; bis 1620 vermählte sich Melchior zu unbestimmter Zeit mit einer Clara.9) Sein beträchtliches Vermögen belief sich 1628 auf 1995 fl.9) Daneben besaß er in Erfurt etliche Immobilien, die er zum Teil von seinem Berufskollegen Eckart Kucher übernommen hatte.10) Zwischen 1593 und 1636 erscheint in den Gußvermerken neben Melchior auch der Name Hieronymus Möring.11) Beider Verwandtschaftsverhältnis bedarf indes noch einer Klärung. Des weiteren findet sich von 1633 bis 1656 mitunter die erweiterte Ortsangabe Melchior Moeringk zu Erffurdt in Rudolstadt (o. ä.), die auf eine zumindest vorübergehend eingerichtete Filiale seiner Erfurter Gießhütte verweist.12) Damals hatte er den Auftrag erhalten, für die Rudolstädter Stadtkirche zwei größere Glocken anzufertigen.13) Da sich aus den inschriftlichen Signaturen eine Schaffensspanne von fast 80 Jahren ergibt, ist es naheliegend, zumindest zwei Familienangehörige mit dem Namen Melchior anzunehmen. Allerdings muß vorerst dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem jüngeren um den Sohn oder einen anderen Verwandten handelt.14)

Textkritischer Apparat

  1. Domini MDCXVIII] Domin MDCXIX Webel [1687].

Anmerkungen

  1. Vgl. Webel (wie unten), Heine (wie unten), Kdm. (wie unten); zur größeren Glocke vgl. Nr. 194; zu den übrigen vgl. Einl. Kap. 6 Nr. 13; Nr. 24; Webel [1714/15], S. 128–130; Voigt 1928, S. 331.
  2. Vgl. Webel [1714/15], S. 130.
  3. Vgl. Heine 1880, S. 41; Voigt 1928, S. 331.
  4. Vgl. Nr. 183 Anm. 1; zum Gußvermerk ohne die abschließenden Segensworte vgl. DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 213; Eichler 2003, S. 198 f.
  5. Vgl. Jungwirth [1940], S. 12 f.; DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 213 Anm. 4 u. 5; Walter 1913, S. 822 f.; Eichler 2003, S. 198 f.; Bergner 1896, S. 226; ThB 25, 1931, S. 1 (Lit.).
  6. Vgl. Jungwirth [1940], S. 12 (Glocke in Weimar, später umgegossen).
  7. Vgl. DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 213.
  8. Vgl. Eichler 2003, S. 198.
  9. Vgl. Jungwirth [1940], S. 12.
  10. Zu Eckart Kucher vgl. Nr. 113, 114.
  11. Vgl. Walter 1913, S. 822 f.; Jungwirth [1940], S. 14. Zu Hieronymus Möring vgl. Nr. 179, 183.
  12. Vgl. Eichler 2003, S. 198; Walter 1913, S. 823; Bergner 1899, S. 148.
  13. Vgl. Rein 1934, S. 167.
  14. Die inschriftliche Nennung der Gießhütte Rudolstadt als Kriterium für die Identifizierung der Möringschen Familienmitglieder zu wählen (vgl. DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 213 Anm. 9; Bergner 1899, S. 148), scheint wenig überzeugend, da die Familie einem Ruf folgend dahin umzog und nicht etwa ein Nachkomme dort eine Filiale unter eigenem Namen errichtete, vgl. Rein 1934, S. 167.

Nachweise

  1. Webel 1687, S. 73.
  2. Webel [1714/15], S. 130.
  3. Heine 1880, S. 41.
  4. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 199.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 192† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0019208.