Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 166 Großosterhausen (Gem. Osterhausen), ev. Pfarramt um 1606,
16. Jh.–um 1606

Beschreibung

Kelch, Silber, gegossen, getrieben, graviert, vergoldet. Er ist zu unbestimmter Zeit aus ursprünglich nicht zusammengehörigen Bestandteilen zusammengesetzt worden. Die glockenförmige Cuppa sitzt auf einem sechskantigen Schaft, der in der Mitte einen flachen Nodus hält. Dieser ist mit sechs Paar getriebenen und einander spiegelbildlich gegenüberliegenden Lanzetten verziert, die von tiefen Kehlungen umrandet sind. An der Seite wurden ringsum sechs plastische Kreuzblüten appliziert. Oberund unterhalb des Knaufs tragen die mit einer schwachen Horizontalschraffur versehenen Schaftfelder jeweils zwischen zwei senkrechten Linien einen in Kontur eingravierten Buchstaben der identischen Inschriften (A) und (B). Dabei steht der untere Schaftabschnitt mit Inschrift (B) auf dem Kopf. Nach einem konisch sich verbreiternden Verbindungsstück fällt der Fuß steil ab und fächert sich schließlich zu einem Sechspaß auf. An dessen Rändern sind mehrere Brüche und Beschädigungen erkennbar. Einem Segment ist ein Tatzenkreuz aufgelegt, dessen Balkenenden abgebrochen sind. Um die senkrecht sich auf einem gekehlten, teilweise stark verbogenen Stehrand erhebende Zarge verläuft zwischen zwei Stegpaaren ein Strichmusterband. Auf der Unterseite des Fußes liest man in einem Paß die ebenfalls eingravierte, aber unvollendete Inschrift (C).

Maße: H.: 21 cm; Dm.: 11 cm; Bu.: 0,5 cm (A), 0,6 cm (B), 0,3 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/3]

  1. A

    I//H//E//S//V//S

  2. B

    I//H//E//S//V//Sa)

  3. C

    DAR ·b) TVN

Kommentar

Die Buchstabenbestandteile der Inschriften (A) und (B) sind gleichbleibend breit und unverziert wiedergegeben. Keilförmige Verbreiterungen der Schaftenden lassen sich nur am I und H wahrnehmen. Letzteres ist unzial geformt, wobei der Schaft stark verkürzt und der Bogen im Halbkreis bis unter die Grundlinie gezogen wurde. Die Schriftformen und die waagerechte Schraffur des Hintergrundes sind dem anderen Großosterhausener Kelch von 1606 sehr ähnlich, so daß wohl – was die Ausführung dieser Inschriften mitsamt der Schaftabschnitte betrifft – derselbe Meister und etwa dieselbe Zeitstellung angenommen werden darf.1) Da beide Kelche zur Großosterhausener Pfarre gehören, soll für ihn zunächst „Großosterhausener Goldschmied“ als Notname dienen.2)

Der stark segmentierte Sechspaßfuß und der flache Nodus sind hingegen deutlich älter als die Inschriften (A) und (B). Vergleichsstücke ähnlicher Gestalt finden sich in der näheren Umgebung vor allem aus der Zeit des beginnenden 16. Jahrhunderts.3) Die linear gravierten Buchstaben in (C) tragen als Sporen kleine rechtwinklig, teilweise asymmetrisch angesetzte Deckstriche. Das N ist retrograd. Die auffallend kurze, stachelförmige Cauda des R setzt am Bogen an und endet oberhalb der Grundlinie. Diese Schriftmerkmale reichen allerdings nicht aus, um zu entscheiden, ob diese offensichtlich unvollendete Inschrift bereits im Verlaufe des 16. Jahrhunderts oder erst zeitgleich mit (A) und (B) entstand.

Textkritischer Apparat

  1. I//H//E//S//V//S] H und V sind durch einen eingeschobenen und vernieteten Steg beschädigt. GISASE PfA Großosterhausen, Kb. 1. Die Drehung der Buchstaben um 180° wurde nicht erkannt.
  2. Punkt in der Zeilenmitte.

Anmerkungen

  1. Vgl. Nr. 165.
  2. Vgl. S. XXXIII f.
  3. Vgl. Nr. 76, 77; s. a. Goldschmiedekunst 2001, S. 314 Nr. 105, S. 315–317 Nr. 106.

Nachweise

  1. PfA Großosterhausen, Kb. 1, S. 27.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 166 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0016603.