Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 152 Querfurt, Burg, Lapidarium um 1600

Beschreibung

Grabstein eines/r Unbekannten, Sandstein. Nach Aussage eines Museumsmitarbeiters wurde dieser Grabstein innerhalb des letzten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts von Lodersleben in das Burgmuseum gebracht.1) Der obere Teil der hochrechteckigen Tafel ist weggebrochen, so daß die genaue Größe unsicher bleibt. Die Vorderseite zeigt das Relief einer knienden Figur im Halbprofil, die einen langen, faltenreichen Umhang trägt. Kopf, Hals und Schultern bedeckt eine nur das Gesicht aussparende Hulle. Die unproportional kleinen Arme sind vor der Brust im Betgestus zusammengelegt; der untere Körperbereich ist abgespitzt. Rechts über dem Haupt lassen sich noch Buchstabenfragmente der sonst verlorenen Inschrift (A) erkennen. Die Rückseite des Steins füllt ganzflächig Inschrift (B), deren Lesbarkeit jedoch vor allem im Mittelfeld durch Witterungsschäden stark beeinträchtigt ist.

Maße: H.: 57 cm; B.: 40 cm T.: 9 cm, Bu.: 4,5–5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. A

    [– – –]M HALFEN

  2. B

    [– – –]a) / DISZEN · TROS[T] / [I]CH · SPRACH · DER · [LE]/BTb) · DER · MICHc) · ERLOST2) / DER · WIRD · MICHd) · AVCH / NACH · DIESERe) · ZEIT / ERWECKEN · ZV · DER / SELIG · KEIT ·3)

Versmaß: Vier paarweise gereimte Knittelverse (B).

Kommentar

Die Kerben der Buchstaben wurden gleichbleibend schmal geschlagen. Charakteristisch sind in Inschrift (B) die Schrägbalken des K, die nahezu im Viertelkreisbogen verlaufen und getrennt am Schaft ansetzen. Ebensowenig berühren sich die stark gewölbte Cauda und der Bogen des R. Der etwas rechtsschräg gestellte Schaft des L steht indes in Inschrift (A) vollkommen senkrecht. Das M ist konisch wiedergegeben. Möglicherweise wurde die Vorderseite des Grabsteins von anderer Hand beschriftet, zumal alle noch verbliebenen Lettern hier etwas akkurater und sicherer ausgeführt scheinen.4) Hingegen sind sämtliche Schriftbesonderheiten in (B) ebenso auf dem Grabstein des Bron Merman von 1598 zu beobachten.5) Die Gemeinsamkeiten der Buchstabenformen umfassen sogar den selteneren DE-Nexus und die Worttrenner, die als kleine rechtsschräge Striche in Zeilenmitte wiedergegeben wurden. Somit lassen sich beide Stücke etwa in die gleiche Zeit einordnen, und -zumindest, was Inschrift (B) betrifft – auch der Hand desselben Steinmetzen zuweisen. Bis zu dessen namentlicher Identifizierung soll als vorläufige Bezeichnung „Querfurter Steinmetz des Bron-Mermann-Grabsteins“ dienen.6)

Textkritischer Apparat

  1. Dem Vers fehlen der Metrik nach fünf Silben.
  2. [LE]/BT] Das B nur unsicher erkennbar.
  3. MICH] Der MI-Nexus durch einen i-Punkt über dem rechten Schaft des M gekennzeichnet.
  4. WIRD · MICH] Stark verwittert und kaum mehr lesbar. Zum MI-Nexus vgl. Anm. c.
  5. DIESER] Der IE-Nexus durch einen i-Punkt über dem Schaft des E gekennzeichnet.

Anmerkungen

  1. Ich danke Herrn Heiko Einecke, Burg Querfurt, für diese Auskunft.
  2. Als Parallele zu dem häufiger gewählten Reim Trost – erlost vgl. den Wahlspruch Georg Jakob Reichs in Löbe 1883, S. 239: „Christus ist mein Trost hat mich erlost.“
  3. Paraphrase zu Hi 19, 25 (in der Luther-Übersetzung). Für diesen Hinweis danke ich Herrn Dr. Harald Drös, Heidelberg.
  4. Vgl. hierzu den sehr ähnlichen Schriftbefund in Nr. 153; allerdings ist der vergleichbare Buchstabenbestand gering.
  5. Vgl. Nr. 150.
  6. Vgl. Einl. Kap. 5. 4. 2.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 152 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0015209.