Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 142 Großosterhausen (Gem. Osterhausen), ev. Kirche (St. Wigbert) 1594

Beschreibung

Taufstein, Sandstein. Die in der Mitte des Chores freistehende Taufe setzt sich aus einem kreisrunden Becken und einem balusterartigen, mit reliefierten Lilien verzierten Schaft zusammen, der oberhalb des offensichtlich nicht zugehörigen, achteckigen Fußes gekürzt wurde. Teilweise lassen sich Fassungsreste in Rot, Gold und Blau erkennen. Die senkrechte Wandung des etwa 40 cm hohen Beckens ist oben durch einen überstehenden Halbwulst und unten durch einen vorkragenden Reif begrenzt, auf dem die eingemeißelte Stiftungsinschrift (C) verläuft. Vier nahezu vollplastisch ausgebildete Engelsköpfe unterteilen die Seitenfläche in ebensoviele gleich große Felder. Zwei der gegenüberliegenden Flächen tragen auf schwarzem Grund die erhaben ausgeführten und vergoldeten Bibelzitate (A) und (B). Die übrigen beiden sind durch florale Ornamente verziert.

Maße: H.: 100 cm; B.: 90 cm; Bu.: 2,5 cm (A, B), 2,0 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. A

    CHRISTVSa) SPRICHT MAR=/CI AM LETZTEN WER / DA GLEVBET VND GE=/TAVFT WIRD DER WIRD SELIG1)

  2. B

    MAR:b) 10. LASTc) DIE KINDLEIN / ZV MIR KOM(M)EN VND WEHRET / IHNEN NICHT DAN SOLCHER / IST DAS REICH GOTTES ·2)

  3. C

    DIESEN TAVFSTEIN HAT DER VORWALTER IOHAN RORSCHEIDT MACHEN LASSEN VND IN DIESE CHRISTLICHE KIRCHE VOREHRET · ANNO · 1 · 5 · 9 · 4d) ·e)

Kommentar

Die Buchstaben sind gleichförmig und vor allem in Inschrift (C) sehr akkurat geschlagen. Sie werden in der Regel von Sporen begrenzt. Die Inschriften (A) und (B) beginnen mit mäßig vergrößerten Versalien und weisen eine ausgeprägte Linksschrägenverstärkung auf. Das A ist nur in (C) symmetrisch; in den übrigen Texten ist die Längsachse hingegen etwas nach rechts verlagert. Das E ist mit einem verkürzten Mittel- und einem verlängerten unteren Balken versehen. Die beiden Schrägbalken des K sind gebogen und vereinigen sich vor dem Ansatzpunkt am Schaft. Die Cauda des R ist größtenteils geschwungen und ausgestellt. Das Z verfügt über einen Mittel- und einen geschwungenen unteren Balken. Als Wort- bzw. Zifferntrenner dienen Quadrangel in Zeilenmitte.

Da der Familienname RORSCHEIDT in den älteren Großosterhausener Einwohnerverzeichnissen nicht nachzuweisen ist,3) wird sich die mehrdeutige4) Funktionsbezeichnung VORWALTER auf den Verwalter des Kammergutes Sittichenbach beziehen. Dieses gehörte seit der 1542 erfolgten Lehensübertragung durch Herzog Moritz von Sachsen mit allem Zubehör – also einschließlich Großosterhausen – den Grafen von Mansfeld.5) Der von ihnen eingesetzte Amtmann, für dessen Belange man in den Jahren 1569/70 ein eigenes Gutshaus errichtete,6) wird in Sittichenbacher Urkunden und Quellen des 16. und 17. Jahrhunderts als „Verwalter“ bezeichnet.7)

Textkritischer Apparat

  1. CHRISTVS] Der Versal überragt die übrigen Buchstaben um etwa 0,3 cm.
  2. MAR:] Lies vermutlich: MAR(CI). Der Versal überragt die übrigen Buchstaben um etwa 0,8 cm.
  3. LAST] Der Versal überragt die übrigen Buchstaben um etwa 0,2 cm.
  4. · 1 · 5 · 9 · 4] Der Schaft der 1 unten gespalten und links im langen Bogen nach oben gebogen, die 5 schräggestellt, die 9 offen. Die Ziffern werden durch unterschiedlich weite Spatien getrennt.
  5. Nach dem Worttrenner eine S-förmige Zierlinie.

Anmerkungen

  1. Mk 16, 16.
  2. Mk 10, 14.
  3. Vgl. die Namensangaben im Sittichenbacher Erbregister von 1541 in UB Mansfeld 1888, S. 510–515. Die erhaltenen Großosterhausener Kirchenbücher setzen erst 1669 ein, vgl. PfA Großosterhausen, Kb. 1.
  4. Vgl. HRG 5, 1998, Sp. 864–875 (Lit.); LMA 8, 1997, Sp. 1594–1596 (Lit.); Haberkern/Wallach 1995, S. 638.
  5. Vgl. UB Mansfeld 1888, S. 532 Nr. 256; Budde 1940, S. 38–40.
  6. Vgl. Schmitt 1992, S. 30. S. a. Nr. 213.
  7. Vgl. UB Mansfeld 1888, S. 509 Nr. 253 (1541); eine Amtsrechnung vom 6. 8. 1616, zitiert in: Schmitt 1992, S. 31. S. a. Grössler, Hermann, Reisen und Erlebnisse des Sittichenbacher Klosterverwalters Hans Schreck. 1550–1582, in: Mansfelder Blätter 12, 1898, S. 3.

Nachweise

  1. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 186.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 142 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0014203.