Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 124† Weidenbach (Stadt Querfurt), ehem. Vorwerk 1578

Beschreibung

Wappenstein an der großen Scheune. Obwohl der Ort Weidenbach schon vor dem Dreißigjährigen Krieg allmählich zur Wüstung verfiel,1) beschreiben die Inventare der Burg Querfurt noch bis 1689 ein ebenda gelegenes Vorwerk. Darin heißt es in Bezug auf das größere Speichergebäude: „An dieser Scheune, und zwart am Mauerwergk unten nach denen Schaffstetischen Feldern stehet ein in steinen zierlich gehauen Wappen mit der Jahr Zahl [(B)] worinnen zwey Lowen, ein halber Adeler und in der mitten ein Schildt. Uber diesen Wappen stehet volgende Schrifft [(A)].“2)

Inschrift nach LHASA Magdeburg, Inventar 1655.

  1. A

    V(ON) G(OTTES) G(NADEN)a) JOACHIM FRIDERICH AD MINISTRATORb) DeSc) ERZT· UND PRIMAT STIFTSd) MAGDEBURG, MARGRAFe) ZV BRANDENBVRG.

  2. B

    A(nn)of) 1578g)

Wappen:
Erzstift Magdeburg/Brandenburg (?).3)

Kommentar

Die Inschrift gibt die Titulatur des brandenburgischen Markgrafen und späteren Kurfürsten Joachim Friedrich wieder, nachdem er 1566 Administrator des Erzstifts Magdeburg geworden war.4) Damit hatte er zugleich die Herrschaft Querfurt übernommen, die 1496 als erledigtes Lehen an das Erzbistum zurückgefallen war.5) In der Funktion des Landesherren hatte schon Erzbischof Albrecht auf dem Vorwerk in Weidenbach mehrere Gebäude neu errichten bzw. ausbessern lassen.6) Die Bewirtschaftung der umliegenden Felder gehörte ab 1597 zum Frondienst der Querfurter Bauern.7)

Textkritischer Apparat

  1. V(ON) G(OTTES) G(NADEN)] Im Ms. durch Punkte auf der Grundlinie abgekürzt.
  2. AD MINISTRATOR] Das auffällige Spatium nach AD könnte den Zeilenumbruch andeuten.
  3. DeS] DES LHASA Magdeburg, Inventar 1685, LHASA Magdeburg, Inventar 1689.
  4. PRIMAT STIFTS] Das auffällige Spatium nach PRIMAT könnte den Zeilenumbruch andeuten, vgl. Anm. b.
  5. MARGRAF] MARGGRAF LHASA Magdeburg, Inventar 1685, LHASA Magdeburg, Inventar 1689.
  6. A(nn)o] Abk. im Ms. durch Doppelpunkt.
  7. 1578] M.D.LXXVIII. LHASA Magdeburg, Inventar 1685.

Anmerkungen

  1. Vgl. Grössler 1875, S. 408 f.; ders. 1878, S. 202 ff.; Kdm. (Querfurt) 1909, S. 12; PfA Leimbach, Chronik 1716/18, S. 81.
  2. LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 147 r–v. Schafstädt ist der nächste größere Ort in östlicher Richtung (Lkr. Merseburg-Querfurt).
  3. Die überlieferte Blasonierung (siehe oben) kann so nicht stimmen. Da der Schreiber diese Formulierung mehrfach wählte, um das Wappen des Erzstifts Magdeburg bzw. Brandenburgs zu beschreiben (vgl. Nr. 88, 218), er aber einmal nachweislich das Wappen Kursachsens vor Augen gehabt haben muß (vgl. Nr. 218), dürfte es sich hierbei um die ungeprüfte Wiederverwendung der Blasonierung des kursächsischen Wappens handeln: Denn dieses enthielt in gevierter Form tatsächlich zwei Löwen (Landgrafschaft Thüringen und Markgrafschaft Meißen) und einen Adler (Pfalzgrafschaft Thüringen), der durch den Mittelschild (Erzmarschallamt) halb verdeckt gewesen sein könnte. Die Verwechslung wird durch die heraldische Ähnlichkeit des eigentlich gemeinten und zweifellos auch vorliegenden Wappens unterstützt worden sein, denn das gevierte brandenburgische Wappen enthielt ebenfalls einen Adler und einen Löwen, anstelle des zweiten Löwen aber einen Greifen. Demnach ließe sich das Wappen vielleicht wie folgt rekonstruieren: Geviert und mit Mittelschild (Erzstift Magdeburg) belegt: 1. Brandenburg, 2. Pommern, 3. Burggrafschaft Nürnberg, 4. Zollern. Zum mehrfeldrigen kurfürstlichen Wappen Markgraf Joachim Friedrichs von Brandenburg vgl. Siebmacher 1/1/4, 1921, S. 1, Taf. 3 (ab 1598).
  4. Vgl. seine Intitulatio u. a. in Webel [1714/15], S. 102. Zu seiner Person und Politik siehe v. a. Römer 1974, S. 99-112; LdG 1983, S. 602; Europ. Stammtaf. NF 1/1, 1998, Taf. 130. S. a. Nr. 128.
  5. Zu den geschichtlichen Hintergründen vgl. Einl. Kap. 2.3/2.4.
  6. Vgl. PfA Leimbach, Chronik 1716/18, S. 81.
  7. Vgl. v. a. Ihle 1926 (Weid.), o. S.; Voigt 1928, S. 257.

Nachweise

  1. LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 147 v.
  2. LHASA Magdeburg, Inventar 1685, fol. 12 r.
  3. LHASA Magdeburg, Inventar 1689, fol. 15 r.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 124† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0012405.