Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 113 Vitzenburg, ev. Kirche (St. Johannes d. Täufer) 1573

Beschreibung

Glocke, Bronze. Sie ist die größere Glocke des zweistimmigen Geläutes im Glockenstuhl des Turmes. An der Schulter sind zwischen zwei Steg-Paaren das Gußjahr, ein Bibelzitat und die Gießersignatur verzeichnet. In der Mitte der schräg abfallenden Haube verläuft ein einzelner Steg, Wolm und Schlag werden von je zwei weiteren Stegen verziert. Die schmucklose Flanke gewinnt erst im unteren Bereich stärker an Umfang.

Maße: H.: 60 cm; Dm.: 75 cm; Bu.: 2,6 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. · Ma) · D · LXXIII · GOTSb) WORT · BLEIBET · EBIGc)1) · ECKHARTd) · KVCHIGEN

Kommentar

Die einheitlich gestalteten Buchstaben besitzen gleichbleibend schmale Schäfte, Balken und Bögen, die von deutlichen Sporen begrenzt werden. Der Balken des A liegt oberhalb der Zeilenmitte, der des E ist mitunter leicht gespalten. Die geraden, spitzwinklig zusammentreffenden Schrägschäfte des K sowie die stachelförmige Cauda des R enden knapp über bzw. unter der Grundlinie.2) Als Worttrenner dienen Rauten in Zeilenmitte.

Der Geschütz- und Glockengießer Eckhart Kucher, dessen Name in verschiedenen Varianten begegnet, war von Braunschweig nach Erfurt zugewandert, wo er das Haus „Zum Schwarzen Roß“ in der Marktstraße erworben hatte.3) Er unterhielt neben seiner Gießhütte vor dem Andreastor auch Werkstätten in Könnern (Lkr. Bernburg) und Eisenach, um der Vielzahl von Aufträgen gerecht werden zu können, die an ihn aus dem gesamten mitteldeutschen Raum ergingen. Zugleich war er geschworener Münzmeister der Stadt. Seine Schaffenszeit läßt sich anhand der bekannten Werke auf die Jahre zwischen 1557 (Golmsdorf, Saale-Holzland-Kreis) und 1602 (Dittichenrode, Gem. Roßla, Lkr. Sangerhausen) eingrenzen.4) Das auf den Vitzenburger Glocken verzeichnete, von den protestantischen Kräften als Devise gewählte Bibelzitat gehört neben Spes mea in Christo zu Kuchers bevorzugten Inschriftenformularen, die er in Deutsch wie Latein – teils auch eingebunden in einen Reim – gebrauchte.5)

Die Schreibung EBIG statt EWIG ist der mundartlichen Indifferenz zwischen Frikativ und Plosiv geschuldet, die sich in mehreren Inschriften des 16. Jahrhunderts aus verschiedenen Dialektgebieten nachweisen läßt.6)

Textkritischer Apparat

  1. M] Der linke Schaft schräg, der rechte gerade; der linksschrägenverstärkte Mittelteil bis zur Grundlinie herabgezogen.
  2. GOTS] dein LfD Halle, Glockenbestandserfassung 1. Wk.
  3. EBIG] ewig EGB. Der Schaft des B in der Mitte mit großem Halbnodus, möglicherweise Gußfehler.
  4. ECKHART] EGKHART Plath 1891, Kdm.

Anmerkungen

  1. 1 Pt 1, 25. S. a. Jes 40, 8.
  2. S. a. Nr. 114. Allg. zur Schriftgestaltung auf Glocken von Eckhart Kucher vgl. DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 159.
  3. Vgl. wie auch im folgenden Eichler 2003, S. 170; Jungwirth [1940], S. 10f. S. a. ThB 22, 1928, S. 41; Walter 1913, S. 806f.; Bergner 1899, S. 148; Bergner 1896, S. 225f.
  4. Vgl. Eichler 2003, S. 170; Walter 1913, S. 806. Jungwirth [1940], S. 10 kennt noch eine ältere Glocke von 1552 in Zöllnitz bei Stadtroda (Saale-Holzland-Kreis).
  5. Vgl. Nr. 114, hier auch zur Verwendung des Bibelzitats als Devise. S. a. DI 39 (Lkr. Jena) 1995, Nr. 159; Bergner 1899, S. 148.
  6. Vgl. DI 30 (Calw) 1992, Nr. 242 (Calw, 1561); DI 10 (Amstetten/Scheibbs) 1966, Nr. 59 (Ferschnitz/Amstetten, 1572); DI 21 (Spittal/Hermagor) 1982, Nr. 236 (Obervellach, 1540); DI 54 (Mergentheim) 2002, Nr. 88 (Niederrimbach-Standorf, Stadt Creglingen, 2. H. 15. Jh.?).

Nachweise

  1. Plath 1891, S. 277.
  2. Plath 1893, S. 358.
  3. Grössler 1904, S. 122.
  4. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 285.
  5. EGB 1917, Nr. 7, o. S.
  6. LfD Halle, Glockenbestandserfassung 1. Wk., Aufnahmebogen zu Vitzenburg vom 11. 3. 1917.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 113 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0011302.