Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 104 Oechlitz, ev. Kirche (St. Gotthardt) 1562

Beschreibung

Mauerquader, Sandstein. Im Mauerwerk des Turmes befindet sich über dem westlichen Haupteingang zur Kirche in etwa 8 m Höhe ein stark verwitterter Steinquader, der eine in Kontur eingeritzte Jahreszahl trägt (B). Oberhalb (A) und unterhalb (C) davon sind noch mehrere eingemeißelte Buchstaben von einem oder mehreren stark verstümmelten Namen zu erkennen.

Maße: H.: ca. 20 cm; B.: ca. 40 cm; Bu.: ca. 7 cm; Zi.: ca. 10–15 cm.1)

Schriftart(en): Kapitalis.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. A

    SEBAS[....]a)

  2. B

    1562

  3. C

    [– – –]M //b) SESE[.]c)

Kommentar

Die 1 wurde als anstrichloser und unten nach links gekrümmter Schaft mit i-Punkt wiedergegeben. Die 5 setzt sich lediglich aus Deckbalken und Bogen zusammen. Die 6 ist offen und überragt die übrigen Ziffern deutlich; die 2 ist spitz ausgeführt. Unter den recht unbeholfen geschlagenen Buchstaben ist allein das stark konisch gestaltete M hervorzuheben, dessen Mittelteil noch im oberen Drittel der Zeile endet.

Das gegenwärtige Kirchengebäude wurde zwischen 1742 und 1744 erbaut.2) Ob auch der gesamte Turm aus dieser Zeit stammt, ist der Überlieferung nicht zu entnehmen. Dafür sprechen das einheitlich ausgeführte Mauerwerk von Turm und Schiff, aber auch der jetzige Standort des Schriftsteins, wo er mit bloßem Auge kaum erkennbar ist. Vermutlich ist er an dieser Stelle nur zufällig als Spolie wiederverwendet worden.

Die Jahreszahl 1562 könnte die Errichtung oder Umgestaltung der Vorgängerkirche datieren, von der noch andere Relikte in der Friedhofsmauer Zeugnis geben.3) Da die Oechlitzer Kirchenbücher erst 1586 einsetzen, läßt sich nicht mehr ermitteln, auf welche Person(en) in der Inschrift Bezug genommen wird. Ein ganz ähnlich beschrifteter Mauerquader von 1579 befindet sich in Schönburg (Burgenlandkreis).4)

Textkritischer Apparat

  1. SEBAS[....]] Das A, dessen linker Schrägschaft unten mit einem rechtwinklig anliegenden, jedoch merkwürdig weit nach rechts verlängerten Sporn ausgestattet ist, und das zweite S nur unsicher identifiziert. Ergänze vermutlich zu SEBAS[TIAN].
  2. Der untere Bogenabschnitt der 6 ragt von oben in die Zeile und unterbricht die Buchstabenfolge.
  3. SESE] Lesung unsicher; der mittlere und untere Balken des ersten sowie der obere und untere Balken des zweiten E kaum zu erkennen.

Anmerkungen

  1. Werte anhand Foto ermittelt.
  2. Vgl. PfA Oechlitz, Chronik, o. S.; Richey/Kuester 1996, S. 131. In Kdm. (Querfurt) 1909, S. 184 und Dehio 1999, S. 636 wohl irrtümlich 1754 als Baujahr angegeben. Die Datierung beruht auf der in Kdm. (Querfurt) 1909, S. 184 wiedergegebenen, heute gänzlich verwitterten Bauinschrift über dem Hauptportal der Kirche: Gen. 18. Wie heilig ist diese Stätte etc. Anno MDCCLJV. Die rötliche Sandsteinplatte ist hier nachträglich unter einem älteren Flachbogen, der aber kaum von 1562 stammen kann, in das Mauerwerk eingefügt worden. Zieht man weiterhin in Betracht, daß im Jahre 1853 alle drei Glocken umgegossen worden waren, vgl. PfA Oechlitz, Chronik, o. S., so ist für diese Zeit eine größere Baumaßnahme anzunehmen. Insofern dürfte die Baudatierung 1754 auf einer Fehllesung der in der Inschrift angegebenen Jahreszahl beruhen: Wahrscheinlich hat hier Anno MDCCCLJV statt Anno MDCCLJV gestanden.
  3. Vgl. Richey/Kuester 1996, S. 131.
  4. Vgl. DI 9 (Lkr. Naumburg) 1965, Nr. 446.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 104 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0010403.