Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 88† Querfurt, Burg, Fürstenhaus 1528

Beschreibung

Wappenstein Kardinal Albrechts von Brandenburg. Über dem aus mehreren Werkstücken1) zusammengesetzten Portal, das sich zumindest seit dem Umbau von 1528 an der Nordseite des Gebäudes anstelle der beiden östlichen Erdgeschoßfenster befunden haben muß,2) war „ein steinern wappen mit einen Cardinal Huth“3) angebracht. Darunter las man die Bauinschrift. Der Verlust ist während der Erneuerungsarbeiten in den sechziger Jahren des 17. Jahrhunderts eingetreten;4) im Inventar von 1685 wird der Wappenstein nicht mehr zitiert.5)

Inschrift nach LHASA Magdeburg, Inventar 1655.

  1. ALBERTVS DEI ET APOSTOL(ICAE) SEDIS GRACIA MAGDEBVRG(ENSIS) ET MOGV(N)T(INENSIS)a) ARCHIEP(ISCOPVS) ECCLESI: AR(VM)b) ADMINISTRAT(OR)c) GERMAN(IAE) PRIMAS ET SACRI ROMANI IMPERIId) ARCHICANCELLARIVS PRINCEPS ETe) ELECTOR MARCHIO BRANDENB(VRGENSIS) ETC(ETERA) I. 1528f)

Übersetzung:

Albrecht von Gottes und des Apostolischen Stuhles Gnaden Erzbischof der Magdeburger und Mainzer Kirche, Administrator (von Halberstadt), Primas und des Heiligen Römischen Reiches Erzkanzler für Deutschland, Kurfürst, Markgraf von Brandenburg usw. im Jahre 1528.

Wappen:
Albrecht von Brandenburg.6)

Kommentar

Die Abschrift in dem 1655 aufgestellten Inventar läßt das Bemühen um paläographische Detailtreue erkennen. Die Abkürzungen erfolgen fast immer durch Doppelpunkte. Sämtliche E sind epsilonförmig gestaltet, die I tragen in der Regel einen i-Punkt.

Kardinal Albrecht wurde 1513 zum Administrator des Bistums Halberstadt und zum Erzbischof von Magdeburg gewählt.7) Schon ein Jahr später erhielt er die Weihe zum Erzbischof und damit zugleich die Würde des Kurfürsten von Mainz, die seit 1044 mit dem Amt des Erzkanzlers für den deutschen Reichsteil zusammenfiel.8) Im Jahre 1518 wurde er zum Kardinal ernannt. Insofern ist es merkwürdig, daß gerade dieser Rang, der ja auch heraldisch wiedergegeben war, in der Inschrift keine Berücksichtigung gefunden haben soll. Da zudem der Titel „Administrator von Halberstadt“ hier nicht an der üblichen Stelle nach dem Kurfürsten-, Primas- und Erzkanzlertitel wiedergegeben wurde, ist mit einer nicht wortgetreuen Überlieferung zu rechnen.9)

Da Querfurt seit 1496 dem Magdeburger Erzstift wieder direkt unterstellt war, gab Albrecht bis 1535 umfangreiche Baumaßnahmen auf dem Burgareal in Auftrag.10) Zur Einrichtung einer angemessenen Residenz wurde der nahezu quadratische, aus der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts stammende Palas westlich der Burgkirche erweitert und ausgebaut.11) Wie der Merian-Stich von 1650 zeigt, verfügte das Gebäude über zwei Hauptgeschosse, zwei Stufengiebel im Osten und Westen sowie je zwei Zwerchhäuser auf der Nord- und Südseite des Daches.12) Nachdem es im Dreißigjährigen Krieg stark beschädigt worden war,13) ließ es Herzog August von Sachsen-Weißenfels-Querfurt bis auf die Keller abreißen und durch einen Neubau ersetzen.4)

Textkritischer Apparat

  1. MOGV(N)T(INENSIS)] Kürzungszeichen für die Kontraktionskürzung fehlt.
  2. ECCLESI: AR(VM)] So statt ECCLESIAR(VM), vgl. DI 2 (Mainz) 1958, Nr. 1150. AC HALBERSTADEN. ECCLESIARUM Webel, Voigt 1915, Schmitt; ac Halberstadens. Ecclesiarum Heine, Voigt 1913, Tomaszewski.
  3. ADMINISTRAT(OR)] Lies dem offiziellen Titel gemäß: ADMINISTRAT(OR) HALBERS(TADENSIS) o. ä., hier jedoch hinsichtlich der Ämterreihenfolge an unüblicher Stelle; vgl. dazu DI 2 (Mainz) 1958, Nr. 342, 399, 1150.
  4. IMPERII] Das erste I mit Deck- und kurzem Mittelbalken.
  5. ET] Vermutlich zu tilgen, vgl. DI 2 (Mainz) 1958, Nr. 335, 342, 399, 401, 1150. Fehlt bei Webel, Heine, Tomaszewski, Voigt, Schmitt.
  6. I. 1528] Der Schaft des I fast C-förmig gekrümmt, mit i-Punkt. Lies vermutlich statt dessen: [A(NNO)] 1528. Fehlt bei Webel, Heine, Tomaszewski, Voigt, Schmitt.

Anmerkungen

  1. Vgl. LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 81v.
  2. Vgl. Schmitt 2002, S. 67; Schmitt 1991, S. 10.
  3. Vgl. LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 81v, 83. Die anschließende Blasonierung „und Schild, darinnen ein halber Adeler undt zwey Loüwen“ muß jedoch allem Anschein nach auf einer irrtümlichen Analogiebildung zu dem vom Schreiber fälschlich mit dem „Ertzstifftische[n] wappen“ identifizierten kursächsischen Wappenschild am ehemaligen Amtshaus der Burg beruhen, vgl. Nr. 218 Anm. 4.
  4. Vgl. Webel [1714/15], S. 22f.; im einzelnen vgl. Schmitt 2002, S. 68–71; ders. 1991, S. 11f.
  5. Dieses Inventar führt indessen sorgfältig den Wappenstein von 1535 in einer Abschrift wieder an, vgl. Nr. 90.
  6. Für 1528 kann nur das vier oder neun Felder umfassende Wappen in Frage kommen, da dem Kurhaus Brandenburg erst 1529 das Recht zugesprochen wurde, alle pommerschen Länder heraldisch anzugeben, vgl. Wilhelmy 2000, S. 74; Falck 1970, S. 193. Zur Verwendung des gevierten Wappens vgl. den Bildteil in von Roesgen 1980, o. S; zum neunfeldrigen Wappen vgl. Wilhelmy 2000, S. 79 (Abb. 72, von 1527); MZKG 3, 1991, S. 13 („Der kleine Kardinal“ v. A. Dürer, 1519); Krause 1991, Abb. I (Weihetafel in der Maria-Magdalenen-Kapelle zu Halle); Volkmann 1963, Abb. 2, 5. Zum darauf basierenden fünfzehnteiligen Wappenschild Albrechts am Kornhaus der Burg vgl. Nr. 90.
  7. Vgl. wie auch im folgenden Heinrich 1991, S. 21f. Zu Kardinal Albrecht vgl. auch Jürgensmeier 1996, S. 13–16 (Lit.); Albrecht von Brandenburg 1990, passim; von Roesgen 1980, passim.
  8. Vgl. zum Amt des Erzkanzlers LMA Bd. 4, 1989, Sp. 1f.
  9. Ich danke Herrn Dr. Harald Drös, Heidelberg, für diesen Hinweis. Zur korrekten Titelreihenfolge vgl. z. B. DI 2 (Mainz) 1958, Nr. 1150 (1527).
  10. Vgl. Nr. 90.
  11. Vgl. zur Baugeschichte grundlegend Schmitt 2002, S. 64–75, hier S. 64–68; ders. 1991, S. 8–14, hier S. 9.
  12. Vgl. Merian/Zeiller 11, 1650, S. 148; Ausschnitt auch in Schmitt 1991, S. 11 (Abb. 16).
  13. Vgl. Schneider [1654], S. 15; Auszug aus LHASA Magdeburg, Inventar 1655 in Schmitt 2002, S. 68; ders. 1991, S. 11; Webel [1714/15], S. 21.

Nachweise

  1. LHASA Magdeburg, Inventar 1655, fol. 83r.
  2. Webel [1714/15], S. 21.
  3. Heine 1875, S. 82 Anm. 3.
  4. Voigt 1913, S. 44. -Voigt 1915, S. 110.
  5. Voigt 1930 (Krumpach), S. 76.
  6. LfD Halle, Tomaszewski 1988, S. 82.
  7. Schmitt 1991, S. 10.
  8. Schmitt 2002, S. 67.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 88† (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0008804.