Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 32 Querfurt, Burg, Nordost-Rondell 1461

Beschreibung

Wappentafel, Sandstein. In die nordwestliche Seite des Nordost-Rondells ist unterhalb des Gesimses eine hochrechteckige Steinplatte vertieft in das Mauerwerk eingelassen. Das obere, durch einen rechtsschrägen Bruch beschädigte Viertel trägt zwischen vier Stegen die erhaben ausgeführte Bauinschrift. Den unteren Bereich füllt ein reliefiertes Vollwappen. Die Oberfläche ist durch Witterungseinflüsse und mehrere Einschüsse stark in Mitleidenschaft gezogen. Zu unbestimmter Zeit hat man links in Höhe der dritten Schriftzeile einen rötlichen Sandsteinquader von der Größe eines Ziegelsteins zur Hälfte eingefügt, der den schadhaften Text in äußerst ungeschickter Weise schließt.1)

Maße: H.: 150 cm; B.: 65 cm; Bu.: 7,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal.

SAW Leipzig, Inschriftenkommission (Ilas Bartusch) [1/2]

  1. · An[n]o · d(omi)ni · mo · / cccco lxio · bruna) · / · [edle]rb) zv qverfvrtc)

Wappen:
Querfurt.2)

Kommentar

Die Schäfte sind gleichmäßig breit gestaltet. Der pseudounziale A-Versal besitzt einen beiderseits überstehenden Deckbalken, den zwei knopfartige Verdickungen begrenzen. Der Schaft des d ist oben fast rechtwinklig nach links umgebrochen, die Fahne des r unten mit einem langen Zierstrich versehen. Das zweistöckige z besteht aus drei übereinandergesetzten Quadrangeln. Die Ober- und Unterlängen der Buchstaben berühren oder überlaufen die Zeilenstege. Als Worttrenner dienen Quadrangel.

Der Wappenstein steht im Zusammenhang mit zwei etwa gleich großen Pendants aus den Jahren 1469 und 1479,3) den überlieferten Bauzahlen 1464 bzw. 1469 im Innenhof4) sowie den entsprechenden chronikalischen Nachrichten.5) Zu dieser Zeit erfuhr die gesamte Burganlage durch Bruno VI. von Querfurt mehrere bauliche Veränderungen, die vor allem ihrer Fortifikation dienten.6) Wie dendrochronologische Untersuchungen bestätigen, ist damals auch das nordöstliche Rondell entstanden.7) Über die Ursache des gesteigerten Schutzbedürfnisses, das den Besitzer zu beträchtlichen Anleihen bei dem Magdeburger Erzbischof Ernst von Sachsen bewog,8) herrscht weitgehend Unklarheit.9) Feststeht, daß die Burg infolge dieser Verteidigungsmaßnahmen noch bis in den Dreißigjährigen Krieg ein bevorzugter militärischer Stützpunkt blieb.10)

Textkritischer Apparat

  1. brun] Der Schaft durchschneidet die obere Zeilenlinie. bruno Kdm.
  2. [edle]r] Ergänzung auf eingefügtem Quader als Ersatz für zerstörte Textstelle. Edler Herr Webel, Liebelt, Thuringus, Sturm, Heine, Kolbe; edler herr Voigt 1915; r Voigt 1928; (de?) Kdm.
  3. qverfvrt] Querfurth Webel, Liebelt, Thuringus; Querfurt Heine; Quernford Sturm; Querneford Kolbe; Kqverenfvrt Könnecke, Kdm.; querenfurt Voigt 1915; querfurt Voigt 1928.

Anmerkungen

  1. Möglicherweise steht die merkwürdige Rekonstruktion im Zusammenhang mit Webels Angabe, einige seiner Schüler hätten die Inschrift 1686 „illuminiert“, vgl. Webel [1714/15], S. 20 Anm. e.
  2. Vgl. Siebmacher 6/6, 1884, S. 126, Taf. 83. Hier dagegen als Helmzier acht Fähnchen.
  3. Vgl. Nr. 33, 39.
  4. Vgl. Schneider [1654], S. 16; HB Eisleben, Biering 3, 1724, fol. 677r, 685v.
  5. Vgl. Spangenberg 1590, S. 455; Schneider [1654], S. 11; Webel [1714/15], S. 20f.; Sturm 1845, S. 443.
  6. Vgl. grundlegend zur Baugeschichte der Rondelle Schmitt 2002, S. 123–136; Schmitt 1996/97, S. 23–32 (Lit.). Spangenberg und Schneider, vgl. Anm. 5, nennen fälschlicherweise Bruno VII. als Urheber dieser Befestigungsmaßnahmen. Siehe dagegen schon Webel [1714/15], S. 20f.; Voigt 1928, S. 408. Zu Bruno VI. vgl. Nr. 48; Voigt 1928, S. 407–413; Holstein 1874, S. 167–175.
  7. Vgl. Schmitt 1996/97, S. 25.
  8. Vgl. Schmitt 1996/97, S. 25 unter Verweis auf einen Vertrag mit Erzbischof Ernst, in dem es heißt, Bruno VI. habe „Vmb befestung des Slosses Quernfurd eine grosse darlegung [d. i. Ausbezahlung] gethan“, vgl. LHASA Magdeburg, Rep. U 11 B I Querfurt Nr. 43/44.
  9. Spangenberg 1590, S. 455 berichtet von einer Streitigkeit mit dem Herzog Wilhelm von Sachsen; s. a. Voigt 1928, S. 410. Zu der wohl sagenhaften Ausschmückung des Vorfalls vgl. Schütz 1902, S. 39f.
  10. Vgl. Kretzschmar 1930, S. 93. S. a. die Kriegsschilderungen in Schneider [1654], S. 54–81.

Nachweise

  1. Webel [1714/15], S. 20.
  2. Liebelt 1818, S. 8.
  3. Thuringus 1842, S. 125.
  4. Sturm 1845, S. 612.
  5. Heine 1875, S. 81.
  6. Kolbe 1907, S. 7.
  7. Kdm. (Querfurt) 1909, S. 211.
  8. Könnecke o. J., S. 34.
  9. Voigt 1915, S. 127.
  10. Voigt 1928, S. 238f.
  11. Schmitt 1996/97, S. 24.
  12. Schmitt 2002, S. 126.

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 32 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0003202.