Inschriftenkatalog: Ehemaliger Landkreis Querfurt

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 64: Querfurt (2006)

Nr. 2 Querfurt, Burg, Bergfried „Dicker Heinrich“ 2. H. 12. Jh.

Beschreibung

Mauerquader, Muschelkalkstein. In der oberen, nördlichen Öffnung des Bergfrieds befinden sich mehrere Steinquader (I, II), die mit eingekerbten Zeichen und lateinischen Kreuzen versehen sind.1) An der westlichen Wandung des Einstiegs ist die Buchstabenfolge (I) eingemeißelt, an die sich auf dem Stein rechts daneben die später hinzugefügten Lettern ES und ein Flechtbandschrägkreuz anschließen.2) Die östliche Wandung trägt weitere zwei Zeichen (II).3)

Inschriften nach Fotos.4)

Schriftart(en): Romanische Majuskel.

Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt (Reinhard Schmitt) [1/2]

  1. I

    V La) +b) Ac) H Ad) Ee) Mf) Tg)

  2. II

    +b) Nh)

Kommentar

Die schmalen, tief eingeschnittenen Schäfte verfügen teils über rechtwinklig angesetzte Sporen, teils blieben sie völlig unverziert.

Die Buchstaben sind mit einiger Wahrscheinlichkeit als Steinmetzzeichen5) zu interpretieren, auch wenn eine solche Häufung auf nur einem Quader ungewöhnlich ist.6) Identische oder ähnliche Formen lassen sich vielerorts an Bauwerken des 12. und 13. Jahrhundert nachweisen.7) Da archäologische Befunde auf eine Entstehung des „Dicken Heinrichs“ in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hindeuten, dürften die Zeichen von Handwerkern dieser Zeit stammen.8)

Textkritischer Apparat

  1. L] Auf dem Kopf stehend.
  2. Lateinisches Kreuz, überragt die Buchstaben um das Doppelte bis Dreifache. Der Balken und das obere Stammende mit rechtwinklig angesetzten Sporen versehen.
  3. A] Über der von den übrigen Buchstaben gebildeten Zeile, etwas kleiner. Spitz, mit gebrochenem Mittelbalken. In Voigt (Abb. 4) als M-förmiges Zeichen wiedergegeben.
  4. H A] A H Voigt. Das H über der von den übrigen Buchstaben gebildeten Zeile, etwa um ein Drittel kleiner. Das A spitz, mit Deck- und gebrochenem Mittelbalken.
  5. E] Liegend, der Schaft oben.
  6. M] Gerade, der Mittelteil knapp über der Grundlinie endend.
  7. T] Liegend, der Deckbalken links.
  8. N] In Voigt (Abb. 4) folgt ein weiteres Zeichen.

Anmerkungen

  1. Die Zeichen sind 1912 von Jaeckel entdeckt, von Voigt 1915 veröffentlicht und letztmalig während einer Turmbesteigung 1984 fotografisch dokumentiert worden, vgl. Jaeckel 1939, S. 18; Voigt 1915, S. 70 u. Taf. II; LfD Halle, Schmitt 1984, fol. 1r–9r.
  2. Lokalisierung nach LfD Halle, Schmitt 1984, fol. 7r (Nachweis zu Abb. 11, 12).
  3. Lokalisierung nach LfD Halle, Schmitt 1984, fol. 7r (Nachweis zu Abb. 14).
  4. Vgl. LfD Halle, Schmitt (wie unten); s. a. die Fotos im Bildarchiv des LfD Halle (o. Sig.) u. neuerdings Schmitt 2002, S. 270 (Abb. 111). Der Turm war während der Aufnahmearbeiten für eine Autopsie nicht zugänglich.
  5. Die Zeichen wurden hier dennoch aufgenommen, um ihre Buchstabenformen einer paläographischen Auswertung nicht zu entziehen.
  6. Zu diesem Phänomen vgl. Jaeger 1992, S. 81 (Lit.).
  7. Vgl. die Tabellen in Jaeger 1992, S. 82f. (Lit.); List 1985, S. 5–45; Binding 1966, S. 44; Piper 1994, S. 159–167. Zu neuerer Lit. über Steinmetzzeichen siehe Koch/Glaser/Bornschlegel 2000, S. 506–511.
  8. Vgl. Schmitt 1998, S. 10 ff. Siehe neuerdings auch Schmitt 2002, S. 98.

Nachweise

  1. Voigt 1915, Taf. II (o. S.).
  2. LfD Halle, Schmitt 1984, o. S. (Abb. 10–12, 14).
  3. Schmitt 2002, S. 98, 270 (Abb. 111).

Zitierhinweis:
DI 64, Querfurt, Nr. 2 (Ilas Bartusch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di064l002k0000204.