Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 203 Kaiserswerth, St. Suitbertus 2. V. 17. Jh.

Beschreibung

Reliquienostensorium in Turmform. Silber, teilweise vergoldet; getrieben, gegossen, graviert. Über einem sechspassigen, gestuften Fuß mit Stehrand ein sechsseitiger Schaft mit flachem, kugeligem Knauf und rundem Trichter mit gekehltem Sockel für das zylindrische Schaugefäß. Darüber eine breite Kehle, die wie die Sockelkehle mit Silberkordeln sowie Blatt- und Zinnenfriesen verziert ist. Zu beiden Seiten des Schaugefäßes Strebewerk mit Schweifwerk und ein Zahnschnittfries; über der glatten, flachen Kuppel steht in einem aus kleinteiligem Strebewerk gerahmten Turmbaldachin eine Statuette des hl. Suitbert mit Buch und Krummstab, darüber die Turmspitze, bekrönt von einer Kugel und einem Kruzifix mit Titulus (B). Die Reliquienbezeichnung (A) ist auf den Fuß graviert. Die Monstranz enthält heute Reliquien des hl. Donatus, die in einer jüngeren Kapsel mit graviertem Nomen sacrum1) auf der Rückseite und beigefügter Authentik aufbewahrt werden. Am Fuß sind ein Kölner Beschauzeichen2) sowie das Meisterzeichen des Meisters mit drei Kesselhaken3) eingeschlagen.

Maße: H. 53 cm; Dm. 15,9 cm (Fuß); Bu. 0,6 cm (A), 0,2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    S · S · W · Ia)

  2. B

    I N R I4)

Kommentar

In A und B sind die Buchstaben teilweise konturiert ausgeführt, in A mit Schraffur. S ist leicht nach rechts geneigt, W verschränkt, I besitzt einen Punkt. In A dienen Punkte auf der Zeilenmitte nicht zur Trennung von Wörtern, sondern der Buchstaben.

Da das von einem Düsseldorfer Meister angefertigte Gegenstück zu diesem Reliquiar für die Aufnahme von Reliquien des hl. Willeicus geschaffen wurde (Nr. 204) und da ursprünglich die Reliquien dieses Heiligen mit denen des hl. Suitbertus im Kaiserswerther Schrein aufbewahrt wurden, ist Inschrift A mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zu S(ANCTVS) SWI(TBERTVS) aufzulösen.5) Wann allerdings die Suitbertusreliquien, für die das Reliquiar bestimmt war, entfernt und durch solche des hl. Donatus ersetzt wurden, ist nicht bekannt.6) Möglicherweise steht die Anfertigung beider Reliquiare im Zusammenhang mit der Öffnung des Schreins 1626, da diese eine Gelegenheit zur Entnahme von Reliquien beider Heiliger geboten hat.

Die Tätigkeit des Kölner Meisters mit drei Kesselhaken ist vom Beginn des 17. Jahrhunderts bis um 1636 nachweisbar.7) Aus kunsthistorischer Sicht wurde das Reliquiar nahezu übereinstimmend in das zweite Viertel des 17. Jahrhundert datiert.8) Clasen und Kampmann haben allerdings als Entstehungszeit ohne Beleg, aber vermutlich einen engen zeitlichen Zusammenhang zur Schreins­öffnung annehmend, sehr konkret die Jahre 1626/27 angegeben.9) Somit dürfte die Anfertigung mit größter Wahrscheinlichkeit im zweiten Viertel des 17. Jahrhunderts erfolgt sein, vermutlich – jedoch nicht sicher – zwischen 1626 und 1636. Irmscher stellt für dieses Reliquiar eine Verwandtschaft zu einer größeren Gruppe von gotisierenden Turmostensorien fest.10)

Vgl. zur Öffnung des Schreins sowie zur Verehrung des hl. Suitbertus Nr. 17.

Textkritischer Apparat

  1. Aufzulösen als S(ANCTVS) SWI(TBERTVS)?

Anmerkungen

  1. ihs.
  2. Scheffler, Goldschmiede I, S. 369, Nr. 584; Clasen, Silbermarken, S. 2, Nr. 7.
  3. Scheffler, Goldschmiede I, S. 683, Nr. 2164 mit Meisterzeichen Nr. 792; Clasen, Silbermarken, S. 95, Nr. 268b.
  4. Nach Io 19,19.
  5. Vgl. zur Anfertigung für Reliquien des hl. Suitbertus auch Heppe in: Kat. Frommer Reichtum, S. 273, Nr. 52; Schommers, Reliquiare, S. 297, Nr. 40.
  6. Als Redlich im Jahr 1900 das Inventar der Suitbertuskirche von 1803 veröffentlichte, waren die Reliquien bereits ausgetauscht. Vgl. dazu Redlich, Inventar, S. 203 Anm. 4.
  7. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 392; vgl. auch die Zusammenstellung seiner Werke bei Clasen, Silbermarken, S. 95, Nr. 268.
  8. Kat. Frommer Reichtum, S. 273f., Nr. 52 (K[arl] B[ernd] H[eppe]); Kat. 800 Jahre Stadt Kaiserswerth, S. 30, Nr. 74; Schommers, Reliquiare, S. 297, Nr. 40.
  9. Clasen, Silbermarken, S. 95, Nr. 268b; Kampmann, Monstranzen, S. 215f., Nr. 97; ihnen folgend Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 250.
  10. Ebd.

Nachweise

  1. Kat. Frommer Reichtum, S. 273, Nr. 52 (A) (K[arl] B[ernd] H[eppe]).
  2. Schommers, Reliquiare, S. 297, Nr. 40 (A).
  3. Kampmann, Monstranzen, S. 215f., Nr. 97 (A).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 203 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0020301.