Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 199 Kaiserswerth, St. Suitbertus, Pfarrarchiv 1649

Beschreibung

Buchbeschläge. Silber, gegossen, getrieben, graviert. Früher (vielleicht ursprünglich?) auf einem „rotsammeten Missale“,1) heute auf einem neuen Ledereinband eines Missale Romanum von 1937 angebracht, das im Pfarrarchiv aufbewahrt wird. Die Eckbeschläge beider Seiten und die Schließen zeigen Knorpelwerk mit geflügelten Engelsköpfen, das Mittelstück der Vorderseite bildet ein Medaillon in einem Rahmen aus Knorpelwerk mit drei Engelsköpfen; in das Medaillon wurde das Wappen der Familie Hanxler graviert und teilweise schraffiert. Auf der Rückseite ein entsprechendes Mittelstück mit gravierter Stifterinschrift und dem Stiftungsdatum. In beiden Mittelstücken sind rechts und links unterhalb des Medaillons ein verschlagenes Kölner (?) Beschauzeichen2) und das Meisterzeichen des Kölner Meisters Hermann Lycker3) eingeschlagen.

Maße: H. 14,2 cm; B. 12,3 cm (Mittelbeschläge); Bu. 0,7 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Gerda Hellmer) [1/1]

  1. CASPARVS / HANXELER / BVRGRAVIVS / · 1 · 6 · 49

Übersetzung:

Caspar Hanxeler, Burggraf, 1649.

Wappen:
Hanxler4)

Kommentar

Die Schrift ist sorgfältig gestaltet, die Buchstaben und Ziffern wurden teilweise konturiert, die Buchstaben am Wortbeginn leicht erhöht ausgeführt. Die Sporen an den Schaftenden sind zumeist rechtwinklig auf- bzw. untergesetzt; das freie Bogenende bei G und das untere Bogenende bei C laufen spitz aus, während das obere Bogenende des C sowie die Enden bei S in Sporen enden, die an einer Seite zu kurzen Zierstrichen nach oben bzw. unten verlängert sind. Die geschwungene Cauda bei R setzt außen am Bogen an und endet in einem leicht nach rechts und dann nach unten umgebogenen Zierstrich. Bei E finden sich verkürzter Mittel- und verlängerter unterer Balken. Auffällig ist die Gestaltung der Ziffer 1 mit konturiert ausgeführten, beidseitigen Anstrichen am oberen Schaftende und zwei kleinen Strichen darüber sowie dem gespaltenen unteren Schaftende. In der Zahl dienen kleine Punkte als Trenner.

Nach Irmscher wurden die Beschläge nach Modellen gegossen, die nicht häufiger verwendet und daher vielleicht eigens für diese Arbeit angefertigt wurden.5) Hermann Lycker, geboren um 1608, ab 1635 als Kölner Bürger, ab 1641 mehrfach als Verdienter nachweisbar, 1654 bis 1660 Ratsherr und verstorben im Februar 1662,6) war als „überregional geschätzter Goldschmied“ unter anderem auch für die Hildesheimer Jesuitenkirche tätig.7)

Zu Caspar Hanxler vgl. die Angaben oben Nr. 153. Im Memorienverzeichnis des Stiftes wird unter seinen Schenkungen als „missale argento sumptuosum“8) mit hoher Wahrscheinlichkeit das Missale erwähnt, zu dem die Beschläge ursprünglich gehörten und das auch mit jenem identisch sein dürfte, das Caspar Hanxler 1659 in seinem Testament mit anderen Dingen dem neu gegründeten Kaiserswerther Kapuzinerkloster vermacht hat.9) Ob es gemeinsam mit dem ebenfalls von ihm gestifteten Kelch (Nr. 195) nach seinem Tod tatsächlich abgegeben wurde und nach der Säkularisation wieder in den Besitz von St. Suitbertus gelangte oder aber stets dort verblieben ist, ist ungewiss.10) Im Kirchenschatz von St. Suitbertus befinden sich heute mit dem Glöckchen von 1628 (Nr. 153) und dem Kelch von 1647 (Nr. 195) weitere von ihm gestiftete Objekte.

Anmerkungen

  1. Redlich, Inventar, S. 204, für den Zustand im Jahr 1803.
  2. Ähnlich Scheffler, Goldschmiede I, S. 369, Nr. 584; Clasen, Silbermarken, S. 2, Nr. 9.
  3. Scheffler, Goldschmiede I, S. 493f., Nr. 1247a, mit dem Meisterzeichen Nr. 626; Clasen, Silbermarken, S. 31f., Nr. 113; die Beschläge dort unter Nr. 113f. Das Zeichen zeigt die ligierten Buchstaben H und L.
  4. Auch Hanxleden: Fahne I, S. 133; Schleicher, Slg. Oidtman, Bd. 7, S. 524; Müller-Westphal, Wappen, S. 406; alle mit leicht abweichender Darstellung.
  5. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 293.
  6. Zu diesen und weiteren Angaben über Lycker vgl. Scheffler, Goldschmiede I, S. 493f., Nr. 1247a; Clasen, Silbermarken, S. 31f., Nr. 113; Kat. Rheinische Goldschmiedekunst, S. 57–59 [Carl-Wilhelm Clasen].
  7. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd., S. 293, das Zitat ebd.
  8. Lacomblet, Memorienbücher, S. 124.
  9. Vgl. dazu ausführlich und mit den Einzelnachweisen den Kommentar zu Nr. 153.
  10. Vgl. dazu auch Kat. Frommer Reichtum, S. 272, Nr. 50b (H[einz] L[ambertz]).

Nachweise

  1. Redlich, Inventar, S. 204 Anm. 3 (mit fehlerhafter Lesung des Vornamens).
  2. Kat. Frommer Reichtum, S. 272, Nr. 51 (K[arl] B[ernd] H[eppe]) (mit fehlerhafter Lesung des Vornamens).
  3. Irmscher, Goldschmiedehandwerk, Textbd. S. 293 Anm. 440 (mit fehlerhaften Lesungen).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 199 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0019900.