Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 197 Johanneskirche 1648

Beschreibung

Abendmahlskanne; ab 1659 Taufkanne. Silber, getrieben, gegossen, graviert. 1646 in Amsterdam angefertigt von Dirk Bosch, 1648 von Jakob Schlipkoten und seiner Gemahlin der reformierten Gemeinde zu Düsseldorf geschenkt. Über dem sechspassigen gewölbten Fuß mit flacher Stufe und einer Einziehung ein kugelförmiger Knauf; der Körper ist birnenförmig und durch sechs gerade Züge gegliedert. Der Deckel ist wie der Fuß gegliedert mit einem profilierten Knauf, der Griff ist als Fisch gestaltet, der ein zweites Meerestier verschlingt. Auf dem Kannenbauch graviert in der Mitte in einem Wappenschild die Darstellung eines Ankers mit Schlange,1) umgeben von einem Blätterkranz. Die Kanne wurde deutlich sichtbar repariert. Der Stiftername mit der teilweise verderbten Jahreszahl, gefolgt von einer Hausmarke, befindet sich unter dem Rand des Fußes; dieser Rand wurde – möglicherweise im Zusammenhang mit der Reparatur – so bearbeitet, dass das obere Viertel der Buchstaben fehlt. Eingeschlagen wurden ein Amsterdamer Beschauzeichen, der Jahresbuchstabe P sowie das Meisterzeichen des Dirk Bosch.2)

Maße: H. 31 cm; Dm. 15 cm (Kanne), 11,5 cm (Fuß); Bu. 0,2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Kristine Weber) [1/3]

  1. ·a) IACOB · SCHLIPKOTTEN · ANNO [16]48 · b)

Wappen:
Reformierte Gemeinde Düsseldorf

Kommentar

Als Worttrenner dienen Punkte auf der Zeilenmitte. Die Art der Reparatur lässt vermuten, dass die Kanne zu einem nicht bekannten Zeitpunkt zu Boden gestürzt oder hart angestoßen worden ist. Auch die Beschädigungen am Fuß und die verderbte Jahreszahl gehen möglicherweise darauf zurück.

Anker und Schlange finden sich im Siegel der reformierten Gemeinde Düsseldorfs.

Der Griff ist in Form zweier Meerestiere gestaltet, die nach Heppe Delfine darstellen.3) Ein sehr ähnlicher Griff findet sich an einer nur wenige Jahre jüngeren Abendmahlskanne aus Wesel.4) 1659 ließ die Gemeinde zu dieser Kanne, die nicht mehr als Abendmahlskanne verwendet wurde, von dem Goldschmied und Ältesten Johann Hilger Braumann5) eine Taufschale hinzuarbeiten und nutzte sie fortan als Taufkanne.6)

Nach dem Protokoll der reformierten Gemeinde zum 13. September 1648 haben Jakob Schlipkoten und seine Frau Sybille Hoefstadts an diesem Tag „zum Gebrauch des Heiligen Abendmahls vereehret eine silberne Schenck Kahn“.7) Jakob Schlipkoten, zu diesem Zeitpunkt einer der sechs Gemeindeältesten, ist wohl der Sohn des Hermann Schlipkoten und wurde am 13. Dezember 1625 erstmals für zwei Jahre in das Presbyterium der reformierten Gemeinde gewählt.8) Seitdem begegnet er immer wieder in den Protokollen, in mehreren Jahren auch als Ältester. Die letzte Erwähnung datiert vom 30. November 1661.9) Seine 1648 bei der Schenkung genannte Ehefrau ist vor dem 9. Juli 1656 verstorben. An diesem Tag berichtete ihr Ehemann über eine Schenkung, die sie auf dem Totenbett für Arme und für arme Schulkinder verfügt hatte.10) 1632 besaßen die Eheleute ein Haus in der Marktstraße sowie weitere Häuser.11)

Die Schenkung fällt in die Zeit nach der Wiedereröffnung des Predigthauses der reformierten Gemeinde im Jahr 1644, die nun wieder ungehindert ihre Gottesdienste feiern konnte. Die Kanne wird heute nicht mehr in der Neanderkirche, der Kirche der früheren reformierten Gemeinde, sondern der Johanneskirche aufbewahrt.

Textkritischer Apparat

  1. Den Beginn der Inschrift markiert ein sechsstrahliger Stern.
  2. Die beiden ersten Ziffern nicht mehr lesbar, die beiden weiteren beschädigt, aber noch erkennbar. Es folgt Marke Nr. 28.

Anmerkungen

  1. Insofern ist die Beschreibung im Kat. Erster Pfalzgraf, S. 103, Nr. 81, nicht zutreffend, in der „ein Kreuz mit einer Schlange als Sinnbild des Gekreuzigten“ als Symbol für „Gemeinden in bedrängten Situationen“ beschrieben wird. Anker und Schlange finden sich auch auf dem Siegel der reformierten Gemeinde. S. zu diesem Siegel die Abbildung in Protokolle des Presbyteriums, Bd. 2, Titelbild.
  2. Diese Auflösung erstmals 1983 in Kat. Beiderley Gestalt, S. 177, Nr. 48 (K[arl] B[ernd] H[eppe]). Damit sind die folgenden früheren Datierungen und Auflösungen hinfällig: In Kat. Frommer Reichtum, S. 306, Nr. 141, hat Heppe das Meisterzeichen des Meisters mit dem Baum noch einem Düsseldorfer Goldschmied des 18. Jhs. (Scheffler, Goldschmiede I, S. 193, Nr. 182 mit Meisterzeichen 353) zugeordnet; das Beschauzeichen wurde als Düsseldorfer identifiziert und der Jahresbuchstabe als K gelesen und unter Vorbehalt mit 1724 aufgelöst. Eine andere, ebenfalls nicht korrekte Auflösung bei Zimmermann, Ergänzungen, S. 193f., der auch den Namen des Stifters fehlerhaft wiedergibt und falsche Schlussfolgerungen über die Verwendung des klevischen Kontrollstempels zieht. Im Kat. Düsseldorfer Goldschmiedekunst, S. 154, Nr. 131, datierte Heppe auf 1653 und vermutete eine Reparatur um 1725. Seit 1983 wird die Zuweisung an Dirk Bosch nicht angezweifelt. Vgl. z. B. Heppe, Herzogin Catharina Charlotte, S. 53; Kat. Erster Pfalzgraf, S. 103, Nr. 81.
  3. Kat. Frommer Reichtum, S. 306, Nr. 141 (K[arl] B[ernd] H[eppe]); Kat. Beiderley Gestalt, S. 177, Nr. 48 (K[arl] B[ernd] H[eppe]).
  4. Kat. Beiderley Gestalt, S. 178f., Nr. 55 u. Abb. 45 (O[tmar] P[laßmann]).
  5. Heppe, Goldschmiedekunst, S. 185f.
  6. Kat. Erster Pfalzgraf, S. 103, Nr. 81; Kat. Beiderley Gestalt, S. 177, Nr. 48 (K[arl] B[ernd] H[eppe]). Die Schale ist beschrieben in Kat. Frommer Reichtum, 274, Nr. 56 (K[arl] B[ernd] H[eppe]); Kat. Beiderley Gestalt, S. 180, Nr. 63 (K[arl] B[ernd] H[eppe]).
  7. Protokolle des Presbyteriums, Bd. 2, S. 357; vermutlich handelt es sich bei einer am 6. August 1651 (ebd., Bd. 3, S. 58) in den Protokollen erwähnten Kanne um die vorliegende. Die Schenkung wird auch im Presbyteriumsprotokoll vom 8. Juni 1653 im Zusammenhang mit der Abendmahlskanne der Herzogin Catharina Charlotte erwähnt (ebd., Bd. 3, S. 90).
  8. Protokolle des Presbyteriums, Bd. 1, S. 313, Nr. 778. Zu weiteren Mitgliedern der Familie, u. a. einem vermutlichen Onkel gleichen Namens, vgl. die Nachweise im Register (ebd. S. 405).
  9. Vgl. die Nachweise in den Registern der Protokolle des Presbyteriums, Bd. 2, S. 409f., Bd. 3, S. 450. Zum 30. November 1661 ebd., Bd. 3, S. 277.
  10. Protokoll des Presbyteriums, Bd. 3, S. 150. Diese Legate werden auch genannt ebd., S. 154, 183, 209, 233, 253, 277. Auch aus ihrer Familie werden einige Mitglieder häufig als Mitglieder des Presbyteriums in den Protokollen der Gemeinde erwähnt (vgl. die Registereinträge ebd., Bd. 1, S. 395; Bd. 2, S. 386; Bd. 3, S. 428f.).
  11. Ferber, Landsteuerbuch, S. 6 u. S. 38.

Nachweise

  1. Kat. Frommer Reichtum, S. 306, Nr. 141 (K[arl] B[ernd] H[eppe]) (mit falscher Datierung).
  2. Kat. Düsseldorfer Goldschmiedekunst, S. 154, Nr. 131 (mit falscher Datierung).
  3. Kat. Beiderley Gestalt, S. 177, Nr. 48 (K[arl] B[ernd] H[eppe]).
  4. Kat. Erster Pfalzgraf, S. 103, Nr. 81.

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 197 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0019705.