Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 147 Stadtmuseum 1625

Beschreibung

Bleiplatte, graviert, am rechten Rand beschädigt1) und an mehreren Stellen korrodiert. Die Platte, die mit großer Wahrscheinlichkeit zum Grundstein für ein Schulgebäude der Jesuiten am Mühlenplatz (heute Grabbeplatz) gehörte, wurde beim 1893 begonnenen Neubau des Kunstgewerbemuseums am Standort des Jesuitengymnasiums aufgefunden. Seit 1894 befindet sie sich im Stadtmuseum.2) Auf der Vorderseite, gerahmt durch einen Lorbeerkranz, zwischen schwach eingeritzten Hilfslinien die Grundsteinlegungsinschrift mit dem Stiftervermerk mit der Titulatur Pfalzgraf Wolfgang Wilhelms und dem Datum der Grundsteinlegung am 8. Oktober 16253) (A). In der linken und rechten oberen Ecke jeweils zwischen Linien römische Zahlzeichen (links B, rechts C) von jüngerer Hand (?). Auf der Rückseite das Wappen des Pfalzgrafen, der Schild umgeben von der Kollane des Ordens vom Goldenen Vlies, und beginnend links oben und im Uhrzeigersinn verteilt über die vier Ecken der Platte seine Devise (D).

Maße: H. 19,3 cm; B. 15,5 cm; Bu. 0,6–0,9 cm (A), 1,5 cm (B), 1,1 cm (C), 0,8 cm (D).

Schriftart(en): Kapitalis.

Stadtmuseum Landeshauptstadt Düsseldorf (Stefan Arendt, LVR - Zentrum für Medien und Bildung) [1/2]

  1. A

    · WOLFGANGVSa) / GVILIELMVSb) DEI · / GRATIAc) · COM(ES)d) · PALAT(INVS) / AD · RHENVM · BAVARIAE / IVLIAE · CLIVIAE · AC · MONT/IVMe) · DVX COM(ES) · V(ELDENTIAE) · SP(ONHEMII) · MA/RCH(AE) · RAV(ENSBERGAE) · ET · MOERSIAE / D(OMINVS)f) · IN · RAVENSTEIN · A(NNO) · Mg) · / DC · XXV · VIII · / · OCTOBRISh) ·

  2. B

    IV.

  3. C

    XXVIIII / VIIIi) / IX III

  4. D

    IN · DEO // MEA · // CONSO=//LATIOj)4) ·k)

Übersetzung:

Wolfgang Wilhelm, von Gottes Gnaden Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Bayern, Jülich, Kleve und Berg, Graf von Veldenz, Sponheim, der Mark, Ravensberg und Moers, Herr in Ravenstein im Jahr 1625 am 8. Oktober. (A)

In Gott (ist) mein Trost. (D)

Wappen:
Pfalz-Neuburg

Kommentar

Inschrift A ist insgesamt sorgfältig und sehr gleichmäßig ausgeführt worden. Allerdings sind mehrfach Korrekturen zu erkennen. Als Worttrenner werden Doppelpunkte benutzt, die aber an einigen Stellen fehlen. Hinter AC und hinter OCTOBRIS findet sich lediglich ein Punkt auf der Zeilenmitte. Abkürzungszeichen finden sich keine.5) Die Anfangsbuchstaben der einzelnen Wörter wurden zumeist, aber nicht durchgängig, deutlich erhöht ausgeführt. Während in der ersten Hälfte die meisten Bestandteile des Titels nicht abgekürzt werden, sind die Bezeichnungen der Territorien bei den Grafentiteln stark gekürzt. Die Höhe der Buchstaben in den Zeilen 8 und 10 weicht erkennbar von der übrigen Höhe ab; die 9. Zeile ist nicht vollständig ausgefüllt. Die Verteilung der Inschrift auf dem Feld innerhalb des Kranzes wirkt nicht zuvor berechnet, sondern scheint während der Ausführung den Verhältnissen angepasst worden zu sein. Das obere Bogenende des G reicht zumeist deutlich über die eingestellte Cauda hinaus. Bei DVX ist das X in Form zweier voneinander abgewendeter Bögen ausgeführt, bei der Jahreszahl aus zwei gekreuzten Schrägschäften. Lediglich einmal wird ein Nexus litterarum ausgeführt. Die Cauda des R setzt am Bogen an und reicht häufig, aber nicht einheitlich an den Folgebuchstaben heran. Sie ist in unterschiedlichem Maße gewölbt und geschwungen. Die Sporen sind rechtwinklig angesetzt.

Bei Inschrift B handelt es sich um eine sorgfältig ausgeführte IV. I und der linke Schrägschaft von V sind konturiert und schraffiert ausgeführt. Dagegen ist Inschrift C sehr viel nachlässiger und dünn eingeritzt worden. Die Zahlen können keinem älteren Ordnungssystem des Stadtmuseums zugeordnet werden. Eine Ausführung von Inschrift B im Zusammenhang mit der Grundsteinlegung ist wahrscheinlich. Vermutlich wurden mehrere Grundsteine gelegt, die durch die Nummerierung unterschieden wurden. C wurde vielleicht erst bei der Auffindung im 19. Jahrhundert eingeritzt. Ihre Bedeutung konnte nicht geklärt werden. Die Schrift in D ist vom Gesamteindruck her deutlich breiter und weniger schlank als in A. Die Sporen sind rechtwinklig angesetzt; als Worttrenner dienen Punkte.

Die Bleiplatte war wahrscheinlich in einen Grundstein des Schulgebäudes eingelassen.6) Sie erinnert mit der Inschrift A sowie dem Wappen auf der Rückseite an die Steine, die die herzogliche Familie anlässlich der Grundsteinlegung der Andreaskirche gesetzt hat.7)

Herzog Wilhelm V. hatte das Gymnasium8) 1545 neben der alten und mindestens seit 1392 durch das Düsseldorfer Stift und den Magistrat unterhaltenen Schule am Stiftsplatz9) eingerichtet, weil die alte Schule den veränderten Bildungsbedürfnissen nicht mehr gerecht wurde und vermehrt Beschwerden sowohl über die Schulmeister als auch ihre Methoden vorgebracht worden waren. Nach dem Tod des ersten Leiters des Gymnasiums, Johannes Monheim, im Jahr 156410) sank das Niveau und qualifizierte Lehrer und Schüler wanderten ab. Da die Jesuiten viele anerkannte und erfolgreiche Schulen gegründet hatten, fasste Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm schließlich den Entschluss, die Schulverhältnisse neu zu ordnen und verhandelte in der Folge seit 1616 über die Weiterführung des Gymnasiums durch den Jesuitenorden mit dem Kölner Provinzial, der schließlich am 30. März 1619 die Patres Bernhard Buchholtz und Johannes Lippius und den Laienbruder Michael Esser nach Düsseldorf schickte. Nach dem Zuzug weiterer Jesuiten nahm die Schule am 12. November 1620 in den alten Räumen am Stiftsplatz den Betrieb auf. In der Folgezeit förderte der Pfalzgraf die Jesuiten weiter. So bestätigte er am 14. August 1621 unter anderem auch die Übergabe der Schule und legte urkundlich fest: „Wir übergeben außerdem ebenderselben Gesellschaft das alte an der Kollegiatskirche gelegene Gymnasium mit allen Rechten, Zugehörigkeiten, Landhäusern, Benefizien und deren Einkünften, deren sich die alten Professoren erfreuen; auch hindern wir nicht, daß der Orden das alte Schulgebäude zur größeren Bequemlichkeit verkaufen oder vertauschen, die Schule selbst aber zum Collegium ziehen kann.“11) Nach der Fertigstellung eines durch den Gerresheimer Kanoniker Petrus Laer 1622/23 errichteten Knabenkonviktes erfolgte schließlich die Grundsteinlegung zum Bau eines neuen Schulgebäudes am damaligen Mühlenplatz. Geweiht wurde der Grundstein am 8. Oktober 1625 durch den Dechanten Wilhelm Bont, gelegt durch Wolfgang Wilhelm selbst. Die Bauarbeiten wurden allerdings aus nicht genannten Gründen eingestellt, als die Fundamente fertiggestellt waren. Erst 1655 erfolgte die Verlegung des Gymnasiums an die Mühlenstraße.12)

Textkritischer Apparat

  1. S korrigiert.
  2. M korrigiert aus N; Worttrenner aufgrund einer Beschädigung der Platte nicht zu erkennen.
  3. R möglicherweise nach Korrektur; die Platte ist an dieser Stelle beschädigt.
  4. C korrigiert aus G.
  5. ONT aus Platzmangel deutlich kleiner ausgeführt als die anderen Buchstaben.
  6. Worttrenner nachträglich eingefügt, kein Spatium zwischen D und IN.
  7. Korrigiert aus N. Die Buchstaben in der 8. Zeile sind etwas kleiner ausgeführt.
  8. Die Buchstaben in der letzten Zeile sind etwas kleiner ausgeführt.
  9. VIII kleiner als die Ziffern der oberen Reihe und die folgenden Ziffern ausgeführt.
  10. Aufgrund einer Beschädigung sind bei N lediglich der linke Schaft sowie ein Teil des Schräg- und des rechten Schaftes erhalten.
  11. Ausgeführt als zwei kleine waagerechte Striche.

Anmerkungen

  1. Dort ist ein nicht ganz kreisrundes Loch von ca. 2 cm Durchmesser ausgebrochen.
  2. Inv.-Nr. S 1029. Die Zugangsnummer ZV 1731 ist am linken unteren Rand aufgetragen.
  3. In der älteren Literatur werden gelegentlich fälschlich Tagesangaben wie der 9. Oktober (Kniffler, Jesuiten-Gymnasium, S. 10) oder der 6. Oktober (Reiffenberg, Historia I, S. 598; Ferber, Wanderung, Bd. 1, S. 77) genannt.
  4. Devise Pfalzgraf Wolfgang Wilhelms; vgl. Dielitz, Wahl- und Denksprüche, S. 145.
  5. Möglicherweise sollen auch die Worttrenner zugleich als solche dienen.
  6. Vgl. dazu aus demselben Jahr den Grundstein der Kapuzinerkirche in Bonn mit einer eingelassenen Zinnplatte (DI 50 [Bonn], Nr. 145).
  7. S. Nr. 139.
  8. Zur Geschichte des Düsseldorfer Gymnasiums vgl. die zusammenfassende Darstellung bei Brzosa, Geschichte, S. 280–290 mit den entsprechenden Quellenangaben; ausführlicher mit Angaben zu Inhalten, Personal etc. Kniffler, Jesuiten-Gymnasium.
  9. Zu dem Gebäude am Stiftsplatz vgl. Nr. 69.
  10. S. dazu Nr. 59.
  11. Zitiert nach Brzosa, Geschichte, S. 286.
  12. Zur weiteren Entwicklung des Gymnasiums vgl. ebd., S. 289f.; Kniffler, Jesuiten-Gymnasium. Hufschmidt (in: Kat. Erster Pfalzgraf, S. 107f., Nr. 91) nennt Schwierigkeiten des Pfalzgrafen, die zugesagten Gelder bereitzustellen, als Grund für die Verzögerung.

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 147 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0014705.