Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 127† Pulheim-Stommelerbusch, St. Bruno 1615

Beschreibung

Glocke des Gießers Johann Reutter. Bronze, Gewicht 80 kg.1) Sie wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit für die Kirche in Volmerswerth gegossen,2) von wo sie am 27. Juni 1867 mit einer weiteren Glocke nach Stommelerbusch für die dort im Bau befindliche Kapelle St. Bruno verkauft worden ist. Die Glocke wurde am 25. September 1942 aus dem Turm entfernt und zu Kriegszwecken eingezogen.3) Die Glockenrede mit Meisterinschrift und Datum verlief unterhalb eines Zierfrieses zwischen einfachen Stegen um die Schulter. Darunter ein weiterer Zierfries; am Wolm fünf, am Schlagring zwei Stege. Krone mit sechs einfachen Bügeln.

Nach Foto aus Privatbesitz, 4) Ergänzungen nach Wißkirchen.

Maße: Dm. 49 cm. 5)

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. ·a) IOHANNES REVTT[ER VON METZb) GOSZ MICH IN CÖLN] ANNO 1615

Kommentar

Die Qualität des erhaltenen Fotos erlaubt nur Vermutungen zur Glockenzier. Der untere Zierfries könnte mit dem kleineren der beiden Friese auf der Brandglocke des Kölner Rathauses identisch sein, die Reutters Nachfolger Peter Kauffmann 1644 gegossen hat.6) Die Angabe des Herkunftsortes Metz ist falsch; Reutter stammte aus Mainz. Vermutlich handelt es sich hier um einen Lesefehler, denn die Meisterinschrift bietet den für Reutter typischen Textbestand.7) Die auf die Angabe des Gießers und das Jahr des Gusses reduzierte Glockenrede ist wohl auf die geringe Größe der Glocke, die angeblich dem hl. Johannes Nepomuk geweiht war,8) zurückzuführen.

Diese Glocke und die Marienglocke des Gießers Nikolaus Unckel von 1646 (Nr. 194) wurden 1867 für 116 Taler und 12 Silbergroschen verkauft und der zwischen Juli 1866 und Oktober 1867 errichteten Kapelle in Stommelerbusch zu ihrer Weihe am 31. Oktober 1867 geschenkt.9) Sie gehörten zur Ausstattung der alten Volmerswerther Pfarrkirche. Für beide Glocken fehlen jedoch aus der Zeit vor dem Verkauf Quellennachweise, die ihnen eindeutig zugeordnet werden können.10)

Zu der ersten Erwähnung eines Sakralbaus in Volmerswerth als „capella“ im Liber valoris (um 1300)11) passt der Grabungsbefund von 1979, nach dem „der erste nachweisbare Bau … frühestens um 1300 errichtet worden sein kann.“12) Der erste schriftliche Beleg für einen dort tätigen Geistlichen stammt aus dem Jahr 1322. Aus dem 16. Jahrhundert liegen Aussagen über die Baufälligkeit der Kirche und eine zu geringe Ausstattung der Pfarrstelle vor.13) Aus welchen Mitteln dennoch im 17. Jahrhundert zwei neue Glocken angeschafft werden konnten, ist nicht bekannt. Ein Eintrag im Kirchmeisterbuch zum 7. September 1653 erwähnt das Läuten zu einer hl. Messe, lässt aber nicht die Anzahl der vorhandenen Glocken erkennen.14) Der zu diesem Zeitpunkt vorhandene Dachreiter scheint bereits um 1700 beschädigt oder nicht mehr vorhanden gewesen zu sein.15) 1719 sind Ausbesserungen an der Kirche und der Bau eines Dachreiters belegt.16) Der Verkauf der Glocken nach Stommelerbusch ist als Folge der notwendig gewordenen Niederlegung der alten und Errichtung der neuen Volmerswerther Pfarrkirche in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu sehen (Weihe 1855).17) Für die neue Kirche, die aus Kostengründen zunächst nur einen Dachreiter erhalten hatte, wurde 1864 die Genehmigung zum Bau eines Turmes erteilt;18) 1866 wurden zwei neue Glocken angeschafft.19) Ob in den Jahren zuvor noch die beiden alten Glocken geläutet wurden, ist nicht mehr nachprüfbar.

Zu Johann Reutter, der 1613 auch eine Glocke für St. Benediktus in Heerdt gegossen hat, vgl. Nr. 122.

Textkritischer Apparat

  1. Rosette.
  2. So sicher falsch. Vielleicht verlesen aus ME(N)TZ oder MEI(N)TZ.

Anmerkungen

  1. Glocken und Geläute, S. 859; https://thema.erzbistum-koeln.de/glockenbuch/glockenbuecher/34_dekanat_pulheim.pdf, S. 54 (Zugriff: 03.05.2020).
  2. Vgl. im Kommentar.
  3. Zum Erwerb der Glocke sowie ihrem weiteren Schicksal vgl. Wißkirchen, Gründungsgeschichte, S. 125f. Die Quittung von 1867 über die Zahlung der genannten Summe befindet sich im Pfarrarchiv Stommeln, Stommelerbusch Nr. 470 (vorläufige Nummerierung). Für den Nachweis dieser Quittung danke ich herzlich Herrn Josef Wißkirchen, Stommeln.
  4. Eine Kopie des Fotos stellte Frau Elisabeth Emler, Düsseldorf-Volmerswerth, zur Verfügung, der ich herzlich danken möchte. Frau Emler erhielt dieses Foto bei ihren Recherchen zur Volmerswerther Geschichte aus privater Hand. Die Herkunft ist nicht mehr bekannt. Angaben zu dieser Glocke finden sich auch in der Glockenkartei LVR-ADR, Glockenkartei, Kreis Köln-Land, Stommelerbusch, St. Bruno; ein Foto ist dort nicht vorhanden. Auch im Deutschen Glockenarchiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg befindet sich keine Aufnahme. Für diese Auskunft danke ich herzlich Herrn Dr. Matthias Nuding, Germanisches Nationalmuseum.
  5. Glocken und Geläute, S. 859; https://thema.erzbistum-koeln.de/glockenbuch/glockenbuecher/34_dekanat_pulheim.pdf, S. 54 (Zugriff: 03.05.2020). Wißkirchen, Gründungsgeschichte, S. 125, gibt einen Durchmesser von 55 cm an.
  6. Vgl. dazu Poettgen, 700 Jahre, S. 172 Abb. 186; zu Kauffmann ebd., S. 173.
  7. Ebd., S. 169, gibt Poettgen an, dass sein Gießervermerk „in der Regel … Johan Reutter von Meintz goss mich in Coellen“ lautete. Vgl. auch Bernd Wolfgang Lindemann, Exkurs: Zu Johann Reutter, Glockengießer in Köln, in: Die Jesuitenkirche St. Mariä Himmelfahrt in Köln (Beiträge zu den Bau- und Kunstdenkmälern im Rheinland 28), Düsseldorf 1982, S. 315–319, hier S. 315. Vgl. auch DI 50 (Bonn), Nrn. 139 u. 140.
  8. Wißkirchen, Gründungsgeschichte, S. 125.
  9. Ebd., S. 126.
  10. Frau Elisabeth Emler, Düsseldorf-Volmerswerth, hat eine Liste mit Belegen zu Glocken in Volmerswerth zusammengestellt, die Angaben zum Turm, zu Reparaturen etc. enthalten, aber keine eindeutig den 1867 verkauften Glocken zuzuordnenden Belege. Ich danke Frau Emler sehr herzlich für diese Hinweise.
  11. Zur Geschichte der alten Volmerswerther Kirche vgl. Brzosa, Geschichte, S. 109–113 (zum ersten Beleg ebd., S. 109), sowie ders., Geschichte von Volmerswerth, S. 14–17 (zum ersten Beleg ebd., S. 14).
  12. Spohr/Küffner, Rekonstruktionsversuch, S. 34.
  13. Dazu mit den entsprechenden Nachweisen Brzosa, Geschichte, S. 110–113.
  14. Brzosa, Geschichte von Volmerswerth, S. 16.
  15. Spohr/Küffner, Rekonstruktionsversuch, S. 35.
  16. Brzosa, Geschichte, S. 113. Um 1770 ist eine im Pfarrarchiv St. Dionysius erhaltene Sammelliste mit Spenden für eine neue Glocke angelegt worden. Es ist nicht belegt, ob eine entsprechende Anschaffung stattgefunden hat. Für den Hinweis auf diese Liste danke ich herzlich Frau Elisabeth Emler, Düsseldorf-Volmerswerth.
  17. Hatto Küffner, Die neugotische Kirche von 1855, in: Spohr/Küffner, St. Dionysius Volmerswerth, S. 48–73.
  18. Ebd., S. 60–66.
  19. Ich danke für diesen freundlichen Hinweis Frau Elisabeth Emler, Düsseldorf-Volmerswerth.

Nachweise

  1. Foto aus Privatbesitz.
  2. Wißkirchen, Gründungsgeschichte, S. 126.

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 127† (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0012701.