Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)
Nr. 100 Stadtmuseum vor 1597
Beschreibung
Miniaturbildnis Herzog Wilhelms V. (des Reichen) von Jülich-Kleve-Berg. Öl auf Holz, die runde Bildfläche und der gedrechselte, profilierte Rahmen aus einem Stück. Das von einem unbekannten Künstler vermutlich nach älterem Vorbild angefertigte Bild wurde 1912 von Notar Strauven1) angekauft und befindet sich seitdem im Stadtmuseum Düsseldorf.2) Das Brustbild zeigt den Herzog in spanischer Hoftracht, in der Linken einen Handschuh haltend. Die nachgezogene3) Umschrift mit Namen und Titel des Herzogs verläuft um die Bildfläche.
Maße: Dm. 15,3 cm (mit Rahmen), 10,7 cm (Bild); Bu. 0,4 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
+ a)GVILHELMVS D(EI) G(RATIA) IVL(IAE) CLIV(IAE) ET MONT(IVM) DVX, b)COM(ES) MARC(HIAE) ET RAVENSB(ERGII) 4)D(OMI)N(VS) RAVENST(EIN) c)
Übersetzung:
Wilhelm von Gottes Gnade Herzog von Jülich, Kleve und Berg, Graf von der Mark und Ravensberg, Herr (in) Ravenstein.
Textkritischer Apparat
- Griechisches Kreuz, die Balkenenden als Dreiecke, um den Mittelpunkt ein Quadrat gezogen.
- Haken auf der Grundlinie.
- ST verkleinert auf der Grundlinie in gleicher Schriftart; nachfolgend ein Rankenornament. Vermutlich aus Platzmangel fehlt davor ein „IN“. S. dazu im Kommentar.
Anmerkungen
- Kat. Ausstellung 1888, S. 25, Nr. 225, wird für das Jahr 1888 als Besitzer der „Amtsrichter Strauven zu Neuss“, der Vater des Notars, genannt.
- Inv.-Nr. B 176.
- So Kat. Land im Mittelpunkt, S. 419, Nr. F 49 (I[rene] M[arkowitz]).
- Die Auflösung des Titels bietet aufgrund der zahlreichen Varianten bei den Territoriennamen Probleme. Die vorliegende Auflösung orientiert sich an einem Kupferstich aus dem Jahr 1610, auf dem nahezu alle Namen ausgeschrieben worden sind. Dieser Kupferstich ist abgebildet in Kat. Land im Mittelpunkt, S. 418, Nr. F 48 (I[rene] M[arkowitz]).
- Vgl. dazu die Umschriften auf den Kupferstichen in Kat. Land im Mittelpunkt, S. 418, Nr. F 48; S. 451, Nr. G 26 u. S. 456, zu Nr. H 1 (alle I[rene] M[arkowitz]).
- Vgl. zu ihm Nr. 88.
- M. D. Henkel, Art. Passe, Crispyn I de, in: Thieme/Becker 26, S. 280f.
- Kat. Land im Mittelpunkt, S. 456, Nr. H 1d (I[rene] M[arkowitz]); Hollstein XV, Nr. 842 (beide ohne Abb.). Zu dem Stammbuch Kat. Land im Mittelpunkt, Nr. H 1, S. 455–460 (I[rene] M[arkowitz]).
- Vgl. z. B. die Angaben auf dem Kupferstich mit dem Bildnis Herzog Johann Wilhelms von 1599. Dazu ebd., S. 457, Nr. H 1f (I[rene] M[arkowitz]).
- Vgl. dazu ebd., S. 459, Nr. H 1k u. l [(I[rene] M[arkowitz]) mit Abb.
- Das Miniaturbild Herzog Johann Wilhelms (Nr. 101) stimmt zwar mit einem Stich des C. de Passe überein, jedoch nicht mit dem des Herzogs aus dem Stammbuch.
- Vgl. dazu Kat. Land im Mittelpunkt, S. 418, Nr. F 48 (I[rene] M[arkowitz]).
- Ebd., S. 447, Nr. G 15 [I[rene] M[arkowitz]).
- Da bereits Jahre vor dem Tod Johann Wilhelms der Streit um das Erbe der Herzöge von Jülich-Kleve-Berg absehbar war, ist eine Entstehung vor dessen Tod 1609 selbstverständlich auch möglich.
- Vgl. dazu die weiteren Angaben in Nr. 102.
- Vgl. zu ihrem Tod Nr. 98.
- Zu Antoinette vgl. knapp Kat. Land im Mittelpunkt, S. 459, Nr. H 1l (I[rene] M[arkowitz]).
Nachweise
- Kat. Land im Mittelpunkt, S. 419, Nr. F 49 (I[rene] M[arkowitz]).
Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 100 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0010001.
Kommentar
Als Abkürzungszeichen werden Punkte auf der Grundlinie verwendet; lediglich bei D(OMI)N(VS) findet sich ein oben eingerollter Haken auf der Grundlinie.
Das Bild gehört zu einer Gruppe von drei Miniaturbildnissen der Herzogsfamilie, die aufgrund ihrer formalen Ähnlichkeit zeitgleich entstanden sein dürften (Nrn. 101 und 102). Ein paläographischer Vergleich der Umschriften der drei Miniaturbildnisse ist durch die Nachziehung der Buchstaben beeinträchtigt. Die überwiegenden Übereinstimmungen bei den Buchstabenformen und der Linksschrägenverstärkung sowie die ungewöhnliche Schreibweise des Titels ohne „IN“ vor RAVENST(EIN)5) in den Bildnissen für Herzog Wilhelm und seinen Sohn Johann Wilhelm auf der einen Seite, die voneinander abweichenden Abkürzungen im Titel und die Gestaltung des Kreuzes zu Beginn der Inschrift auf der anderen Seite belegen jedoch, dass die Inschriften vielleicht nicht von derselben Hand, aber zumindest aus derselben Werkstatt stammen. Die Inschrift des Bildnisses der Jakobe weicht von den beiden übrigen nicht nur durch eine andere, aber vielleicht auf ein späteres Nachziehen zurückgehende Strichstärke und weniger ausgeprägte Linksschrägenverstärkung ab, sondern auch durch die Verwendung von Trennzeichen sowie die schlichtere Gestaltung des Kreuzes zu Beginn.
Der unbekannte Maler hat als Vorlage vermutlich ein Porträt Wilhelms V. von Johann Malthain6) verwendet. Von den bekannten Porträts (Nrn. 88–91) unterscheidet sich das Miniaturbildnis jedoch in der Haltung des Kopfes und der Hand, durch den Ring und Details in der Kleidung. Der Herzog wirkt jünger und nicht so von seiner Krankheit gebeugt wie auf den im Stadtmuseum Düsseldorf befindlichen Bildern des Jahres 1591. Mit Ausnahme geringfügiger Details und auch im Wortlaut der Umschrift stimmt es allerdings überein mit einem nicht datierten Kupferstich im Gegensinn von Crispin de Passe (1564–1637)7), der im Stammbuch des Hauses Jülich-Kleve-Berg aus dem Jahr 16108) abgebildet ist. Crispin de Passe wiederum hat seine Stiche nachweislich unter anderem auch nach Porträts von Malthain gearbeitet.9) Bezüge des Miniaturbildnisses zu Kupferstichen von de Passe belegt neben dem Wortlaut der Inschrift auch die Gestaltung des Kreuzes an deren Beginn, das sich ebenso auf Kupferstichen von de Passe findet.10) Mit hoher Wahrscheinlichkeit liegt dem Bildnis wie dem Kupferstich ein Gemälde von Malthain zugrunde. Die Bezüge zwischen Kupferstich und Bildnis selbst lassen sich nicht klären. Denkbar sind als Vorlagen für die Darstellung wie für die Inschrift auch weitere, nicht mehr bekannte Vorlagen.
Da sich Übereinstimmungen mit dem entsprechenden Kupferstich in dem 1610 zu Beginn des Jülich-Klevischen Erbfolgestreits erschienenen Stammbuch auch für das Bildnis der Jakobe (Nr. 102)11) nachweisen lassen und im ersten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts mehrere Serien mit Bildnissen der Herzogsfamilie erschienen sind,12) ist der Anlass für die Anfertigung der Miniaturen von Irene Markowitz 1984 „mit dem in der Folge der Erbfolgeauseinandersetzungen beginnenden Interesse an der Herzogsfamilie“ erklärt worden.13) Somit ergäbe sich eine Datierung auf den Beginn des 17. Jahrhunderts.14) Einzuwenden ist dagegen, dass diesem „Interesse“ vermutlich die Entstehung der Kupferstiche zu verdanken ist, die Miniaturbildnisse aber aufgrund ihrer Größe und Singularität wohl eher für persönliche Zwecke geschaffen worden sind. Zudem wird Jakobe von Baden auf der Umschrift des Kupferstichs als bereits verstorben bezeichnet,15) nicht jedoch in der Inschrift auf dem Miniaturbildnis. Zu fragen ist auch, warum zu Beginn des 17. Jahrhunderts die 1597 – vermutlich – ermordete Jakobe,16) nicht jedoch die seit 1599 mit Herzog Johann Wilhelm verheiratete Herzogin Antoinette von Jülich-Kleve-Berg, geborene Herzogin von Lothringen,17) abgebildet ist. Somit dürfte die Entstehung der Miniaturbildnisse noch vor der Inhaftierung Jakobes 1595 als gut möglich, vor ihrem Tod 1597 sogar als sehr wahrscheinlich anzunehmen sein.