Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 46 Hubbelrath, St. Cäcilia 1511

Beschreibung

Glocke, wahrscheinlich des Gießers Jan van Neuss. Bronze; Gewicht 550 kg, Schlagton a’-4.1) Die Glockenrede (Name, Widmung, Funktionsbezeichnung und Datum) verläuft zwischen einfachen Linien unterhalb eines 2 cm hohen, von Stegen gerahmten Zierfrieses mit traubenförmigen Kreuzblumen um die Schulter und wird nach unten durch zwei Stege begrenzt. Auf dem Mantel befinden sich zwei Reliefs: die Gottesmutter mit Kind als Halbfigur in einem spitzgiebeligen Rahmen (7,5 x 5 cm) und ein Medaillon mit einer Kreuzigungsdarstellung (?) (Dm. 2 cm). Als weitere Zier finden sich drei Stege am Wolm und zwei Stege am Schlagring. Krone mit sechs Bügeln. Die Glocke war im Mai 1942 aus dem Turm geholt und im darauf folgenden Oktober abtransportiert worden.2) Nach ihrer Rückführung wurden die Schäden, ein ca. 1,25 m langer, quer über den Mantel verlaufender Riss und ein ca. 45 x 55 cm großer Durchschlag, 1949 durch Schweißen repariert.3) Im Juni 1949 wurde die Glocke im Turm aufgehängt.4) Auf einer vor der Reparatur angefertigten Aufnahme5) ist unterhalb des Wortes den ein drittes Relief mit dem Haupt eines Bischofs zu sehen, das durch die Schweißarbeiten zerstört wurde. Bei duvel [v]erdriven reichen die Reparaturschäden auch in die Inschriftenzeile hinein.

Maße: Dm. 94,3 cm; Bu. 2,1–2,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versal aus der gotischen Majuskel.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften (Ulrike Spengler-Reffgen) [1/3]

  1. · maria · heisnea) · ich ·inde · ere · godes · ludenb) · ich ·den · duvel · [v]erdrivenc) · ich · Anno · domined) · m · xv · xie) ·

Versmaß: Deutsche Reimverse (Zeilen 1–3).

Kommentar

Als Worttrenner dienen mit sieben Punkten gefüllte Kreise. Den Beginn markiert ein etwas größerer Kreis, dessen Details nicht mehr erkennbar sind. Auffällig ist das A mit geschwungenem linken und senkrechtem rechten Schaft sowie gebogenem, nach links hochgezogenem Deckbalken. Bei h, d, s und l ragen die Oberlängen erkennbar über das Mittelband hinaus, berühren aber die die Inschrift nach oben begrenzende Linie nicht. Unterlängen finden sich nicht, die Buchstaben stehen auf der durch eine einfache Linie markierten Grundlinie. Die Ausführung des x mit senkrecht gestelltem Linksschrägschaft und einem als kurzem Mittelbalken ausgeführten Rechtsschrägschaft hat bei der Jahresangabe mehrfach zu dem Lesefehler 1502 statt 1511 geführt,6) während die auf der Glocke befindliche, ungewöhnliche Angabe des Jahrhunderts nur von Schaeben korrekt gelesen wurde; in den anderen Wiedergaben der Inschrift wurde die problematische Schreibweise übergangen. Vermutlich handelt es sich bei der Angabe ebenso wie bei den weiteren fehlerhaft ausgeführten Bestandteilen der Inschrift (heisne, inde statt in de, der „versprungene“ Schaft des n bei luden,7) vnerdriven?, domine) um Fehler beim Guss.8)

Aufgrund des Verses den duvel [v]erdriven ich und des verwendeten Zierfrieses ist als Gießer Jan van Neuss identifiziert worden, der nach den Ergebnissen Poettgens in Aachen gegossen hat und zwischen 1511, vielleicht sogar schon 1506,9) und 1523 tätig war.10) Mit der Glocke von 1440 (Nr. 25) sowie zwei 1962 gegossenen Glocken bildet die Marienglocke das heutige Hubbelrather Geläut.11)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! So auch Schaeben (HAEK, Nr. 558). HEISCHE Clemen, Dresen; HEISCHEN Glockenbuch.
  2. Der rechte Schaft des n ist beschädigt und steht waagerecht nach rechts ab. LUDE Clemen, Dresen, Glockenbuch.
  3. Bei duvel [v]erdriven sind die einzelnen Buchstaben zwar nicht mehr deutlich, aber in ihrem Bestand doch zu erkennen. Lediglich das erste v ist fraglich, zumal Schaeben, Gutachten 1949, VNERDRIVEN verzeichnet hat und auf einem der in seinem Nachlass erhaltenen Fotos über dem v ein (Kürzungs-?)strich zu sehen ist.
  4. Sic! DOMINI Clemen. A.d. Dresen.
  5. m · xv · xi] So auch bei Schaeben, Gutachten 1949. Bei xv über dem x ein Strich. M°D°II° Clemen, Glockenbuch (aber mit Zusatz „Im Jahr des Herrn 1512.“); 1502 Dresen. · maria … m · cv · xi] MARIA HEITEN ECH · EN DE ERE GODES LUDE ECH · DEN DUIVEL VERDRIVEN ECH · ANNO° DNI° M · D · II · Korn.

Anmerkungen

  1. Glocken und Geläut, S. 300; https://thema.erzbistum-koeln.de/glockenbuch/glockenbuecher/06_glockenbuch_duesseldorf.pdf, S. 165 (Zugriff: 03.05.2020).
  2. Korn, St. Cäcilia, S. 68–70.
  3. Zu diesen Reparaturen vgl. das Gutachten des Glockensachverständigen Jakob Schaeben in HAEK, Nachlass Schaeben, Nr. 558, fol. 1r–v; außerdem ebd., Nr. 2014 mit Aufnahmen des Zustandes vor und nach der Reparatur; sowie Schaeben, Denkmalglocken, S. 86–88 mit mehreren Abb.
  4. Korn, St. Cäcilia, S. 68.
  5. Die Aufnahme befindet sich in der Akte HAEK, Nachlass Schaeben, Nr. 2014.
  6. Vgl. im textkritischen Apparat unter Anm. e. Eine Hubbelrather Glocke aus dem Jahr 1502 wird daher auch sonst gelegentlich in der Literatur erwähnt, z. B. bei Heimeshoff, Häuser, Bd. 3, S. 253.
  7. So ist der Schaft bereits auf den vor der Reparatur angefertigten Fotos im Nachlass Schaeben zu sehen.
  8. Ob das Datum mit xv xi, d. h. ohne das Zeichen m, oder mit m vc xi angegeben werden sollte, lässt sich nicht mehr klären. Vgl. zu diesen Schreibweisen DI 81 (Essen), Nrn. 79 u. 119.
  9. Sollte er tatsächlich auch die Glocke für Hamm aus dem Jahr 1506 (Nr. 45) gegossen haben, wäre der Beginn seiner Tätigkeit früher anzusetzen.
  10. Poettgen, Studien, S. 17; ders., Werkstätten, S. 30, Nr. 56, u. S. 43.
  11. Vgl. dazu Jahrbuch der Rheinischen Denkmalpflege 25 (1965), S. 171; Glocken und Geläute, S. 300f.

Nachweise

  1. Clemen, KDM Düsseldorf, S. 121.
  2. Dresen, Glocken, S. 16.
  3. HAEK, Nachlass Schaeben, Nr. 558, fol. 1r–v (Gutachten 1949 vor der Reparatur).
  4. HAEK, Nachlass Schaeben, Nr. 2014 (nur Fotos u. Durchreibung Anfang Z. 4).
  5. HAEK, Nachlass Schaeben, Nr. 1816 (ohne Paginierung, Blatt mit Durchreibung Übergang Z. 2/3).
  6. Schaeben, Denkmalglocken, S. 86–88 (nur Abb. der Glocke vor u. nach Reparatur).
  7. https://thema.erzbistum-koeln.de/glockenbuch/glockenbuecher/06_glockenbuch_duesseldorf.pdf , S. 166 (Zugriff: 03.05.2020).
  8. Korn, St. Cäcilia, S. 68.

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 46 (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0004601.