Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 20† Hamm, St. Blasius E. 13. – A. 14. Jh.

Beschreibung

Glocke mit Anrufung. Die kleinste der drei im Oktober 1823 wegen des Abrisses der alten Kirche aus dem Turm entfernten Glocken1) wurde wie die beiden anderen Glocken im Turm der neu erbauten, am 7. Dezember 1825 benedizierten Kirche2) aufgehängt, aber wahrscheinlich mit der größeren Glocke 1860, spätestens um 1910 umgegossen.3) Der Hammer Pfarrer Johann Wilhelm Udalrich Krings (Pfarrer 1811–1832) hat die Glockeninschrift zum 6. Oktober 1823 verzeichnet. Angaben über Größe, Gewicht oder Einzelheiten der Glockenzier sind nicht überliefert.

Nach PfA St. Blasius Hamm, Akten über den Kirchenbau 1815–1864, Mappe A III, zum 6. Oktober 1823 (Krings).

  1. O et Alpha nos adjuva

Übersetzung:

O und Alpha, hilf uns.

Versmaß: Akatalektischer trochäischer Dimeter.

Kommentar

Pfarrer Krings hat 1823 in seinen Aufzeichnungen vermerkt, die Inschrift sei „in griechisch“ geschrieben. Diese Angabe bezog sich vermutlich jedoch nur auf die beiden Buchstaben aus dem griechischen Alphabet. Walter hat die Inschrift dieser Glocke fälschlicherweise als Teil der Inschrift der jüngeren Hammer Glocke aus dem Jahr 1468 ediert.4) Aus den Aufzeichnungen von Pfr. Krings geht jedoch eindeutig hervor, dass sie auf einer weiteren und kleineren Glocke angebracht war.5)

Die Datierung kann lediglich über das Formular der Inschrift erfolgen. Das Anfangs- und das Endzeichen des griechischen Alphabets wurden in der christlichen Symbolik, basierend auf Off 1,8; 21,6 und 22,13, vor allem auf Christus und dessen Wesensgleichheit mit dem Vater bezogen. Die Buchstaben besaßen auch eine Weihe- und Schutzfunktion.6) Auf Glocken finden sie sich, allerdings in der alphabetisch korrekten Reihenfolge, seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts, im Rheinland erstmals auf einer Glocke in Mintard (Stadt Mülheim an der Ruhr).7) Auf einen Zusammenhang zum Ritus der Kirchweihe (u. a. Beschreiben des Bodens mit den Buchstaben des Alphabets) hat Poettgen aufmerksam gemacht.8)

Der vom üblichen Formular vielleicht aus metrischen Gründen abweichende Wortlaut O ET ALPHA NOS ADIVVA, allerdings als Teil einer umfangreicheren Inschrift, begegnet auch auf einer Glocke der Pfarrkirche St. Peter in Sinzig aus dem Jahr 12999) sowie einer 1889 eingeschmolzenen Glocke von St. Lambertus in Castrop-Rauxel10) und, aber mit üblichem Formular, auf einer Goslarer Glocke von 1314.11) Mit aller aufgrund der Überlieferung gebotenen Vorsicht ist die Glocke vielleicht auf das Ende des 13. oder den Beginn des 14. Jahrhunderts zu datieren. Der erste gesicherte Nachweis für eine Kirche in Hamm, ihre Nennung um 1300 im Liber valoris,12) lässt die Existenz einer solchen Glocke jedenfalls möglich erscheinen.

Anmerkungen

  1. PfA St. Blasius Hamm, Akten über den Kirchenbau 1815–1864, Mappe A III, Aufzeichnungen Pfr. Krings zum 4.–6. Oktober 1823; vgl. Schmitz, Kunde, S. 5. Zu den beiden anderen Glocken s. Nrn. 30 und 45.
  2. Die 1824–1825 erbaute Hammer Kirche wurde ihrerseits 1910/11 vollständig umgebaut und erweitert und erhielt ihr heutiges Aussehen. Vgl. dazu Schmitz, Kunde, S. 51–59; Düsseldorf. Stadt und Kirche, S. 163.
  3. Vgl. Schmitz, Kunde, S. 60. Ob diese Glocke die zweite im Jahre 1860 eingeschmolzene Glocke war oder erst bei der Anschaffung des Geläutes von 1911 entfernt wurde, ist aus den Quellen nicht ersichtlich.
  4. Walter, Glockenkunde, S. 377.
  5. PfA St. Blasius Hamm, Akten über den Kirchenbau 1815–1864, Mappe A III, Aufzeichnungen Pfr. Krings zum 4.–6. Oktober 1823: Die Anrufung befand sich „in 3tia minore“ der 1823 aus dem Turm entfernten Glocken. Die Inschrift der Glocke von 1468 befand sich nach Krings „in 2da media“ der von ihm verzeichneten Glocken.
  6. Josef Lieball, Art. A–O, in: LCI 1, Sp. 1; Silke Egbers, Art. A u. O. II. Ikonographisch, in: LThK 1, Sp. 1f.
  7. Vgl. dazu mit weiteren Belegen Jörg Poettgen, Zur Theologie früher Glockeninschriften am Beispiel deutscher Glocken des 12. und 13. Jahrhunderts, in: Jahrbuch für Glockenkunde 11/12 (1999/2000), S. 69–80, 70–72.
  8. Ebd., S. 74f.; ders., 700 Jahre, S. 53f.
  9. Walter, Glockenkunde, S. 203.
  10. Claus Peter, Die Glocken der Kirche zu Heiden und ihre Restaurierung, in: Denkmalpflege in Westfalen-Lippe 12/2 (2006), S. 66–73, 69.
  11. DI 45 (Stadt Goslar), Nr. 20: A · ω · nos · adiuua. Vgl. auch Claus Peter, Das mittelalterliche Geläut, in: Hans-Günther Griep, Neuwerk 1186–1986, Goslar 1986, S. 117–130, S. 121 u. 130 Anm. 7, der ausführt, dass die Anrufung öfter auf Glocken des 13. und 14. Jahrhunderts vorkommt. Als jüngeres Beispiel ist lediglich eine Glocke aus (Wuppertal-)Ronsdorf von 1525 bekannt. Dazu Die Kunstdenkmäler der Städte Barmen, Elberfeld, Remscheid und der Kreise Lennep, Mettmann, Solingen, hg. von Paul Clemen (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz 3,2), Düsseldorf 1894, S. 55.
  12. Vgl. zur Geschichte der Kirche in Hamm Brzosa, Geschichte, S. 114–118, hier S. 115.

Nachweise

  1. PfA St. Blasius Hamm, Akten über den Kirchenbau 1815–1864, Mappe A III, zum 6. Oktober 1823.
  2. Walter, Glockenkunde, S. 377 (falsch als Bestandteil der Inschrift auf der mittleren Glocke zu Hamm, s. Nr. 30).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 20† (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0002009.