Inschriftenkatalog: Stadt Düsseldorf

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 89: Stadt Düsseldorf (2016)

Nr. 5† Kaiserswerth, † St. Georg 1140

Beschreibung

Grabplatte (?)1) mit Sterbevermerk für den Priester und Dechanten Folrad. In den Farragines Gelenii findet sich mit dem Hinweis „Inscriptum est in lapide sepulchri in medio templi sito“ die Zeichnung einer trapezförmigen Platte, über die die eingehauene Inschrift so verteilt war, dass der Wortlaut vom Beginn bis zu DECANVS den Längsbalken, das folgende Wort den Querbalken eines Kreuzes bildeten. Der nur in den Farragines Gelenii überlieferte Zusatz FVNDATOR, dort in zwei Zeilen quer am Fuß des Kreuzes zu lesen, ist wahrscheinlich später hinzugefügt worden. Am Beginn der Inschrift sind oberhalb des Textes vier, unterhalb sechs Striche eingetragen, deren Bedeutung nicht zu erkennen ist. Die Platte wurde sehr wahrscheinlich 1688 zerstört.2)

Obwohl die Überlieferung in der Handschrift PfA St. Suitbertus Rheinbrohl, Kopiar Kaiserswerth älter ist, wurden die Aufzeichnungen der Farragines Gelenii zugrunde gelegt, deren Schreiber den Träger vor Ort gesehen und anhand einer Zeichnung auch dessen Gestaltung überliefert hat.3) Da er die Inschrift in Majuskeln verzeichnet hat, wird sie in Großbuchstaben ediert. Die Überlieferung im Rheinbrohler Kopiar geht hingegen auf eine nicht genannte Quelle zurück und gibt keinerlei Hinweis auf eine inschriftliche Ausführung.

Nach HAStK, Best. 1039 (Farragines Gelenii).

Reproduktion aus: HAStK, Best. 1039, Bd. 20, p. 542 [1/2]

  1. + VI. ID(VS) FEB(RVARII) OB(IIT) FOLRADVSa) P(RES)B(YTE)R ET DECANVS / EC(C)//L(ES)IAEb)

Übersetzung:

Am 6. Tag vor den Iden des Februar starb Folrad, Priester und Dechant der Kirche.

Datum: 8. Februar.

Kommentar

Eine paläographische Beurteilung der Schrift ist nicht möglich.

Schwierigkeiten bereitet das an der Schmalseite quer zu DECANVS in den Farragines Gelenii eingetragene FVNDATOR, das vermutlich nachgetragen wurde, denn es fehlt in der sonst sehr zuverlässigen Abschrift der Redinghovenschen Handschrift. Die Eintragung zu Folrad im Rheinbrohler Kopiar, wohl von 1603, entspricht im Wortlaut nicht dem in den Farragines Gelenii, sondern beginnt mit der Angabe des Sterbejahres 1140 und nennt ihn nicht als „decanus“. Es fehlt jede Angabe zur Quelle für diesen Eintrag. Ein Bezug zu einer Grabplatte oder einem anderen Träger wird nicht hergestellt. Allerdings wird Folrad auch im Rheinbrohler Kopiar als Gründer der Georgskirche genannt. Das Memorienverzeichnis der Kaiserswerther Stiftskirche wiederum nennt ihn nur als Dechanten der Stiftskirche, während als „fundator capelle s. Georgii“ unter dem Datum des 20. April ein Sewalt verzeichnet ist.4) Vielleicht hat Folrad in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts eine Erweiterung der Georgskirche vornehmen lassen, die ihn in der späteren Überlieferung als Gründer erscheinen ließ.5) Dies würde auch seine Grablege in der Georgskirche erklären.

Bleibt der Zusatz FVNDATOR unberücksichtigt, entspricht die Platte in ihrer Gestaltung einer Reihe von sogenannten Memorien- und Grabsteinen mit Inschriften in Kreuzform, die zwischen dem 10. und 12. Jahrhundert im rheinischen Raum überliefert sind. Die Fortführung der Inschrift am Fuße des Kreuzes ist für keinen dieser Träger nachgewiesen.6) Angaben zur Größe liegen nicht vor, doch lässt die dem Text der Inschrift in den Farragines Gelenii vorangestellte Angabe zur Lage in der Kirche eher eine Grabplatte als einen sogenannten Memorienstein, von denen zwei in Gerresheim (Nrn. 13 und 14) erhalten sind, vermuten.7) Ein weiteres Indiz für diese Vermutung ist die Trapezform, die nach Nisters-Weisbecker bei den von ihr untersuchten Grabplatten häufiger als die rechteckige Form anzutreffen ist.8) Sie findet sich auch bei der Platte des Bilo im Dom zu Essen, ist jedoch auch für Memoriensteine nachgewiesen.9)

Möglich ist, dass durch die Striche am oberen Rand der Platte Ornamente angedeutet werden sollten, die aufgrund der geringen Größe der Zeichnung nicht detailgetreuer dargestellt werden konnten, die aber auf den erhaltenen Platten und Steinen dieser Zeit vielfach anzutreffen sind.10) Auch das Formular mit dem Sterbedatum in römischer Tagesdatierung, Sterbevermerk und Namen, das eng an die Formulierungen in Totenbüchern angelehnt ist, entspricht den Texten der Platten und Steine des 10.–12. Jahrhunderts.11) Allerdings beginnt der Wortlaut der Inschrift hier auf dem Längsbalken des Kreuzes, nicht wie auf den anderen bekannten Trägern auf dem Querbalken.

Das nur im Rheinbrohler Kopiar angegebene Sterbejahr 1140 entspricht damit diesen Ergebnissen und fügt sich in die zur Baugeschichte der Georgskirche bekannten Daten12) ein.

Weitere Angaben zur Georgskirche s. unter Nrn. 1, 3, 4, 11 und 12.

Textkritischer Apparat

  1. Folrad Kelleter.
  2. In den Farragines Gelenii folgt, vermutlich nachträglich ergänzt, FVN//DA/TO//R. Das Rheinbrohler Kopiar überliefert folgenden Text: „Anno 1140 sexto Idus Februarii obiit Folradus praesbyter fundator praedicti templi“. Es wird keine Angabe zum Standort oder Fundort gemacht.

Anmerkungen

  1. Vgl. unten im Kommentar.
  2. Die Überlieferung der Inschrift in den Farragines Gelenii belegt, dass sie im 17. Jh. noch vorhanden war. Zur Zerstörung im Jahr 1688 s. im Kommentar zu Nr. 1.
  3. Vgl. dazu auch in der Beschreibung die präzise Standortangabe sowie Kap. 3 der Einleitung.
  4. Lacomblet, Memorienbücher, S. 120 (Folrad), S. 122 (Sewalt).
  5. Vgl. dazu auch Verbeek, Georgskirche, S. 363.
  6. Conrad, Epigraphik, S. 47–52; Nisters-Weisbecker, Grabsteine, S. 203f. u. 236 sowie ebd. die entsprechenden Kat.-Nrn.; vgl. auch DI 50 (Bonn), Nrn. 2, 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10, 12, 16, 16a.
  7. Vgl. zu den sogenannten Memoriensteinen den Kommentar zu Nr. 13.
  8. Nisters-Weisbecker, Grabsteine, S. 177.
  9. DI 81 (Essen), Nr. 12 zur Platte des Bilo; DI 50 (Bonn), Nr. 7 als Beispiel für einen entsprechenden Memorienstein. Vgl. auch Conrad, Epigraphik, S. 48.
  10. Nisters-Weisbecker, Grabsteine, S. 219–224 zu möglichen Motiven.
  11. Ebd., S. 204 u. S. 263–296 (Katalog).
  12. Vgl. dazu auch Kap. 2.2 der Einleitung.

Nachweise

  1. HAStK, Best. 1039 (Farragines Gelenii), Bd. 20, p. 542.
  2. PfA St. Suitbertus Rheinbrohl, Kopiar Kaiserswerth, S. 114.
  3. BSBM, Cgm 2213 (Slg. Redinghoven), Bd. 18 p. 351v (nach Farragines Gelenii).
  4. LAV NRW R, Hss. B XI 2, fol. 356r (Abschrift Slg. Redinghoven).
  5. Terwelp, Kaiserswerth, S. 130 (nach Rheinbrohler Kopiar).
  6. Kelleter, UB Kaiserswerth, S. XLIV (nach Farragines Gelenii).
  7. Verbeek, Georgskirche, vor S. 369 (Abb. aus Farragines Gelenii).

Zitierhinweis:
DI 89, Stadt Düsseldorf, Nr. 5† (Ulrike Spengler-Reffgen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di089d008k0000505.