Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

A3, Nr. 181 Städtisches Museum / Schützenhaus 1470, 1504

Beschreibung

Balkenstücke vom Haus Heydenstr. 2, dem sogenannten Thomähof (vgl. a. A1 1531 u. 1571).1) Es handelt sich um die Schwellbalken des Vorder- und Hinterhauses. Das im Jahr 1887 abgebrochene Vorderhaus war ein zweigeschossiger giebelständiger Steinbau mit aufgesetztem, vierzehn Gefache breitem dritten Fachwerkgeschoß. Der Schwellbalken des Fachwerkgeschosses des Vorderhauses ist mit einem Treppenfries und zahlreichen figürlichen Darstellungen geschmückt. Der linke Teil befindet sich heute im Ausstellungsbereich des Städtischen Museums, der mittlere Teil mit den beiden ersten Feldern des Baudatums (A) als Dauerleihgabe im Schützenhaus, Hamburger Str. 53; der rechte Teil mit dem dritten Feld des Baudatums und weiteren figürlichen Darstellungen fehlt heute. Er gehörte jedoch noch zum Ausstellungsbestand des Städtischen Museums vor dem Zweiten Weltkrieg. Vermutlich kam er nach der Auslagerung der Balken im Jahr 1944 nicht mehr zurück, da über seinen Verbleib nichts bekannt ist.2) Oberhalb der Treppe sind in den einzelnen Feldern der erhaltenen Stücke von links nach rechts dargestellt: ein Lautenspieler; ein Maskenkopf; eine nackte Figur, aus deren Mund und Hintern als eine Art Blattornament dargestellte Winde kommen; zwei Luderzieher; eine Frau, die einem gebeugten, an den Händen gefesselten Mann mit einem Besen den bloßen Hintern verhaut; auf dem zweiten Stück ein Schütze mit Armbrust; der von zwei Drachenköpfen eingerahmte erste Buchstabe der Jahreszahl; die von zwei Zeigehänden gerahmten Hunderter der Jahreszahl. Die Zahlbuchstaben sind erhaben geschnitzt. In den Feldern unter der Treppe links verschieden gestaltete Menschenköpfe und ein Maskenkopf, auf dem rechten Stück ein Vogelkopf, ein Vogel und eine Rosette. Bei dem Vogelkopf handelt es sich um denselben bekränzten Adlerkopf, der auch im Wappen Peine vorkommt.

Der aus zwei Teilen bestehende Schwellbalken mit dem Baudatum B/C befand sich an einer Schwelle des Hinterhauses Heydenstr. 2, dem sogenannten Kleinen Thomähof. Der linke Teil des Balkens (B) befindet sich heute im Schützenhaus, der rechte Teil (C) im Städtischen Museum. Links außen drei vertiefte Felder, darin eine Madonna mit Kind und zwei Wappenschilde; daran schließt sich das lange vertiefte Feld an, in dem die erhabenen Buchstaben der Inschrift B stehen. Die Worttrenner sind in Form von Rauten mit oben und unten angesetzten Zierhäkchen ausgeführt.

Inschrift A ergänzt nach Photographie.

Maße: H.: 38 cm; B.: ca. 500 cm (linker Teil), 411 cm (rechter Teil); Bu.: 27 cm (A). H.: 28,5 cm; B.: 300 cm (B), 330 cm (C); Bu.: 16,5 cm (B, C).

Schriftart(en): Gotische Minuskel, mit Versal (C).

  1. A

    m // cccc // [lxx]

  2. B

    anno · domini · m · vc ·

  3. C

    vn(de) · iiij · in · die · Ambrosi3) · co(m)pletv(m) · est

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1504 am Ambrosiustag wurde (dieses Haus) fertiggestellt. (B, C)

Wappen:
Pawel4)?5)

Kommentar

Die Buchstaben der Inschrift A sind besonders sorgfältig gestaltet. Ein diagonal über den senkrechten Teil der gebrochenen Bögen verlaufender Grat betont den Wechsel im Verlauf der Schattenachse. Plastisch sichtbar wird auch das Umbrechen der Bögen zu Hasten und Quadrangeln. Die Plastizität der Buchstabengestaltung wird vor allem im Kontrast zu den flach ausgeführten Buchstaben der Inschrift B/C deutlich.

Anmerkungen

  1. Nro. 629. Inv. Nr. 50 u. 52, neue Inv. Nr. Ccc 244.
  2. Nach einem Vermerk auf der Rückseite dreier Photographien (NLD Hannover, o. Nr.), die die Balken nach ihrem Rücktransport 1955 zeigen, wurden alle Balken des Städtischen Museums im Jahr 1944 ausgelagert.
  3. 4. April.
  4. Wappen Pawel (zwei gekreuzte Krebsscheren). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 8 u. Tafel 6.
  5. Wappen ? (zwei abgewendete Hahnenköpfe). Eventuell handelt es sich um das Wappen Harling, da Gerhard Pawel, der das Hauses im Jahr 1504 besaß, mit Mette von Harling verheiratet war. Vgl. Meier/Kämpe, Heraldische Untersuchungen 1903, S. 27.

Nachweise

  1. Photographie: NLD Hannover, BS 6350.
  2. Steinacker, Häuserkatalog.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, A3, Nr. 181 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009a3018107.