Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 842 Dom St. Blasii / Ev.-luth. Stadtkirchenbauamt 1634, 1643

Beschreibung

Epitaph des Valentin Möller und der Margaretha Schrader. Holz, in Schwarz, Gold und Beige gefaßt. Das Epitaph hängt an der Westwand des nördlichen Seitenschiffs. Im Mittelteil ein oben rundbogig abgeschlossenes Relief, das die Auferstehung Christi darstellt. Oben in den Zwickeln zwei plastische Engelsfiguren, die eine Krone halten. Links und rechts des Reliefs je eine von zwei Säulen umgebene Achse, darin untereinander je drei kleinere Reliefs mit Darstellungen aus der Leidensgeschichte Christi: links Gethsemane, die Geißelung und die Dornenkrönung; rechts Ecce Homo, Kreuztragung und die Aufrichtung des Kreuzes. Links und rechts der beiden äußeren Säulen Rollwerk. Auf dem von den Säulen getragenen Fries oberhalb des Mittelteils in der Mitte die Inschrift A, oben auf dem Gesims freistehende Figuren, links ein kniender Bettler und eine stehende Männerfigur, rechts die Figuren einer knienden Frau und eines stehenden Mannes. In der Zone darüber gerahmt von zwei Säulen eine Reliefdarstellung des Paradieses, links Adam und Eva unter dem Lebensbaum, in der Baumkrone ein menschliches Gerippe mit Gesetzestafeln im Arm, rechts vor einem Brunnen Christus, der mit der rechten Hand auf das Agnus Dei in den Wolken zeigt. In einem langen Feld unter dem Relief die auf die Darstellung bezogene Inschrift B links und rechts einer vor der Tafel auf einem Sockel stehenden Taube mit ausgebreiteten Flügeln. Die Tafel mit der gemalten Inschrift am Epitaph ist erneuert, das Original befindet sich heute im ev.-luth. Stadtkirchenbauamt. Die Bekrönung des Epitaphs bilden drei Engelsfiguren. In der Zone unterhalb des Mittelteils ein freistehendes Kruzifix mit dem Titulus C, das in die Auferstehungsszene darüber hineinragt. Links und rechts unter dem Kreuz die Figuren des Johannes Evangelista und der Maria. Außen standen früher die vollplastischen Figuren des Verstorbenen und seiner Ehefrau, die heute fehlen. Auf der Rückwand hinter dem Kreuz die Inschrift D. Unten am Epitaph auf einer außen mit zwei Engelsköpfen besetzten Kartusche die Inschrift E. Unterhalb der Inschrift E wurde später die Inschrift F nachgetragen. Alle Inschriften sind in goldener Farbe auf schwarzem Grund gemalt. An dem seitlich vorspringenden Fries über dem Mittelteil links und rechts je zwei Vollwappen. Das linke Wappen stammt vom Epitaph Dageforde (Nr. 711) und wurde hier irrtümlich bei einer Restaurierung angebracht. Im zweiten Wappen von links oben ein Spruchband mit der Inschrift G in schwarzen Buchstaben auf weißem Grund.

Maße: H.: ca. 550 cm; B.: 352 cm; Bu.: 6 cm (A), 3 cm (B), 3,3 cm (C), 2 cm (D), 2,5 cm (E), 0,8 cm (E letzte Zeile, F), 1,5 cm (G).

Schriftart(en): Kapitalis (A–E, G), humanistische Minuskel mit Kapitalis (F).

Herzog-Anton-Ulrich Museum, Kunstmuseum des Landes Niedersachsen [1/5]

  1. A

    A(NN)Oa) CHR(IST)I M DC XXXIV

  2. B

    PRIMUS ADAM / MORTIS // VITAE EST FONS / ALTER ADAMUS

  3. C

    I(ESUS) N(AZARENUS) R(EX) I(UDAEORUM) 1)

  4. D

    IOHAN : CAP : 1 · / ECCE AGNUS D(EI) / QUI TOLLIT PEC/CATA MUNDI 2)

  5. E

    VALENTINUS MÖLLERUS / I(URIS) V(TRIUSQUE) D(OCTOR) HUIUS ECCLESIAE CAN(ONICUS) ET DECANUS / MORTIS MEMOR : SIBI , ET / MARGARETAE LAURENTI F(ILIAE) SCHRADAE / CONIUGI DULCISSIMAE , / VIVENS / H(OC) M(ONUMENTUM) P(OSUIT) / CREDE INVIDVS .

  6. F

    Nascitur ille VII · Decembr(is) / Anno d(omi)ni M · D · LXIV · / Denascitur 20 Martij / Anno D(OMI)NI 1643 / AETAT(IS) 79 // Haec XI · die Iuly / Anno D(omi)ni M · D · LXXb)

  7. G

    F . P . L . 3)

Übersetzung:

Der erste Adam ist (der Quell) des Todes, der zweite Adam der Quell des Lebens. (B)

Siehe das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt trägt. (D)

Valentin Möller, Doktor beider Rechte, Kanoniker dieser Kirche und Dekan, hat des Todes eingedenk sich und seiner sehr lieben Gattin Margaretha Schrader, der Tochter des Laurentius, zu Lebzeiten dieses Denkmal gesetzt. Glaube es, Neidischer! (E)

Jener wurde am 7. Dezember im Jahr des Herrn 1564 geboren, er starb am 20. März im Jahr des Herrn 1643 im 79. Lebensjahr. Diese (wurde am) 11. Juli 1570 (geboren). (F)

Versmaß: Ein Hexameter (B).

Wappen:
[Schulenburg4)]Möller5)Schrader6)Hermeling7)

Kommentar

Valentin Möller war der Sohn des Kanonikers an St. Blasii Heinrich Möller und der Dorothea Francke (vgl. Nr. 647). Er wurde 1576/77 in die Matrikel der Universität Helmstedt eingetragen, wo er 1582 mit dem Studium begann und nach einem vorübergehenden Wechsel an die Universität Leipzig 1596 den Doktortitel erwarb.8) Im Jahr 1593 heiratete er Margaretha Schrader (vgl. deren Grabplatte Nr. 1005), deren Brüder er unterrichtet hatte.9) Margaretha Schrader war die Tochter des Osnabrücker bischöflichen Rats und Inschriftensammlers Laurentius Schrader und der Christina Hermeling, deren Epitaph sich in der Marienkirche in Osnabrück befindet,10) und die Schwester des Bernhard Schrader (vgl. Nr. 1030). Valentin Möller wurde im Jahr 1590 von Herzog Heinrich Julius als Kanoniker des Stifts St. Blasii präsentiert. Im Jahr 1612 wurde ihm das Dekanat verliehen. Zusammen mit seiner Ehefrau stiftete Möller an St. Blasii eine Memorie, aus deren Geldern an beider Namenstag an die in der Kirche anwesenden Kanoniker je 36 Reichstaler verteilt werden sollten.11) Neben dem Epitaph ist auch die für Valentin Möller bestimmte Grabplatte erhalten (vgl. Nr. 921).

Textkritischer Apparat

  1. O hochgestellt.
  2. Das Todesdatum der Ehefrau wurde nicht mehr nachgetragen. Man kann daher davon ausgehen, daß die Inschrift F nach dem Tod des Ehemanns im Jahr 1643 ausgeführt wurde.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Io. 1,29.
  3. Die Initialen können nicht eindeutig aufgelöst werden. Es dürfte sich um eine lateinische Devise handeln.
  4. Wappen Schulenburg (viergeteilt: 1. u. 4. drei Vogelkrallen 2:1, 2. u. 3. schreitender wechselfarben gevierter Ochse mit einer mit Fahnen besteckten Krone). Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 9, S. 15, Tafel 17. Das Wappen wurde hier bei einer Restaurierung irrtümlich angebracht. Es stammt von dem Epitaph der Elisabeth von Dageforde (Nr. 711). Ursprünglich müßte sich hier das Wappen der Mutter des Valentin Möller, Dorothea Francke, befunden haben (vgl. Nr. 647).
  5. Wappen Möller (Waage vor geteiltem Schild, darüber Schriftband mit Inschrift F. P. L., in der linken Waagschale eine Feder, in der rechten Waagschale ein Schwert und Teile einer Rüstung?).
  6. Wappen Schrader (drei Glocken 1:2).
  7. Wappen Hermeling (Hausmarke H44).
  8. Matrikel Helmstedt, Bd. 1, S. 10 u. 127. In der Matrikel Leipzig ist Valentin Möller nicht eingetragen, Angabe nach der Leichenpredigt, Roth, Auswertungen, Nr. 9673.
  9. Die biographischen Angaben nach der Leichenpredigt, ebd. Zu Valentin Möller und einer Intrige gegen ihn vgl. a. Spieß, Geschichte, S. 193f.
  10. Vgl. DI 26 (Stadt Osnabrück), Nr. 200 u. 201.
  11. Sammlung Sack, Nr. 129, Teil 3, p. 2; Nr. 130 (o. P.).

Nachweise

  1. Sammlung Sack, Nr. 129, Teil 1 (o. P., Zeichnung, D) u. Teil 3, p. 2 (D).
  2. Abb.: Quast, Sankt-Blasius-Dom, S. 60.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 842 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0084203.