Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 711 Dom St. Blasii 1604

Beschreibung

Epitaph der Elisabeth von Dageforde. Holz, farbig gefaßt, Ölgemälde. Das Epitaph, das früher im südlichen Seitenschiff an einem Pfeiler hing, ist heute an der Westwand des südlichen Seitenschiffs angebracht. Den Mittelteil des Epitaphs bildet ein oben mit einem Bogen abgeschlossenes Ölgemälde, das die Verstorbene und ihren Ehemann in Bethaltung auf Kissen unter dem Kreuz kniend zeigt, am Kreuz der Titulus A, im Hintergrund eine Stadt. Auf dem das Gemälde umgebenden Rahmen sind beidseitig jeweils sechs Vollwappen angeordnet, je zwei weitere Vollwappen befanden sich der Sammlung Sack1) zufolge früher zu beiden Seiten in der Zone darunter. Diese fehlten jedoch schon in den 30er Jahren.2) Die Beischriften zu den Wappen (J) stehen auf vollplastischen, unter den Wappenschilden angebrachten Schriftbändern. Diese sind heute allerdings in einer vollkommen willkürlichen, in keiner Weise mit den Wappen in Zusammenhang stehenden Abfolge montiert. Im Magazin des ev.-luth. Stadtkirchenbauamtes befindet sich ein weiteres zu dem Epitaph gehöriges Schriftband mit einer Wappenbeischrift (K). Auf dem Fries über dem Mittelteil verläuft in zwei Zeilen die Inschrift B. In der Zone darüber ein Gemälde der Auferstehung Christi, links und rechts davon die Figur je einer Tugend, links Caritas. Außen auf dem Gesims über der mittleren Zone zwei Engelsfiguren. Drei weitere Tugendfiguren als Bekrönung auf dem Gesims über der oberen Zone. Auf dem Fries über dem Auferstehungsgemälde zwischen zwei plastischen Engelsköpfen die Inschrift C. Der Mittelteil wird begrenzt von zwei Säulen, neben denen sich außen links und rechts zwei kleine Gemälde befinden, die die tätige Liebe darstellen, das linke mit der Beischrift D darüber, das rechte mit der Beischrift E. Vier weitere Darstellungen dieses Themas in einer Reihe unterhalb des Mittelteils; die Beischriften zu diesen Szenen sind durchlaufend auf dem Gesims über den Gemälden angebracht (F). Links und rechts der Gemälde je ein plastischer Maskenkopf, außen seitlich je ein das darüberliegende Gesims tragender Putto. Den unteren Abschluß des Epitaphs bildet eine mit drei Maskenköpfen besetzte und von Rollwerk umgebene Tafel mit der Inschrift G, danach das Meisterzeichen des Malers (M5) aus dessen Initialen (H). Darunter auf dem den unteren Maskenkopf umgebenden Rollwerk das Meisterzeichen des Bildhauers (M8) aus dessen Initialen (I). Die Inschriften sind mit Ausnahme der in roter Farbe auf weißem Grund ausgeführten Beischriften F alle in Gold auf schwarzen Grund gemalt. Die in Fraktur ausgeführten u tragen übergeschriebene Häkchen oder Schlängel.

Inschrift F ergänzt nach der Sammlung Sack.

Maße: H.: ca. 500 cm; B.: 264 cm; Bu.: 2,5 cm (A), 3,5 cm (B), 3 cm (C, G–I), 2 cm (D, E, J, K), 2,5 cm (F).

Schriftart(en): Kapitalis (A, F, H, I), Fraktur mit Kapitalis (B, C, G), Fraktur (D, E, J).

Jutta Brüdern, Braunschweig [1/4]

  1. A

    · I(ESVS) · N(AZARENVS) · R(EX) · I(VDAEORVM) 3) ·

  2. B

    Jch bin die Aufferstehung vnnd das Leben , Wer an mich gleubet , der wird Leben , ob er gleich / stürbe , Vnnd wer da lebet vnnd gleubet an mich , der wird nimermehr sterben · IOHAN · AHM · 11 · CAP : 4)

  3. C

    Jch bin der Weg , vnd die // Warheit vnd das Leben · / Nimandt kommet Zum Vatter , // den durch mich · IOHAN : 14 · 5)

  4. D

    Jch bin hungerig gewesen , vnd ir habt mich gespeiset 6)

  5. E

    Jch bin durstig gewesen , vnd ir habt mich getrencket ·6)

  6. F

    ICH BIN EIN GAST GEWESEN , VND IR HABT MICH BEHERBERGET · ICH BIN NACKET GEWESEN , VND IR HABT MICH BE[KLEIDET · ICH BIN KRANCK GE]W[ESE]N , VND IR · HABT MICH BESVCHT · ICH BIN GEFANGEN GEWESEN , VND IR SEID ZV MIR KOMMEN [MAT]THEVS · 25 · CAP : 6)

  7. G

    ANNO DOMIN(I) · 1604 · den · 25 · Februarij nachmit=/tages zvischen 3 vnd 4 · vhren ist die Edle vnd Ehren/vieltugentreiche Fraw Elisabeta geborne von Dageforde / des weijlandt Edlen Gestrengen vnd Ehrnuesten / Joachim von der Schulenburgk auff Leukenitz Lubenaa) / Luberojs vnd Penkuhn so dan der Hersschafft Strawitz Erbge/sessen · hinterlassene Witwe sehligklich entschlaffen , ihres alters / im 60 · ihare deren sehlen Godt gnade ;

  8. H

    · FM ·

  9. I

    GR

  10. J
    D(ie) · V(on) · Mandelschlo D(ie) · V(on) · Heim 
    D(ie) · V(on) · Putlitz D(ie) · V(on) · Marenholtz 
    D(ie) · V(on) · Schulenborcha) D(ie) · V(on) · Re[ve]ntlaw 
    D(ie) · V(on) · Estorff D(ie) · V(on) · Fischbecke 
    D(ie) · V(on) · Bulaw D(ie) · V(on) · Dageforde 
    D(ie) · V(on) · Plesen D(ie) · V(on) · Lattorp7) 
  11. K

    D(ie) · V(on) · Aluenschleuen

Wappen8)
Putlitz9)Mandelsloh10)
Rantzau11)Veltheim12)
Estorff13)Mahrenholtz14)
Bülow15)Schulenburg16)
Plessen17)Fischbeck18)
Reventlow19)Hoym20)

Kommentar

Für Elisabeth von Dageforde ist eine gedruckte Leichenpredigt erhalten, die jedoch keine weiteren Aufschlüsse über die Biographie der Verstorbenen gibt, sondern nur ihre christlichen Tugenden betont.21)

Das Epitaph trägt die Signaturen des Bildhauers Georg Röttger (I) und des Malers Floris von der Mürtel (H).

Textkritischer Apparat

  1. Lesung der drei letzten Buchstaben unsicher.

Anmerkungen

  1. Sammlung Sack, Nr. 129, Teil 1 (o. P.).
  2. Vgl. die Abb. bei Meier, Kunsthandwerk, Abb. 64.
  3. Io. 19,19.
  4. Jh. 11,25f.
  5. Jh. 14,6.
  6. Mt. 25,35f.
  7. Die Wappenbeischriften sind in der Abfolge wiedergegeben, wie sie heute unter den Wappenschilden angeordnet sind. Diese Zuordnung ist vollkommen willkürlich und stimmt in keinem Fall mit dem Inhalt des betreffenden Wappens überein.
  8. Es fehlen auf beiden Seiten die beiden ersten Wappen der Reihe, auf der Seite des Ehemanns die Wappen Schulenburg und Alvensleben, auf der Seite der Verstorbenen die Wappen Dageforde und Lattorp. Das fehlende Wappen Schulenburg ist heute irrtümlich an dem Epitaph des Valentin Möller (Nr. 842) angebracht.
  9. Wappen Putlitz (bekrönte Gans). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 10, S. 36 u. Tafel 19.
  10. Wappen Mandelsloh (siebenmal umwundenes Jagdhorn). Vgl. ebd., Bd. 3, Abt. 2, S. 253 u. Tafel 303.
  11. Wappen Rantzau (gespalten). Vgl. ebd., S. 316 u. Tafel 370.
  12. Wappen Veltheim (viergeteilt: 1. u. 4. Baumstamm, beidseitig mit Lindenblättern, 2. u. 3. breiter Balken mit zwei Querfäden belegt). Vgl. ebd., Bd. 2, Abt. 2, S. 10 u. Tafel 9.
  13. Wappen Estorff (Lilie). Vgl. ebd., Bd. 2, Abt. 9, S. 6 u. Tafel 7.
  14. Wappen Mahrenholtz (Rose vor geteiltem Schild). Vgl. ebd., S. 12 u. Tafel 13.
  15. Wappen Bülow (Kugeln 4:4:3:2:1). Vgl. ebd., Bd. 3, Abt. 11, Teil 2, S. 15 u. Tafel 14.
  16. Wappen Schulenburg (viergeteilt: 1. u. 4. drei Vogelkrallen 2:1, 2. u. 3. schreitender wechselfarben gevierter Ochse mit einer mit Fahnen besteckten Krone). Vgl. ebd., Bd. 2, Abt. 9, S. 15 u. Tafel 17.
  17. Wappen Plessen (steigender Eber).
  18. Wappen Fischbeck (Fisch).
  19. Wappen Reventlow (Zinnenteilung). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 324 u. Tafel 378: dreizinnige ausgefugte Mauer.
  20. Wappen Hoym (zwei Balken). Nach Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2, S. 179 u. Tafel 227: fünf Balken.
  21. Vgl. Roth, Auswertungen, Nr. 7173.

Nachweise

  1. Sammlung Sack, Nr. 129, Teil 1 (o. P.) u. Teil 3, p. 8.
  2. Scherer, Röttger, S. 35 (G, I).
  3. Abb.: Meier, Kunsthandwerk, Abb. 64–66. Meier, Grabdenkmalkunst, S. 43.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 711 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0071108.