Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 677†? St. Martini um 1600

Beschreibung

Gedenktafeln. Die bemalten hochrechteckigen Holztafeln waren im Chor der Kirche angebracht. Alle Inschriften waren in goldenen Buchstaben auf dunklem Grund ausgeführt.1) Drei der Tafeln (B, I, J) sind erhalten, waren aber zum Zeitpunkt der Bearbeitung nicht auffindbar.

Inschriften nach Schmidt.

Schriftart(en): Kapitalis.

  1. A

    MDXXVIII / IDOLATRIA / PAPISTICA EX ECCLESIIS / HVIVS REIP(VBLICAE) EXPLOSA / PVRA VOX EVANGELII IVX/TA SCRIPTA PROPHETICA / ET APOSTOLICA OMNIVM / ORDINVM CONSENSV PVB/LICE DOCERI ET SACRA/MENTA IVXTA INSTITVTI/ONEM CHRISTI ADMI/NISTRARI COEPTA SVNT

  2. B

    MDXXVIII / PRIMVS ECCLESIAE BRVNSVICENSIS / SVPERINTENDENS TORGA VOCATVS EST REVERENDVS VIR / D(OMINVS) MARTINVS GOROLICIVS / CVIVS IN HANC ECCLESIAM / TVNC PRAECLARA EXSTITERVNT MERITA / MVNERE AVTEM ILLO XV . ANNO QVO SVSCEPERAT / SE ABDICANS BIENNIVM DOCVIT / IN AEDE D(IVI) BLASII / ET POST JHENAM THVRINGIAE ABIIT ANNO XLV

  3. C

    MDXLV / EI SVCCESSOR DATVS EST / CLARISS(IMVS) VIR D(OMINVS) NICOLAVS MEDLERVS S(ANCTAE) THEOL(OGIAE) DOCTOR / DIFFICILLIMIS TEMPORIBVS INTERIMISTICIS / ECCLESIAM MAGNA CVM LAVDE REXIT / ANNO AVTEM LI . BERNBVRGVM DISCESSIT / ET APOPLEXIAE MORBO / IN VERA INVOCATIONE FILII DEI / E VIVIS EXCESSIT ANNO MDLI .

  4. D

    MDLIII . / MVNVS IDEM SVSCEPIT / CLARISSIMVS MAXIMIQVE NOMINIS / D(OMINVS) IOACHIMVS MOERLINVS / THEOLOGIAE DOCTOR EXCELLENTISSIMVS / REGIOMONTE BORVSSIAE VOCATVS / EOQVE FIDELISS(IME) ANNOS XIIII FVNCTVS / IN BORVSSIAM AD SAMBIENSEM EPISCOPATVM / SVMMO APVD OMNES SVI DESIDERIO RELICTO / EST REVOCATVS ANNO LXVII .

  5. E

    MDLIIII . / DOCTOR MARTINVS CHEMNITIVS / ACCESSIT DOCTORI MORLINO ADIVTOR ANNIS XIII / POSTEA EIDEM SVCCESSIT SVPERINTENDENS ANNIS XIX . / VIR INCOMPARABILIS / ET VEL ADVERSARIORVM TESTIMONIO MAXIMVS / EA TEMPESTATE / ELECTORIS BRANDENBVRGICI / ET PRINCIPVM BRVNSVICENSIVM / ET LVNAEBVRGENSIVM / JVLII ET WILHELMI / CONSILIARIVS ECCLESIASTICVS / PLACIDE OBIIT ANNO MDLXXXVI .

  6. F

    MDXLIX . / DIE APRILIS XII PIE IN / CHRISTO OBDORMIVIT / D(OMI)N(VS) LVDOLPHVS PETERSINVS / CVM SVB PAPATV III / ET POST REPVRGATAM RELIGIONEM / XXI ANNOS / IN MINISTERIO HVIVS ECCLESIAE / VERSATVS ESSET / VIXIT ANNOS LV .

  7. G

    MDLXIIII . / DIE JVNII III . PORRECTA / IN CHRISTVM MENTE / EXPIRAVIT D(OMINVS) HENRICVS OSTERODIVS / CVM MINISTERIVM IN HAC ECCLESIA / GESSISSET ANNIS XXXVI .

  8. H

    MDLXVI . / INTER CONCIONANDVM / DIE AVGVSTI IIII . / PESTE CORREPTVS EST / D(OMINVS) JOHANNES COLOANDER / SVCCESSOR D(OMINI) LVDOLPHI / ET OBIIT DIE AVGVSTI XI / CVM IN AEDE DIVI MICHAELIS / DOCVISSET ANNOS IX . / IN HAC VERO XVII .

  9. I

    MDLXXVII . / JOANNI ZANGERO AD MVNVS ADIVTORIS VOCATO / SVRROGATVS EST M(AGISTER) JACOBVS GODEFRIDVS / POSTEA GENER CHEMNITII CARVS / MORTVO EXISTIMATIONE PROXIMVS / DOCVIT ANNOS X . IN HAC AEDE / OMNIVM CVM ADMIRATIONE ET APPLAVSV / SOCERI MORTEM SECVTVS EST / ANNO EODEM MDLXXXVII . XXII MARTII / AETATIS XLI . / FVNVS CVM SVSPIRIIS ET LACRYMIS / PROSEQVENTE TOTA CIVITATE

  10. J

    MDXCVIII . / DIE XXX JANVARII / M(AGISTER) J(OHANNES) LOSIVS BRVNSVICENSIS / JOHANNIS COLOANDRI SVCCESSOR / PRIMVM PARALYSI LINGVAE POST APOPLEXIA CORREPT(VS) / PIE AC PLACIDE IN CHRISTO OBDORMIVIT / SICQVE HAC VITA MORTALI ET FVGACI RELICTA / AETERNAM POSSESSIONEM CVM ALIIS ELECTIS / SANCTVS OCCVPAVIT / CVM HOC IN TEMPLO VERAM ET SINCERAM DOCTRINA(M) / IN SCRIPTIS PROPHETICIS ET APOSTOLICIS COMPREHENSAM / ET IN AVGVSTANA CONFESSIONE / FORMVLAQVE CONCORDIAE REPETITAM / INCORRVPTE PER XXXII ANNOS / AVDITORIB(VS) SVIS CARISSIMIS TRADIDERIT / ET INCALCVLAVERIT / AETATIS SVAE ANNO LXI .

Übersetzung:

Nachdem 1528 der papistische Götzendienst aus den Kirchen dieser Stadt vertrieben war, wurde begonnen, die reine Stimme des Evangeliums gemäß den prophetischen und apostolischen Schriften mit Zustimmung aller Stände öffentlich zu lehren und die Sakramente gemäß der Anweisung Christi auszuführen. (A) 1528 wurde als erster Superintendent der Braunschweigischen Kirche aus Torgau der ehrwürdige Mann, Herr Martin Görlitz, berufen, dessen berühmte Verdienste in Bezug auf diese Kirche sich damals zeigten. Aber im 15. Jahr sagte er sich von jenem Amt, dem er sich unterzogen hatte, los und lehrte zwei Jahre lang an der Kirche St. Blasii und später ging er nach Jena in Thüringen im Jahr 45. (B) 1545 wurde als sein Nachfolger der hochberühmte Mann, Herr Nikolaus Medler, Doktor der heiligen Theologie eingesetzt. In den äußerst schwierigen Zeiten des Interims führte er die Kirche unter großem Lob. Aber im Jahr 51 ging er nach Bernburg, und durch die Krankheit des Schlaganfalls ging er von den Lebenden in wahrer Anrufung des Gottessohnes im Jahr 1551. (C) 1553 übernahm dasselbe Amt der hochberühmte und einen großen Namen tragende Herr Joachim Mörlin, ein sehr herausragender Doktor der Theologie, der aus Königsberg in Preußen berufen wurde und der, nachdem er dieses sehr treu 14 Jahre lang verwaltet hatte, im Jahr 67 nach Preußen in das Bistum Samland zurückgerufen wurde, während er bei allen die größte Sehnsucht nach ihm zurückließ. (D) 1554 trat Doktor Martin Chemnitz als Adjutor dem Doktor Mörlin für 13 Jahre zur Seite. Später folgte er diesem als Superintendent für 19 Jahre. Der unvergleichliche Mann und auch nach dem Zeugnis seiner Gegner zu jener Zeit der größte kirchliche Ratgeber des Kurfürsten von Brandenburg und der Herzöge von Braunschweig und Lüneburg Julius und Wilhelm starb sanft im Jahr 1586. (E) 1549 am Tag des 12. April starb fromm in Christus Herr Ludolph Petersen, nachdem er unter dem Papsttum drei und nach der Reinigung des Glaubens 21 Jahre das Amt dieser Kirche bekleidet hatte. Er lebte 55 Jahre. (F) 1564 am Tag des 3. Juni starb mit Christus zugewendeter Seele Herr Heinrich Osterode, als er das Amt in dieser Kirche 36 Jahre lang geführt hatte. (G) 1566 am Tag des 4. August wurde der Herr Johannes Coloander, der Nachfolger des Herrn Ludolph, während der Predigt von der Pest ergriffen und starb am Tag des 11. August, nachdem er in der Kirche St. Michaelis 9 Jahre gelehrt hatte, in dieser aber 17 Jahre. (H) 1577, als Johannes Zanger in das Amt des Adjutors berufen wurde, wurde der Magister Jakob Gottfried nachgewählt, später der teure Schwiegersohn des Chemnitz, dem Verstorbenen an Ansehen sehr ähnlich. Er lehrte 10 Jahre an dieser Kirche unter Bewunderung und Beifall aller und folgte dem Schwiegervater in den Tod im selben Jahr 1587 am 22. März (seines) Alters 41 (Jahre) und wurde mit Seufzern und Tränen unter Geleit der ganzen Stadt begraben. (I) 1598 am Tag des 30. Januar wurde Magister Johannes Lossius aus Braunschweig der Nachfolger des Johannes Coloander, der, nachdem er zuerst von einer Sprachlähmung, dann von einem Schlaganfall ergriffen war, fromm und sanft in Christus entschlief und so unter Zurücklassung dieses sterblichen und flüchtigen Lebens ewigen Besitz als Frommer zusammen mit anderen Auserwählten erlangte, nachdem er in dieser Kirche die wahre und unverfälschte Lehre, die in den prophetischen und apostolischen Schriften beschrieben und durch die Confessio Augustana und die Konkordienformel erneuert worden ist, unverfälscht 32 Jahre lang seinen teuersten Zuhörern ausgelegt und eingeschärft hatte, im 61. Lebensjahr. (J)

Kommentar

Die Datierung gründet sich darauf, daß der 1598 verstorbene Johannes Lossius hier noch erwähnt ist, nicht jedoch der zunächst als Koadjutor und von 1589 bis 1594 als Superintendent fungierende Polycarp Leyser, der 1610 in Dresden verstarb.2)

Anmerkungen

  1. Beschreibung nach Schmidt, Martinskirche, S. 109.
  2. Zu Leyser vgl. Spieß, Geschichte, S. 135–137.

Nachweise

  1. Schmidt, Martinskirche, S. 109–111.
  2. Rehtmeyer, Kirchen-Historie, Teil 3, S. 66 (A), S. 71 (B), S. 198 (C), S. 268 (D), S. 524 (E).
  3. L. Helmuth, Über die in der Martinikirche zu Braunschweig aufgefundenen Meßgewänder ... In: Braunschweigisches Magazin 1836, S. 197–202, hier S. 201 (A).

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 677†? (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0067702.