Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 626 St. Katharinen 1589

Beschreibung

Kelch. Silber, vergoldet. Der Kelchfuß in Sechspaßform steht auf einer breiten abgetreppten Sockelplatte und einer ornamentierten Zarge. In einem Segment des Sechspasses ein aufgesetztes Kruzifix, am Kreuz der Titulus A. Darüber ein ovales Medaillon mit einem emaillierten Vollwappen, über dem Medaillon am Fußhals Initialen (B). In den Segmenten links und rechts des Kruzifixes jeweils ein weiteres Medaillon mit einem Vollwappen und einer darunter eingravierten Beischrift (C, D) auf einem Schriftband mit eingerollten Enden. In den drei übrigen Segmenten des Fußes die eingravierten Inschriften E–G. Der Fußhals ist durch eine Platte von dem sechsseitigen Schaft getrennt. Der runde, abgeflachte Nodus ist durch Kerbungen in sechs rautenförmige Rotuli und darüber und darunter in dreieckige Segmente unterteilt, in die die Wörter der Inschrift H eingraviert sind. Die sechsseitigen Schaftstücke ober- und unterhalb des Nodus schlicht ebenso wie die halbkugelförmige Kuppa. Auf der Fußplatte des Kelches das Braunschweiger Beschauzeichen und die Marke mit den Initialen des Goldschmieds (I). Die u der Inschrift E sind durch kleine Striche gekennzeichnet.

Maße: H.: 22,6 cm; Dm.: 15,1 cm (Fuß), 13,8 cm (Kuppa); Bu.: 0,15 cm (A), 0,3 cm (B–D), 0,2–0,3 cm (E–G), 0,2 cm (H), 0,1 cm (I).

Schriftart(en): Kapitalis (A–D, H, I); Mischschrift aus Elementen der Fraktur und der humanistischen Minuskel mit Kapitalisversalien (E), und mit Kapitalis (F, G).

Sabine Wehking [1/4]

  1. A

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM) 1)

  2. B

    · K · G ·

  3. C

    · CLAVWES · WINSS ·

  4. D

    · LVDOLPHVS · SCHRADERVS · D(OCTOR) · O(RDINATVS)

  5. E

    Christus ad conui/uas / En tibi pane meum corp/us · vinoq(ue) cruorem / Exhibeo · fidei firma sigilla / tuae

  6. F

    Diesen · Kelch · / hat · die · Erbare · / vnd · Vieltugentsam/e · Fraw · Katharina · / · Gastmeisters · herrn · Lud/olphi · Schraderi · D(octoris) · O(rdinati) · / seligen · verlassene · widewe · in / die · ehre · gottes · der · Kirchen · S · / Katharinae · gegeben · AN/NO · A · CHR(IST)O · NATO · / · M · D · L · XXXIX ·

  7. G

    Crede mihi · Con/temne tue rationis / acumen · / Et tibi q(ui)s dicat talia verba / vide / · M · R · H · B · 2)

  8. H

    · IOHAN · // · CAP · 1 · // ECCE // AGNVS // DEI QVI // TOLLIT // PECCATA // MVNDI 3)

  9. I

    S B

Übersetzung:

Christus zu den Tischgenossen: Siehe, durch das Brot reiche ich dir meinen Leib und durch den Wein mein Blut dar als festes Siegel deines Glaubens. (E)

Glaube an mich. Schätze die Schärfe deines Verstandes gering und sieh, wer dir solche Worte sagt. (G)

Dies ist das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt trägt. (H)

Versmaß: Elegische Distichen (E, G).

Wappen:
Winsen4)Gastmeister5)Schrader6)

Kommentar

Der Kelch wurde von dem Braunschweiger Goldschmied Samuel Becker angefertigt.7) Zu Ludolph Schrader vgl. Nr. 623.

Katharina Gastmeister stiftete den Kelch unmittelbar nach dem Tod ihres zweiten Ehemanns Ludolph Schrader im Juli 1589. In erster Ehe war sie mit dem Kaufmann Klaus Winsen aus Frankfurt an der Oder verheiratet.8) Katharina Gastmeister, die von ihrem zweiten Ehemann Ludolph Schrader testamentarisch von dessen Erbe ausgeschlossen wurde (vgl. Nr. 623), verfügte über ein beträchtliches eigenes Vermögen, das zum großen Teil aus Besitz in Frankfurt an der Oder bestand. In ihrem Testament bestimmte sie, daß sie in der Ägidienkirche beigesetzt werden wollte. Auf ihre Grabplatte, deren Inschrift nicht überliefert ist, sollte man neben ihrem Todesdatum die beiden Wappen ihrer Eltern setzen.9)

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Die Initialen lassen sich nicht auflösen.
  3. Io. 1,29.
  4. Wappen Winsen (Balken, darüber zwei, darunter ein Stern).
  5. Wappen Gastmeister (halbes Rad, von einem senkrecht stehenden Doppelhaken gekreuzt, oben zwei Sterne).
  6. Wappen Schrader (bekrönter Löwenrumpf). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 8 u. Tafel 7.
  7. Vgl. Scheffler, Goldschmiede, S. 51, u. Spies, Goldschmiede, Bd. 3, S. 60f., Nr. 300. Bei Spies ist der Kelch als verschollen aufgeführt.
  8. Personenkartei Mack.
  9. Sta Braunschweig, B I 23, Bd. 9, fol. 248r–253r.

Nachweise

  1. Sammlung Sack, Nr. 136, Teil 1, p. 164 (A, B).
  2. Schröder/Aßmann, Stadt Braunschweig, 2. Abt., S. 168 (A, B).
  3. Wandersleb, Inventar, St. Katharinen, Nr. 3.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 626 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0062609.