Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)
Nr. 574 St. Martini 1580, 1587
Beschreibung
Epitaph des Martin Chemnitz. Holz, farbig gefaßt, Ölgemälde. Das Epitaph ist an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs angebracht. Das Gemälde im Mittelteil, ein Porträt des Geistlichen hinter einem Tisch, auf dem ein Buch sowie Tintenfaß und Schreibfeder liegen, wird dem Umkreis des Malers Lucas Cranach d. J. zugeschrieben.1) Vgl. hierzu auch den Kommentar und Nr. 612. Oben über dem Kopf des Dargestellten die Inschrift A, in der rechten Ecke ein Wappenschild. Auf dem Gesims über dem Gemälde, das das Epitaph nach oben hin abschließt, die Jahreszahl B, unterhalb des Gemäldes auf einer querrechteckigen Tafel die Inschrift C. Das Porträt wird beidseitig von Bogennischen gerahmt, denen Säulen vorgebaut sind. In den Nischen links die Figur des Johannes Baptista, rechts die des Paulus. Unter den Nischen links die Inschrift D, rechts die Inschrift E. Seitlich wird das Epitaph durch mit Engelsköpfen besetztes Beschlagwerk abgeschlossen. Den unteren Abschluß bildet eine von Beschlagwerk eingefaßte Tafel mit der Inschrift F, in der Ausbuchtung der Tafel unterhalb der Inschrift ein gemalter Engelskopf. Die Bekrönung des Epitaphs fehlte schon im 19. Jahrhundert. Die Inschriften sind in goldenen Buchstaben auf dunklem Untergrund ausgeführt.
Maße: H.: 239 cm; B.: 193 cm; Bu.: 1,3 cm (A), 6 cm (B), 3 cm (C–F).
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
ANNO DOMINI · 1580 · AETATIS SVAE 57
- B
1587
- C
QVOD VIXI IN CARNE , IN FIDE VIXI FILII DEI / QVI DILEXIT ME , ET TRADIDIT SEMETIPSVM PRO ME / GAL : II . a) 2)
- D
ECCE AGN/VS . DEI / JOH : 1 3)
- E
FINIS LEGIS / CHRISTVS / ROM : 10 4)
- F
MARTINVS CHEMNITIVS S(ANCTAE) THEOLOGIAE DOCTOR / ET ECCLESIAE HVIVS SVPERATTENDENS , NASCITVR IN / MARCHIAE OPPIDO PRIZA , ANNO CHRSTIb) MDXXII , DIE / NOVEMBRIS IX , HORA XII , MINVTO XLVII , POST MERIDIEM . / MORITVR BRVNSWIGAE A(NN)O CHRI(STI) M D LXXXVI , VIII APRI(LIS) , HO(RA) XII / NOCTISc)
Übersetzung:
Im Jahr des Herrn 1580 im Alter von 57 Jahren. (A)
Was ich im Fleisch gelebt habe, habe ich im Glauben an den Sohn Gottes gelebt, der mich geliebt hat und sich selbst für mich ausgeliefert hat. (C)
Siehe, das Lamm Gottes. (D)
Christus ist das Ende des Gesetzes. (E)
Martin Chemnitz, Doktor der heiligen Theologie und Superintendent dieser Kirche, wurde in der Mark (Brandenburg) in der Stadt Treuenbrietzen im Jahr Christi 1522 am Tag des 9. November zur 12. Stunde und 47. Minute nach Mittag geboren. Er starb in Braunschweig im Jahr Christi 1586 am 7. April in der 12. Stunde der Nacht. (F)
Chemnitz5) |
Textkritischer Apparat
- Die Angabe der Bibelstelle klein unter dem Ende der zweiten Zeile.
- Sic!
- Das letzte Wort klein unter dem Zeilenende.
Anmerkungen
- Vgl. Kat. Renaissance, S. 510.
- Gal. 2,20. Nach Rehtmeyer, Kirchen-Historie, Teil 3, S. 522, handelt es sich bei dem Bibelzitat um den Text der Leichenpredigt, die Johann Zanger auf Martin Chemnitz bei dessen Beerdigung hielt.
- Io. 1,29.
- Rm. 10,4.
- Wappen Chemnitz (geteilt, oben oberhalbe Lilie).
- Sta Braunschweig, B I 23, Bd. 4, fol. 90r.
Nachweise
- Sammlung Sack, Nr. 138, Bd. 3, p. 61 (C, F).
- Rehtmeyer, Kirchen-Historie, Teil 3, S. 523 (C, F).
- Uffenbach, Reisen, S. 290 (C, F).
- Schmidt, Martinskirche, S. 84 (C, F).
- Scherer, Röttger, S. 225 (F).
- Schultz, Grabmale, S. 7 (C).
- Kat. Renaissance, Bd. 1, S. 510–512, Abb. S. 511.
- Abb.: Dorn, Kirchen, Abb. 90, S. 99.
Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 574 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0057402.
Kommentar
Zu Martin Chemnitz vgl. Nr. 522 und Nr. 604.
In seinem am 16. Januar 1586 abgefaßten Testament stellte es Chemnitz dem Geistlichen Ministerium anheim, ihn in der Martini- oder in der Brüdernkirche zu bestatten, da er zu beiden Kirchen eine enge Beziehung habe. Sein Grabdenkmal sollte nicht zu aufwendig sein. Chemnitz verfügte, daß sein Epitaph sein Porträt enthalten sollte, das man zu diesem Zweck in eine Taffel fassen lassen sollte. Außerdem legte er bereits in seinem Testament die Ausführung der Inschrift C auf seinem Epitaph fest und bestimmte, daß kurz seine Lebensdaten genannt werden sollten.6)