Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 489 St. Martini 1560

Beschreibung

Epitaph des Hermann von Vechelde. Messing auf Holz. Die einzelnen Messingbestandteile des Epitaphs sind auf eine Holzplatte montiert, die heute im Kirchenraum an der Wand zur Sakristei hängt. Das Epitaph besteht aus einem von Pfeilern getragenen Rundbogen, dem ein gerade abgeschlossenes Gesims aufliegt; vor dem linken Pfeiler eine Karyatide, vor dem rechten eine Herme. Oben in den Bogenzwickeln links die Figur Johannes des Täufers, rechts Moses mit den Gesetzestafeln. Auf den Gesetzestafeln sind Buchstaben (A) eingraviert, die sich zwar transkribieren, jedoch nicht sinnvoll lesen lassen. Im Innenfeld ein Kruzifix, das von fünf separat auf der Holzplatte befestigten Engelsköpfen umgeben ist. Darunter links und rechts je ein Wappenschild. Am Fuß des Kreuzes eine Landschaft mit einer Stadt, davor kniend die Stifterfamilie, auf der linken Seite der Vater mit drei Söhnen, rechts die Mutter mit einer Tochter. Unterhalb der Szene auf einem Sockel die eingravierte Inschrift B. Darunter als Abschluß des Epitaphs eine von Beschlagwerk umgebene Tafel mit der erhabenen Inschrift C links und rechts von einem Wappenschild mit einem Meisterzeichen darin.

Maße: H.: 154 cm; B.: 73,5 cm; Bu.: 0,3 cm (A), 0,6–1 cm (B), 2–2,2 cm (C).

Schriftart(en): Kapitalis, mit Versalien (B).

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    DOCCC / MAOJ / OMIAO / DITRO / MDI / TVFA / VNOIJ / DOITC / FVPT / JAM /A8 CCa) / MOV // TVM / AN 22 / OMNI / CIVIT / AEMI / DNEH / ATM / NAI / APVO / NVTI / TMP / DFIO

  2. B

    ANNO DOMINIb) : M : D : L : X : DEN XIX DACH DECEMBER IST DER ERBAR VND WOL=/WEISE HERMAN VO(N) VECHTELDE DISER LOBLICHE STAT BRVNSCHWIG BVRGERMEI=/STER IHN GOT DE(N) HERN SELICHLICHE(N) VERSCHEIDE(N) SEINES ALTERS IM LXIIII IARE DEM / GOT EINE FROLICHE AVFFERSTEHVNG VERLEIHEN WOLLE AMEN ·

  3. C

    HANS MEISNERGOTH MICH

Wappen:
Vechelde1)Ludeke2)
Meißner3)

Kommentar

Auffallend an der Gestaltung des Epitaphs ist die im Vergleich zu der Grabinschrift überdimensional große Meisterinschrift C und der Wappenschild mit dem Meisterzeichen, die den Namen des Bronzegießers Hans Meißner optisch weit mehr in den Vordergrund rücken als den Namen und die Darstellung des Verstorbenen und seiner Familie. Auch der Umstand, daß die Meisterinschrift im Gegensatz zu der gravierten Grabschrift in erhabenen Buchstaben gegossen ist, trägt zu diesem Gesamteindruck bei. Trotz dieser Betonung seines Namens ist Hans Meißner, der sonst vor allem Geschütze und Glocken goß, wohl kaum als der Bildhauer anzusehen, auf den die Gestaltung des Epitaphs zurückgeht (vgl. hierzu Nr. 462).

Der Wandschneider Hermann von Vechelde war in erster Ehe mit Mette Velhauer und in zweiter Ehe seit 1540 mit Ilse Ludeke verheiratet, mit der er die vier auf dem Epitaph dargestellten Kinder Hermann, Elisabeth, Albert und Jürgen hatte. Ilse Ludeke starb am 16. Mai 1567. Hermann von Vechelde amtierte zunächst als Kleiner, später als Großer Gildemeister der Wandschneider. Im Jahr 1542 wurde er ohne vorherige Tätigkeit im Rat zum Großen Bürgermeister gewählt. Er bekleidete dieses Amt bis zum Jahr 1558.4)

Textkritischer Apparat

  1. Zwei retrograde C.
  2. Über dem O irrtümlich ein Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Wappen Vechelde (Schrägbalken mit drei Rosen belegt). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 10 u. Tafel 8.
  2. Wappen Ludeke (Kranich).
  3. Wappen Meißner (Meisterzeichen M2).
  4. Spieß, Vechelde, S. 84–88.

Nachweise

  1. Sammlung Sack, Nr. 138, Bd. 1, Teil 1 (o. P., A) u. Teil 2 (o. P., Zeichnung); Bd. 3, p. 96 (A).
  2. Schmidt, Martinskirche, S. 99.
  3. Schultz, Grabmale, S. 8.
  4. Kat. Stadt im Wandel, Bd. 1, Nr. 319, S. 397, Abb. S. 397.
  5. Abb.: Meier, Kunsthandwerk, Abb. 20; Meier, Grabdenkmalkunst, S. 24.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 489 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0048905.