Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 1060 Städtisches Museum nach 1656

Beschreibung

Sogenanntes ‘Schmalkaldisches Kästchen’.1) Holzkasten mit getriebenen und farbig gefaßten Eisenblechplatten. Die Provenienz des Stücks, das im Jahr 1860 in den Besitz des Museums kam, ist nicht geklärt. Es wird jedoch davon ausgegangen, daß es sich um eine Braunschweiger Arbeit handelt,2) auch wenn man aufgrund der Darstellung der sächsischen Kurfürsten eine andere Provenienz vermuten könnte. Während der Holzkasten nicht mehr den ursprünglichen Zustand darstellt, sind die Eisentäfelchen der Verkleidung noch im Original erhalten. Allerdings fehlt heute die Tafel der einen Längsseite. Dem Holzkasten sind an den Ecken gedrechselte Säulen vorgebaut, oben auf den Kapitellen je ein Engelskopf. Auf der einen Längsseite ein Eisentäfelchen, das im Relief neun sächsische Kurfürsten zeigt. Die Schwerter tragenden Figuren stehen in Nischen, darüber jeweils das Kurfürstenwappen; im Bogen über den Köpfen jeweils Namensbeischriften (A), die teilweise verdrückt sind. Die andere Längsseite trägt eine Inschrift aus jüngerer Zeit.3) Auf dem Eisentäfelchen der einen Schmalseite in einem Medaillon Kurfürst Johann Georg I. mit vier Söhnen und vier Enkeln, links und rechts im Hintergrund jeweils eine Menschenmenge. Auf dem Sockel des Thrones die Inschrift B, über dem Kopf des Kurfürsten ein Schriftband mit der Inschrift C, darüber das Agnus Dei, auf das sich die teilweise von dem Holzrahmen verdeckte Inschrift D auf dem Rahmen des Medaillons bezieht. Links des Medaillons Johannes Evangelista mit Schrifttafel (E) und Adler, rechts Luther. Auf der gegenüberliegenden Schmalseite in Medaillons Brustbilder des Herzogs Johann Georg II. und seiner Gemahlin Magdalena Sibylla, über den Köpfen je ein Schriftband mit nur schemenhaft zu erkennenden Inschriften (F, G). Oben auf dem Deckel ist ein Altar dargestellt, auf dem ein Kruzifix steht. Hinter dem Altar stehen Luther und Melanchthon, die ein aufgeschlagenes, vor dem Fuß des Kruzifixes stehendes Buch halten, darin die Inschrift H. Links des Altars Johann Friedrich von Sachsen, der sein Schwert auf den Altar gelegt hat, rechts vom Altar Moritz von Sachsen mit erhobenem Schwert, beide im Gewand eines Kurfürsten; oben über den Figuren je ein Wappenschild. Vorne vor dem Altar die Inschrift I, unten auf dem Sockel die Inschrift J. Oben über dem Kreuz der Heilige Geist in Gestalt der Taube, darüber in einem Strahlenkranz das Tetragramm K. Alle Inschriften sind erhaben ausgeführt.

Maße: H.: 26 cm; B.: 50 cm; T.: 32 cm; Bu.: 0,4 cm (A), 0,3 cm (B–D, F, G), 0,2 cm (E), 0,5 cm (H, I), 0,4–0,6 cm (J), 1,1 cm (K).

Schriftart(en): Kapitalis (A, C–H, J), Kapitalis und Minuskel (B, I), hebräische Buchstaben (K).

Sabine Wehking [1/3]

  1. A

    C(HURFÜRST) FRIEDERIC III // C(HURFÜRST) IOHANS // C(HURFÜRST) IOHANES IDERa) // C(HURFÜRST) MAVRITIVS // C(HURFÜRST) AVGVSTVS // C(HURFÜRST) CHRISTIAN // C(HURFÜRST) CHRISTIAN II // C(HURFÜRST) IOHAN GEORG // C(HURFÜRST) IOHAN GEORG

  2. B

    A(nn)o 1585 / Jst gebohren den 5 Nov(embris) / Starb den 8 Octob(ris) 1656 / seines alters 71 Jahr / GOTTES WORT BLEBT EWIG 4)

  3. C

    DES GERECHTEN S(A)ME(N) SOL GEWANNb) / GESEGNET SEIN .

  4. D

    ECCE AGNVS [DEI] QVI TOLLIT PECCATA MVNDI 5)

  5. E

    EVANGE/LIVM S / IOHAN/NIS

  6. F

    PRO DEO ET [...]

  7. G

    [.] D V M · S C V Zc)

  8. H

    VER/BVM / DOMI/NI // MANET / IN ETE/RNVM 4)

  9. I

    GloRia in Excelsis Deo / TIBI CHERVBIN ET / SERAPHIN INCES=/SABILI VOCE / PROCLAMANT

  10. J

    LAUDA DEUM TUUM SION 6) / IVBILATE ANIMIS GRATIS IVBILATE DEO

  11. K

    יהוה

Übersetzung:

Siehe das Lamm Gottes, das die Sünden der Welt trägt. (D)

Für Gott und ... (F)

Das Wort des Herrn bleibt in Ewigkeit. (H)

‘Ehre sei Gott in der Höhe’ rufen dir Cherubim und Seraphim mit ununterbrochener Stimme zu. (I)

Lobe deinen Herrn, Zion. Jubelt mit dankbarem Herzen, jubelt zu Gott. (J)

Wappen:
Erzmarschallamt Sachsen7)Sachsen8)

Textkritischer Apparat

  1. Die Beischrift ist verdrückt, gemeint ist JOHANN FRIEDRICH.
  2. Sic! Die Bedeutung ist unklar.
  3. Unsichere Lesung, eventuell sind die letzten Initialen als M(AGDALENA) S(YBILLA) C(HURFÜRSTIN) V(ON) S(ACHSEN) aufzulösen.

Anmerkungen

  1. Keine Inventarnummer.
  2. Vgl. Gerd Spies, Kästchen mit getriebenen Eisenplatten. Miszellen des Städtischen Museums Braunschweig 9, 1971.
  3. 1860 AUS FAMILIENBESITZE DEM BRAUNSCHW / KUNSTVEREINE V. FA. ZUCKSCHWERDT.
  4. 1. Pt. 1,25.
  5. Io. 1,29.
  6. Ps. (G) 147,12.
  7. Wappen Erzmarschallamt Sachsen (geteilt, davor zwei gekreuzte Schwerter). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, S. 18 u. Tafel 24.
  8. Wappen Sachsen (gestreift, überdeckt von einem Rautenkranz). Vgl. ebd.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 1060 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0106008.