Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 972† St. Andreas 1650

Beschreibung

Epitaph des Thomas Fillier. Das hölzerne Epitaph hing bis zum Jahr 1945 an der Ostwand des südlichen Seitenschiffs.1) Über seinen Verbleib ist nichts bekannt. Den Mittelteil des Epitaphs bildete ein hochrechteckiges Ölgemälde, das ein kniendes Ehepaar links und rechts neben einem Altar zeigte. Auf dem Altar ein Kruzifix, daran der Titulus A, am Fuß des Kreuzes ein Agnus Dei. Vor dem Altar vier kniende Söhne des Ehepaars. Der Mittelteil war von zwei Säulen eingerahmt, den äußeren Abschluß bildete Ornamentwerk mit je einem daraus vorspringenden Sockel, darauf links Fortitudo und rechts Prudentia. Die beiden Säulen trugen ein mit Engelsköpfen besetztes breites Gesims, das an den Seiten vorsprang. Darüber eine von Voluten umgebene querovale Kartusche mit der Inschrift B, oben als bekrönende Figur ein Engel. Unterhalb des Ölgemäldes ein mit einem Engelskopf besetzter Fries, der links und rechts von die Säulen tragenden Sockeln begrenzt wurde, darauf ebenfalls jeweils ein Engelskopf. Unter dem Fries eine von Ornamentwerk eingefaßte querrechteckige, unten abgerundete Tafel mit der Inschrift C.2)

Inschriften nach Photographie.

Schriftart(en): Kapitalis (A), Fraktur (B, C).

  1. A

    I(ESUS) . N(AZARENUS) . R(EX) . I(UDEORUM) 3)

  2. B

    Ich weiß an welchen ich / glaube und bin gewiß daß Er kan / mir meine belage bewahren , bisz / An Jenen Tag . 2 . Timo . I 4)

  3. C

    Anno 1584 . Jst der Edle Veste und Manhaffte Thomas Fillier . von vornehmen vnd / Christlichen Eltern , als seinem vatter Peter Fillier und seiner mutter Catharina Delamella auff diese Welt gebohren in der / wolbekanten Stadt Lemburgk unter den Niederländischen Provincien hat in seiner Jugend anfangs dem Könige in / Spanien . hernach dem Römischen Keyser Rudolpho etliche Jahr im krige gedienth vnd nach dem Viel Länder / und Königreiche durchzogen Jst Anno 1614 anhero in Braunschweig kommen vnd bey dieser löbliche(n) / Stadt sich zuerst für einen gefreyten bestellen laszen , baldt dar auff er wegen seines wolverhaltens das / Fähnlein und hernach die Leutnandschafft erlanget , ferner zum Capitain uber zwey Compagnie(n) / vnd endlich zum Major bestellet worden , welches letzere Officium Er auch eine geraume / Zeit redlich verwaltet . Hat sich Anno 1617 . vermählet mit der Ehr und vieltugendsahmen / Jungfer Margaretha Hoffmeisters , weilandt Herrn Wolff Hoffmeisters und Catharinen von / der leine eheleiblichen tochter , mit welcher Ehr durch Gottes Segen im heiligen Ehestand gezeuget / Vier Söhnlein , welche alle in Christo Selig entschlaffen , Hat Gott dem herrn zu Ehren diese / Kirche vermahlen , vnd solches Epitaphium alhier aufricht(en) lassen . Anno 1650 den / 7. Aprilis

Übersetzung:

Photographie: NLD Hannover, BS 18553. – Sammlung Sack, Nr. 128, p. 8f. u. p. 161 (Zeichnung). – Abb.: Meier, Kunsthandwerk, Abb. 123. Jünke, Zerstörte Kunst, S. 40.

Kommentar

Der aus Limburg in den Niederlanden stammende Thomas Fillier machte eine Militärkarriere. Als junger Mann begab er sich in den Dienst der spanischen Krone, später verdingte er sich im Heer Kaiser Rudolphs. Im Jahr 1613 kam er nach Braunschweig und wurde von der Stadt als Fähnrich eingestellt, 1615 wurde er zum Hauptmann über zwei Kompanien ernannt, 1631 zum Oberhauptmann der Stadt. In der Leichenpredigt für Thomas Fillier werden die besonderen Verdienste hervorgehoben, die er sich bei der Belagerung Braunschweigs im Jahr 1615 erwarb. Im Jahr 1617 heiratete Thomas Fillier die aus Magdeburg stammende Margaretha Hoffmeister. Das Ehepaar, das im Jahr 1649 ein Kreuzigungsgemälde (Nr. 961) für die Andreaskirche stiftete, ließ sein Epitaph noch zu Lebzeiten anfertigen. Die Inschrift C läßt darauf schließen, daß Thomas Fillier auch eine Ausmalung der Andreaskirche finanzierte. Margaretha Hoffmeister starb im Jahr 1657, Thomas Fillier am 10. April 1665.5)

Anmerkungen

  1. Vgl. Jünke, Zerstörte Kunst, S. 36.
  2. Beschreibung nach Photographie NLD Hannover, BS 18553.
  3. Io. 19,19.
  4. 2. Ti. 1,12.
  5. Die biographischen Angaben nach der Leichenpredigt, Roth, Auswertungen, Nr. 4245.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 972† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0097203.