Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 844 Städtisches Museum 1634

Beschreibung

Dekachord.1) Tannenholz. Es handelt sich um einen länglichen Kasten, der an den Seitenflächen mit gebeiztem Ahorn- und Ebenholz ausgelegt ist. Auf der Decke ein Schalloch in Form einer Rosette. Das Instrument ist mit zehn Saiten bespannt, die durch verschiebbare Holzstege in ihrer Tonhöhe verändert werden können. Anhaltspunkte für die unterschiedlichen Stimmungen geben die in Tinte ausgeführten Inschriften und geometrischen Figuren. Ein Teil der Beschriftungen ist heute nicht mehr deutlich lesbar. Wiedergegeben sind hier lediglich diejenigen Inschriften, die aus sich heraus verständliche Texte bilden. Die Bezeichnungen der Tonabstände, Tonhöhen und andere Beschriftungen, die nur innerhalb der Anordnung auf dem Instrument einen Sinn ergeben, fehlen hier, da das komplizierte System, in dem sie stehen, den Rahmen dieser Edition sprengt.

Inschriften ergänzt nach der Inschriftensammlung Mack.

Maße: H.: 6 cm; B.: 81 cm; T.: 9,5 cm; Bu.: 0,2–0,4 cm.

Schriftart(en): Humanistische Minuskel mit Versalien.

  1. A

    Tetrachordum

  2. B

    Schema triadis harmoni/cae in Unitate fundatae / sicut in sonis gravioribus / manifestum . Si enim / profundior quaedam chor-/da tangatur sola , perci-/pientur statim tres di-/versi soni Triadem / harmonicam consti/tuentes in hisce nume-/ris 1 3 5 / et dicitur haec Trias / Diffusa quod eius [soni / percita(n)tur diffusione / ut :]

  3. C

    Septenarius / numerus sacer quie-/torius et virgineus / nullam pariens conso-/nantiam: Limes / qualisa) inter consonan-/tias in senario com/prehensas , et Disso/nantias ab octenario / primum incipientes / quod mirum .

  4. D

    Monochordum / est / Canon Radix et Ma/ter omnium Instrumento-/rum Musicorum

  5. E

    Monochordum / vel poti(us) / Dekachordum / ad utramq(ue) scalam / Diatonam scilicet et / Syntonam / ut et ad usitatiora / veterum Tetra/chorda / accurate delinea/tum / ab / Henrico Grimmiob) / Magdeburgi primum / Anno 1630 / deinde Brunopoli / revisum et d(einde) / auctum / anno / 1634 / [prid(ie) Lucie2) / absolut(um)]

Übersetzung:

Schema des Dreiklangs, der in einer Einheit begründet ist, sowie es in tieferen Tönen augenscheinlich ist. Wenn nämlich irgendeine tiefere Saite allein berührt wird, wird man sofort drei verschiedene Töne vernehmen, die einen Dreiklang begründen in diesen Zahlen 1, 3, 5, und genannt wird diese Dreizahl ausgedehnt, weil ihre Töne durch ein Sich-Ausbreiten erzeugt werden, so daß ... (B) Die heilige, ruhige und jungfräuliche Siebenzahl, die keinen Zusammenklang hervorbringt, wie eine Grenze zwischen den in der Sechszahl zusammengefaßten Zusammenklängen und den von der Achtzahl zuerst beginnenden Dissonanzen, was wundersam ist. (C) Das Monochord ist die Richtschnur, die Wurzel und die Mutter aller Musikinstrumente. (D) Das Monochord oder vielmehr das Dekachord, zu beiden Skalen, das heißt der diatonischen und der syntonischen, wie auch zu den gebräuchlicheren Tetrachorden der Vorfahren sorgfältig entworfen von Heinrich Grimm, zum ersten Mal in Magdeburg im Jahr 1630, hierauf in Braunschweig verbessert und danach vermehrt vollendet im Jahr 1634 am Vortag des Festes der Lucia. (E)

Kommentar

Heinrich Grimm stammte aus Holzminden und war als Kantor und Lehrer in Magdeburg tätig. Im Jahr 1631 floh er aus dem zerstörten Magdeburg nach Braunschweig und wurde hier Kantor an der städtischen Musikschule.3) Heinrich Grimm war auch als Komponist tätig. Er starb am 10. Juli 1637.4)

Textkritischer Apparat

  1. Der letzte Buchstabe hochgestellt.
  2. Das zweite m über dem ersten.

Anmerkungen

  1. Inv. Nr. Ck 1. Es handelt sich hierbei weniger um ein Musikinstrument, als vielmehr um ein Instrument, anhand dessen Musiktheorie veranschaulicht werden konnte. In der Herzog August-Bibliothek Wolfenbüttel befindet sich unter der Signatur 2.12 Musica eine auf dieses Instrument bezogene musiktheoretische Schrift Heinrich Grimms mit dem Titel Instrumentum Instrumentorum, hoc est Monochordum, vel potius Decachordum. Für den freundlichen Hinweis danke ich Prof. Martin Staehelin (Göttingen), für den Nachweis der Signatur Dr. Helmar Härtel (Wolfenbüttel).
  2. 12. Dezember.
  3. Vgl. Hans Schröder, Instrumente, Instrumentenmacher und Instrumentisten in Braunschweig. Braunschweig 1928 (Braunschweiger Werkstücke 3), S. 60.
  4. Robert Eitner, Quellenlexikon der Musiker und Musikgelehrten. Leipzig 1901, Bd. 4, S. 378–380.

Nachweise

  1. Hans Schröder, Verzeichnis der Sammlung alter Musikinstrumente im Städtischen Museum Braunschweig. Braunschweig 1928 (Braunschweiger Werkstücke 3), S. 7f.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 844 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0084409.