Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 624 St. Katharinen 1589

Beschreibung

Grabplatte des Ludolph Schrader. Sandstein. Die Grabplatte ist heute im Inneren der Kirche an der Nordwand aufgestellt; zur ursprünglichen Situation des Grabes vgl. Nr. 625. Der hochrechteckige Stein zeigt eine Darstellung des Verstorbenen im Flachrelief. Er trägt einen Mantel mit hohem reich gemusterten Kragen, das Muster setzt sich auf den Mantelaufschlägen und am Saum fort. Die Figur steht in einer Bogennische, deren architektonischer Aufbau detailliert herausgearbeitet ist. Oben vor dem Scheitel des Bogens ein großes, beidseitig von je zwei Putten gehaltenes Vollwappen. Zu Füßen des Mannes links zwei und rechts drei Putten, von denen jeweils nur ein im Vordergrund stehender Putto stärker im Relief herausgearbeitet ist. Die Inschrift A verläuft über Leisten ober- und unterhalb des Bildfeldes. Oberhalb des rechten Fußes der Figur die Künstlersignatur B. Die qualitativ sehr hochwertige Grabplatte weist sehr fein gestaltete Details auf. Dies gilt sowohl für die Figur und Kleidung des Dargestellten als auch für die Gruppen von Putten und die Hintergrundarchitektur. Die Inschrift A ist erhaben gehauen, die Inschrift B vertieft eingehauen.

Maße: H.: 253 cm; B.: 107 cm; Bu.: 5 cm (A), 2 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis.

Sabine Wehking [1/4]

  1. A

    LVDOLPHVS SCHRADER LEGV(M) CANONVMQ(VE) DOCT(OR) / OBIIT ANNO D(OMI)NJ MDa) XIC VIII IVLII

  2. B

    EB . W .

Übersetzung:

Ludolph Schrader, Doktor des zivilen und kanonischen Rechts, starb im Jahr des Herrn 1589 am 8. Juli. (A)

Meier, Grabdenkmalkunst, S. 64 (B), Abb. ebd. – Meier, Kunsthandwerk, S. 43 (B), Abb. 54. – Schultz, Grabmale, S. 41 (A).

Wappen:
Schrader1)

Kommentar

Die Grabplatte wurde in der Hildesheimer Werkstatt des Bildhauers Ebert Wolf d. J. angefertigt, der dafür 40 Taler erhielt (vgl. dazu Nr. 623). Die drei Buchstaben der Künstlersignatur weisen eine Linksneigung auf. Die linke Schräghaste des W ist nach oben in eine über die beiden vorangehenden Buchstaben geführte Schleife ausgezogen. (Zu der Künstlersignatur Ebert Wolfs d. J. vgl. a. Nr. 621.) Die rechtsgeneigte Kapitalis der Grabschrift zeigt als besonderes Merkmal oben an den Bogenenden von S und C ansetzende Häkchen, die nach links zurückgebogen sind und über die vertiefte Zeile hinausgreifen. Ein wesentliches Indiz für die Zuschreibung des Grabdenkmals an Ebert Wolf d. J. und nicht an seinen Vater ist neben der Künstlersignatur die Gestaltung der Putten, die auf den Grabdenkmälern Ebert Wolfs d. Ä. nicht vorkommen. Die in unterschiedlichsten Positionen dargestellten Putten, die sich auch auf dem Epitaph des Fritze von der Schulenburg (Nr. 629) und auf dem Epitaph des Burchard von Landsberg am Hildesheimer Dom2) finden, zeigen die hohe bildhauerische Begabung Ebert Wolfs d. J., die die seines Vaters um einiges übertrifft.3) Die Putten Wolfs sind sehr lebensecht als dicke Kleinkinder in natürlichen Bewegungen dargestellt.

Ludolph Schrader traf in seinem Testament genaue Bestimmungen darüber, wie seine Grabplatte auszusehen habe. Vermutlich wurde die in einer leicht rechtsgeneigten Kapitalis ausgeführte Inschrift A aufgrund einer Vorzeichnung Schraders gehauen (vgl. Nr. 623). Dies könnte auch erklären, warum hier nicht die in der Wolfschen Werkstatt so beliebte Fraktur Verwendung fand (vgl. dazu Nr. 629).

Textkritischer Apparat

  1. Neulateinische Zahlzeichen.

Anmerkungen

  1. Wappen Schrader (bekrönter Löwenrumpf). Vgl. Siebmacher/Hefner, Wappenbuch, Bd. 2, Abt. 2, S. 8 u. Tafel 7.
  2. Vgl. Christine Wulf, Der Hildesheimer Dom als Grablege. In: Kat. Ego sum Hildensemensis, hg. v. Ulrich Knapp (Kataloge des Dom-Museums Hildesheim, Bd. 3), Hildesheim 2000, S. 245–287, hier G29, S. 264f.
  3. Vgl. Kurt Findel, Die Bildhauerfamilie Wulff in Hildesheim. Diss. phil. 1934, S. 11–31. Findel hebt bereits hervor, daß Ebert Wolf aufgrund seiner künstlerischen Fähigkeiten höchstes Ansehen genoß (S. 11), und schreibt daher auch ihm, nicht seinem Vater, die Grabplatte für Ludolph Schrader zu (S. 13).

Nachweise

  1. Meier, Grabdenkmalkunst, S. 64 (B), Abb. ebd.
  2. Meier, Kunsthandwerk, S. 43 (B), Abb. 54.
  3. Schultz, Grabmale, S. 41 (A).

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 624 (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0062403.