Inschriftenkatalog: Stadt Braunschweig von 1529 bis 1671

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 56: Stadt Braunschweig II (2001)

Nr. 482† Dom St. Blasii 1559

Beschreibung

Glasfenster im nördlichen Kirchenschiff. Die Fenster waren bereits zu Beginn des 18. Jahrhunderts nicht mehr vorhanden.1) In den fünf Fenstern (A–E) waren die Herzöge und Herzoginnen des Braunschweiger Fürstenhauses in Lebensgröße dargestellt, und zwar je drei Personen in einem Fenster, wobei jedes Fenster einer Linie des Fürstenhauses zugeordnet war: Wolfenbüttel, Grubenhagen, Calenberg, Lüneburg, Wolfenbüttel.2) Oberhalb der Darstellungen befanden sich jeweils die Namen, einigen Herzögen war unterhalb der Darstellung noch eine Versinschrift zugeordnet; außerdem waren in den Fenstern die Wappen der abgebildeten Personen dargestellt.

Inschriften nach Rehtmeyer.

  1. A

    Von GOttes Gnaden Maria gebohrne von Wirtenberg Hertzoginn zu Braunschweig und Lüneburg

    Von GOttes Gnaden Heinrich der Jünger Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg

    Von GOttes Gnaden Sophia gebohrne aus Königlichem Stamm zu Polen Hertzoginn zu Braunschweig und Lüneburg

  2. B

    Von GOttes Gnaden Wolffgang Hertzog zu Braunschw(eig) und Lüneburg Nec Wolffgange latet pietas tua et inclyta virtus Te clarum Heroen Gallica bella canunt

    Von GOttes Gnaden Philippus Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Ingenti studio fraterna exempla Philippus Dum seqvitur laudis non habet ille minus

    Von GOttes Gnaden Ernst Hertzog zu Braunschweig und Lüneburg Constans assertor fidei bellator et acris Ernestus sese nomina digna gerit

  3. C

    Von GOttes Gnaden Sidonia, Hertzoginn zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) gebohrne Hertzoginn zu Sachsen

    Von GOttes Gnaden Erich der Jünger Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) En tibi bellipotens sublimia pectora Mavors Qveis tua fama diu vivet Erice dedit

    Von GOttes Gnaden Erich der Aelter Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Qva iacet uberibus praelustris Hagonia terris Imperii acta gerens clarus Ericus obit

  4. D

    Von GOttes Gnaden Wilhelm Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Sanguis avitus inest tibi Dux generose Wilhelme Laude igitur dignus dignus es eulogio

    Von GOttes Gnaden Heinrich Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Heroum suboles Heros clarissime magnum De te Hinrice sibi patria spondet humus

    Von GOttes Gnaden Frantz Otto Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Vix Sprea Francisco nuptam piscosus Othoni Junxerat illa pio nunc regit orba viro

  5. E

    Von GOttes Gnaden Julius Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Ex Fabiis Fabium Mars texerat omnibus unum Fratribus extinctis Julius esto super

    Von GOttes Gnaden Philippus Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Bella seqvi belloqve mori tua strenua virtus Te juvit clari stirps qvoqve clara Patris

    Von GOttes Gnaden Carolus Hertzog zu Braunsch(weig) und Lüneb(urg) Labitur ex saevo bombardae Carolus ictu Qvando fugat patriae bella cruenta suae

Übersetzung:

Wolfgang, deine Frömmigkeit und berühmte Tugend sind nicht unbekannt. Dich berühmten Helden besingen die französischen Kriege. Während Philipp mit ungeheuer großem Eifer den brüderlichen Beispielen folgt, hat er nicht weniger an Lob. Als standhafter Verteidiger und strenger Vorkämpfer des Glaubens trägt Ernst seiner selbst würdige Titel. (B)

Siehe, dir, Erich, gab der kriegsgewaltige Mars eine erhabene Gesinnung, durch die dein Ruhm lange lebt. Dort wo das hochberühmte Hagenau in der fruchtbaren Landschaft liegt, starb der berühmte Erich, als er in den Angelegenheiten des Reiches tätig war. (C)

In dir, edler Herzog Wilhelm, fließt das großväterliche Blut, daher bist du des Lobes würdig, würdig der rühmenden Inschrift. Nachkomme von Helden, hochberühmter Held, von dir, Heinrich, erwartet das Vaterland Großes. Kaum verband die fischreiche Spree die Braut mit Franz Otto, regiert jene nun des frommen Mannes beraubt. (D)

Von allen Fabiern hatte Mars einen einzigen Fabier geschützt. Julius bleibe unter den (vom Tod) ausgelöschten Brüdern noch lange am Leben. Dir half deine strenge Tugend, den Kriegen zu folgen und im Krieg zu sterben, berühmter Nachkomme eines ebenso berühmten Vaters. Karl fiel infolge eines heftigen Schusses eines Feuergeschützes, als er grausame Kriege seines Vaterlandes vertrieb. (E)

Versmaß: Elegische Distichen.

Kommentar

Die Darstellungen und Inschriften beziehen sich auf die erste Frau Heinrichs d. J., Maria von Württemberg, Heinrich d. J., seine zweite Ehefrau Sophia von Polen; die Söhne Philipps I. von Grubenhagen, Wolfgang und Philipp II.; Ernst den Bekenner; die erste Frau Erichs d. J., Sidonia von Sachsen; Erich d. J. von Calenberg; seinen Vater Erich d. Ä.; die Söhne Ernst des Bekenners, Wilhelm, Heinrich und Franz Otto. Letzterer starb am 29. April 1559 nur wenige Wochen nach seiner Heirat mit Elisabeth Magdalena von Brandenburg am 5. Februar desselben Jahres. Von den in den Inschriften genannten Söhnen Heinrichs d. J., Julius, Philipp und Karl, fielen die beiden letztgenannten im Jahr 1553 in der Schlacht von Sievershausen. Hierauf nimmt die Inschrift E Bezug. Den terminus post quem für die Entstehung der Fenster bildet das Todesjahr 1559 des in der Inschrift D als verstorben genannten Franz Otto. Gesine Schwarz hat nachgewiesen, daß die einzelnen Linien des Fürstenhauses Braunschweig-Lüneburg die Fenster im Jahr 1559 stifteten.3) Dies läßt sich verschiedenen in den Staatsarchiven Wolfenbüttel und Hannover aufbewahrten Briefen der Braunschweiger Herzöge und des Kapitels St. Blasii entnehmen.4)

Anmerkungen

  1. Rehtmeyer, Kirchen-Historie, Teil 1, S. 107.
  2. Zu der Stiftung der Fenster und ihrem Bildprogramm: Schwarz, Fensterstiftungen, S. 111–128.
  3. Ebd., S. 118f.
  4. STA Wolfenbüttel, 11 Alt Blas. Nr. 297; HSTA Hannover, Cal. Br. 21, Nr. 37 (nach Schwarz, Fensterstiftungen, Anm. 92).

Nachweise

  1. Rehtmeyer, Kirchen-Historie, Teil 1, Beilage S. 91f.
  2. STA Wolfenbüttel, 11 Alt Blas. 730, fol. 6v–7v.
  3. Zeiler, Topographia, S. 54f.
  4. Schwarz, Fensterstiftungen, S. 113f.

Zitierhinweis:
DI 56, Stadt Braunschweig II, Nr. 482† (Sabine Wehking), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di056g009k0048207.