Einleitung: Stadt Braunschweig. Kloster Riddagshausen und eingemeindete Dörfer

3. Überlieferung

Von den insgesamt 73 erfassten Inschriftenträgern sind 43 im Original ganz oder teilweise erhalten, 30 Inschriften konnten hingegen nur nach älteren Abschriften ediert werden. Die kopial überlieferten Inschriften machen demnach für den Gesamtbestand einen Anteil von etwa 40 Prozent aus, für das Kloster Riddagshausen liegt der Anteil sogar bei etwa 52 Prozent. Der hohe Anteil der nur noch kopial überlieferten Inschriften ist zum einen durch die zahlreichen und wiederholten Zerstörungen während der landesherrschaftlichen und religiös geprägten Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Braunschweig und den Herzögen von Braunschweig-Wolfenbüttel zwischen dem 15. und 17. Jahrhundert zu erklären, die unter anderem zu dem Verlust der gesamten mittelalterlichen Ausstattung der Riddagshäuser Klosterkirche führten.10) Dazu kommt, dass im 18. und 19. Jahrhundert zahlreiche Renovierungsarbeiten sowie Neu- und Umbauten der Kirchengebäude stattfanden, denen oftmals die gesamte Inneneinrichtung zum Opfer fielen. Zum anderen kann der hohe Anteil kopialer Überlieferung zugleich durch die relativ dichte Überlieferungslage für das Kloster Riddagshausen erklärt werden.

Die älteste Überlieferung für das Kloster Riddagshausen stellt die von dem Dichter und Historiker Heinrich Meibom (1555–1625) verfasste Riddagshäuser Klosterchronik dar. Meibom, der von 1583 bis zu seinem Tod an der Universität Helmstedt als Professor für Dichtkunst und Geschichte tätig war, erstellte die Klosterchronik in Form einer Abtsliste, die er durch biographische und historische Erzählungen anreicherte. Auftraggeber und Finanzier war der mit ihm befreundete Riddagshäuser Abt Peter Windruwe (Kat.-Nr. 47). Die Chronik erschien erstmalig 1605. Eine zweite, berichtigte Auflage erfolgte 1620, nachdem ein von Meibom zuvor unbekannter Abt entdeckt wurde. 1688 erfolgte schließlich die dritte Auflage, die von Meiboms gleichnamigen Enkel posthum veröffentlicht wurde. Lediglich vier Inschriften gibt Meibom in seiner Chronik wieder, von denen jedoch drei nur noch durch ihn überliefert sind; wahrscheinlich gingen sie bei den Zerstörungen des Klosters nur ein Jahr nach der Fertigstellung der Chronik 1606 verloren. Auf Angaben zu den Inschriftenobjekten oder der Gestaltung der Inschrift verzichtete Meibom bei seiner Verzeichnung.

Neben der Meibomschen Klosterchronik finden sich in der von Johannes Letzner (1531–1613) zusammengestellten Braunschweig-Lüneburgischen Chronica, die sich in einer Abschrift des späten 17. Jahrhunderts und einer, teilweise von der erstgenannten leicht abweichenden Abschrift aus dem frühen 18. Jahrhundert in der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen erhalten hat, einige wenige Hinweise auf bereits zerstörte Inschriften. Bei der Wiedergabe der Inschriften ist, wie Beispiele aus anderen niedersächsischen Regionen zeigen, mit einer Normalisierung der Sprache und des Schreibstils zu rechnen.11)

Eine etwas größere Anzahl verlorener Inschriften ist durch den Braunschweiger Kupferstecher Anton August Beck (1713–1787) überliefert, der bereits für die beiden erschienen Bände der Braunschweiger Inschriften eine wesentliche Quelle darstellte.12) Alle Inschriften, die in seinem in den Braunschweigischen Anzeigen 1759 veröffentlichten Artikel aufgeführt werden, sind heute verloren; für vier der sechs Inschriften stellt er die einzige veröffentlichte Quelle dar.

Eine weitere wichtige Quelle für die zahlreichen in der Klosterkirche befindlichen Grabdenkmäler bietet das 1753 in Auftrag von Herzog Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1713–1780) gegebene Grabdenkmälerverzeichnis. Das Verzeichnis enthält Angaben zum Standort und Erhaltungszustand sowie eine kurze Beschreibung der Objekte und der Lesung ihrer Inschrift(en). Verzeichnet wurden alle Grabdenkmäler Vornehmer, Gelehrter und anderer eingermaßen merckwürdiger Personen. Insgesamt 56 Grabdenkmälern sind in dem Verzeichnis vermerkt; daneben findet sich auch eine Zusammenstellung der in Hondelage befindlichen Grabmäler. Ein Vergleich mit den noch erhaltenen Inschriften zeigt, dass die Wiedergabe der Inschriften oftmals in ihrer Schreibung normalisiert wurde.

Weitere Erwähnungen einzelner Grabplatten finden sich verstreut in der Literatur des 19. Jahrhunderts wieder, bieten jedoch nur vereinzelt alternative Lesungen an.

In der 1896 von dem Braunschweiger Baurat Hans Pfeifer (1849–1933) veröffentlichten Monographie über die Klosterkirche Riddagshausen sind zwei bis dahin unveröffentlichte Inschriften wiedergegeben. Wichtiger erscheint das Werk jedoch hinsichtlich seiner darin enthaltenen Fotographien und Zeichnungen, die den Zustand der Kirche und ihrer Ausstattung nach den umfangreichen Renovierungsarbeiten zwischen 1856 und 1883 dokumentieren.

Im Vergleich zum Kloster Riddagshausen liegt für die übrigen im Bearbeitungsgebiet befindlichen Ortschaften eine weniger dichte Überlieferungslage vor. Die wichtigste Quelle bilden die sogenannten Corpora bonorum, die im Auftrag des Herzogtums Wolfenbüttel von den jeweiligen Kirchengemeinden in der Mitte des 18. Jahrhunderts verfasst wurden und die neben Angaben zu Besitztiteln Abschnitte zur Geschichte, Bau und Ausstattung der jeweiligen Kirche enthalten. In welchem Umfang hierbei die an und in der Kirche befindlichen Inschriften wiedergegeben wurden, wenn überhaupt, ist dabei jedoch von Ort zu Ort verschieden.

Im Auftrag des Ortsvereins für Geschichte und Alterthumskunde zu Braunschweig und Wolfenbüttel wurde in den Jahren 1879–1890 ein Inventar von den Bau- und Kunstdenkmälern des Herzogtums Braunschweig durchgeführt. Die hierzu angefertigten Aufnahmebögen befinden sich im Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel. Sie bilden die Grundlage der zwischen 1896 und 1922 von Paul Jonas Meier und Karl Steinacker erarbeiteten Bände der Bau- und Kunstdenkmäler des Herzogthums Braunschweig. Die meisten der in den entsprechenden Bänden und Aufnahmebögen genannten Inschriftenobjekte sind bis heute erhalten, nur für einige wenige verlorene Objekte stellen sie die einzige Quelle da. Der Vergleich mit den noch erhaltenen Objekten zeigt eine Normalisierung der Sprache und Schrift, mit der bei kopialer Überlieferung stets zu rechnen ist.

Neben den genannten waren weitere Inschriften als Streufunde in Ortschroniken oder verschiedenen Zeitschriftenartikel zu finden.

Zitationshinweis:

DIO 7, Braunschweig III, Einleitung, 3. Überlieferung (Anna Weissmüller), in: www.inschriften.net,   urn:nbn:de:0238-dio007g003e008.

  1. Vgl. Langerfeldt, Verheerungen im Kloster Riddagshausen. »
  2. Vgl. DI 96 (Lkr. Northeim), Nr. 7, 40, 64, 108»
  3. Vgl. DI 35 (Stadt Braunschweig I), S. XXXVIIIXXXIX u. DI 56 (Stadt Braunschweig II), S. XXIIXXIV»