Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 302† Turnierstraße 8/Heydenstraße (ass. 630) um 1500/1507/1595

Beschreibung

Hausinschriften. Das Eckhaus umschloß einen weitläufigen Hof, der die baulichen Veränderungen eines städtischen Grundstückskomplexes in mehreren Jahrhunderten zeigte1). Die traufenständige Front des Hauses auf der Turnierstraße ging über neun Fach, die Seitenfront auf der Heydenstraße über elf Fach. Die Schwellen des ersten und zweiten Geschosses waren mit einfachem Treppenfries, geschnitzten Balkenköpfen und Kerbknaggen geschmückt. Die Turnierstraßenfront erhielt im 18. Jahrhundert einen über fünf Fach gehenden Mansarderker, im Erdgeschoß vergrößerte Fenster und eine Haustür mit Oberlicht, dafür entfiel die Toreinfahrt. Als ältester Teil stammte die Kemenate rechts neben der Seitenfront an der Heydenstraße aus dem 13. Jahrhundert. Die Photographie von kurz vor der Zerstörung 1944 zeigt an der Außenfassade im Erdgeschoß unterschiedliches Mauerwerk, ferner im Erdgeschoß Vorhang-Fenstergewände aus dem Anfang des 15. Jahrhunderts, im ersten Geschoß zwei Doppelfenster, umrahmt von Eierstabornamentik des späten 16. Jahrhunderts2). In Höhe des oberen Drittels der Fenster des ersten Geschosses reichte ein Schwellenrest des linken Fachwerkhauses über Balkenkopf und Knagge in die alte Kemenatenmauer hinein. Auf diesem befand sich erhaben eingeschnitzt ein Teil einer Hausinschrift von etwa 1500 aus der Fachwerküberbauung der Kemenate (A). Der Umbau zu einem repräsentativen Wohnhaus erfolgte 1595 durch die Beseitigung der Fachwerküberbauung, Aufmauern des ersten Geschosses und Aufbau des zweiten vorkragenden Fachwerkgeschosses. Das Facettband der Schwelle wurde links und rechts unterbrochen durch die erhaben herausgeschnitzten Wappen der Erbauer. Rechts und links neben den Wappen die Jahreszahl C. Beide Wappen fanden sich auch in der Innenausstattung des Gebäudes: am Aufsatz des Türgewändes am Eingang zum Hauptraum des Untergeschosses und über den Kaminen des ersten und zweiten Geschosses3). Der zeitliche Zusammenhang zwischen der Fachwerküberbauung der Kemenate und dem Bau des Haupthauses an der Turnierstraße mit Seitenfront zur Heydenstraße ist nicht gesichert. Die Inschrift B befand sich im Treppenfries der Schwelle des ersten Geschosses aus den Balkenköpfen erhaben herausgeschnitzt und somit auf einem anderen Niveau als der Inschriftenrest in der Kemenatenmauer. Links vor und rechts hinter der Inschrift je ein Wappen, darunter eine Hausmarke. Die Inschrift kam 1921 hinter der Verschalung zum Vorschein.

Inschriften nach Slg. Mack.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    (iesus)a) ma(ria)b)

  2. B

    anno d(omi)ni m° ccccc° vii° i(n) die ioh(ann)is bap(tis)te

  3. C

    1595c)

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1507 am Tag Johannis d. T. (24. 6.) (B)

Wappen:
Ebeling Schomaker ? (nach links oben gerichteter silberner Fisch); nicht identifiziert (nach rechts gerichteter Löwenkopf, der untere Teil längsgeteilt in einen grünen und einen blauen Balken)4); Velstede, Schrader5).

Textkritischer Apparat

  1. ihs.
  2. Zwei Kürzungspunkte über dem a.
  3. Die erste Zahl vor, die zweite hinter dem Wappen Velstede. In gleicher Weise die dritte und vierte Zahl vor und hinter dem Wappen Schrader.

Anmerkungen

  1. Fricke, 1975, Abb. 226–227, 231–233.
  2. Ebd., Taf. 84.
  3. Fricke, 1975, Abb. 231–233; Kamin des ersten Obergeschosses im Städtischen Museum Braunschweig.
  4. Hausmarke verkehrt herum eingeschnitzt; Kämpe, Wappenbuch I, S. 119 und 203.
  5. Kämpe, Wappenbuch I, S. 110, 189. Ein Bodo von Velstede († 1568) ist von 1545–1566 als Ratsherr der Altstadt bezeugt, vgl. Spieß, 1970, S. 222.

Nachweise

  1. Sack, H V, 90, S. 11; Meier/Kämpe, 1903, S. 4; Steinacker, 1924, S. 127; Hans Adolf Schultz, Die letzten Braunschweiger Kemenaten, in: Braunschweigische Heimat 41, 1955, S. 6–14, hier S. 14; Bergholz, S. 70; Fricke, 1975, S. 132, 166f., Taf. 83a/d, 84.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 302† (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0030204.