Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 86† 1411

Beschreibung

Geschütz, im 15. und 16. Jahrhundert innerhalb der Stadtbefestigung, später im Zeughaus aufgestellt. Wegen der schweren Beweglichkeit des 8228 kg schweren, aus Bronze gegossenen Böllers1) wurde es die ‚Faule Mette‘ genannt. Es war aus vier großen und drei kleineren Zylindern zusammengesetzt, die durch aufgesetzte, viergeteilte Bänder befestigt wurden, und lagerte auf einer halb in den Boden eingegrabenen Holzverschalung. Die Inschrift befand sich in zwei rechts und links durch das Stadtwappen eingefaßten Zeilen auf dem vordersten Zylinder, hinter dem aufgewölbten Ausschuß. Auf dem zweiten großen Zylinder die Meistermarke des Gießers, auf dem dritten großen Zylinder als gegossenes Relief Herkules mit geschwungener Keule im Kampf mit der Hydra. Der mittlere kleine Zylinder trug ebenfalls das Gießerzeichen, der dritte, untere Zylinder, der Abschuß, zeigte als gegossenes Relief ein Geschützrohr mit wegfliegender Kugel. 1787 eingeschmolzen.

Inschrift nach J. G. Beck.

Maße: L.: 290 cm; Kaliber: 76 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. na · godes · bort · m · c°c°c°c° / · in · dem · elften · iar

Kommentar

Das 1411 von dem Grapengießer Henning Bussenschutte gegossene Geschütz war das zweitgrößte im mittel- und westeuropäischen Raum2). Es wurde bei Belagerungen zum Schlagen von Breschen verwendet und ist 1717 aus Anlaß des Reformationsjubiläums noch einmal abgefeuert worden. Dabei wurde eine 730,5 Pfund schwere Kugel mit 52 Pfund Musketenpulver vom Wall beim Peterstor in Richtung auf den Wendenturm 2442 m weit ausgeworfen3). Im gleichen Jahr erschien eine Broschüre des Kupferstechers Johann Georg Beck mit einer Abbildung des Geschützes und Abzeichnung der Inschrift wie des Herkulesreliefs4). 1730 wurde die Faule Mette zum letzten Mal abgefeuert. Das schon durch seinen volkstümlichen Namen, erst recht durch seine Größe bis ins 19. Jahrhundert in Braunschweig unvergessene Geschütz ist in verschiedenen Publikationen zur Stadtgeschichte wie auch in Einzeluntersuchungen behandelt und nach den Beckschen Kupferstichen abgebildet worden.

Anmerkungen

  1. Die Zahlen von Gewicht, Munition, Pulververbrauch und Reichweite sind sehr unterschiedlich überliefert. Die hier genannten Zahlen stammen aus der Broschüre von J. G. Beck von 1717.
  2. Vgl. Kat. Stadt im Wandel 2, Nr. 761, S. 866.
  3. Vgl. ebd., nach J. G. Beck.
  4. Abb. bei Spies, 1976, S. 54f.

Nachweise

  1. J. G. Beck, Abbildung und Beschreibung Des gar alten in der Stadt Braunschweig von langer Zeit seyenden Metallenen Geschützes genannt die Faule Mette, Braunschweig 1717; J. G. Möring, Artilleriemäßiger Entwurff der faulen Mette, Braunschweig 1730; Sack, 1847, S. 298f.; Heinrich Meier, Die Artillerie der Stadt Braunschweig, in: Zs. des Harzvereins für Geschichte und Alterthumskunde 30, 1897, S. 35–112, hier S. 44–47 (Abb.); Fuhse, 1935, S. 10f.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 86† (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0008605.