Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)
Nr. 14 Herzog Anton Ulrich-Museum um 1170
Beschreibung
Buchenholzkästchen; verkleidet mit Furnierteilen aus Edelholz, am Deckelrand eingefaßt mit Elfenbeinstegen1), auf vier kupferne, vergoldete Füße gesetzt. Vier kupfervergoldete zangenförmige Seitenbeschläge und zwei gleichgestaltete Scharniere sichern das Kästchen, das möglicherweise an der Vorderseite noch eine Schließvorrichtung besaß, worauf fünf wie auf dem Würfel angeordnete Nageleindrücke hinweisen2). Auf dem Deckel ist mit vier Nägeln eine rechteckige Grubenschmelzplatte befestigt, die von einem Perlstab eingefaßt und weiß/grün/weiß emailliert gerahmt ist. Die Platte zeigt als vergoldete Gravur auf blauem Mittelfeld den Apostel Matthäus mit Titulus links und rechts des nimbierten Kopfes (A). Er hält in beiden Händen ein von links unten nach rechts oben verlaufendes, an den Enden leicht eingerolltes Schriftband (B). Das Kästchen konnte 1978 vom Herzog Anton Ulrich-Museum aus der Privatsammlung Robert von Hirsch, Basel, erworben werden.
Maße: L.: 21 cm; Br.: 9 cm; H.: 8,5 cm; Bu.: 0,4 cm.
Schriftart(en): Romanische Majuskel.
- A
S(ANCTVS) MATHE/VSa)
- B
VENIE(N)T · DIES · CV(M) · AVFERETVR3)
Übersetzung:
Es werden die Tage kommen, an denen er (ihnen) genommen sein wird. (B)
Textkritischer Apparat
- Der Name wird nach den ersten beiden Buchstaben durch den Kopf des Apostels unterbrochen.
Anmerkungen
- An der linken Schmalseite verloren.
- Die Vermutung, daß auf der vorderen Wandung des Kästchens statt einer Schließvorrichtung ein weiteres Bild des Apostels Matthäus angebracht gewesen sei – nach Bilderhefte 1, S. 12 – läßt sich aus dem Reliquienverzeichnis von 1482, S. 15, nicht erschließen, da dort nur von einem Bild des heiligen Matthäus die Rede ist.
- Mt. 9,15.
- Vgl. Bilderhefte 1, S. 12.
- Vgl. zu dieser Gruppe Kat. Rhein und Maas 2, S. 213ff.; Kat. Stadt im Wandel 2, S. 1203.
- Reliquienverzeichnis von 1482, S. 15; vgl. Falke/Schmidt/Swarzenski, S. 66.
- Bilderhefte 1, S. 12.
Nachweise
- Abb.: Bilderhefte 1, Abb. 16; Kat. Stadt im Wandel 2, S. 1203.
- Lit.: Neumann, Nr. 25; Bodo Hedergott, Furniertes Kästchen aus dem Welfenschatz, in: Kat. Meisterwerke aus der Sammlung von Hirsch erworben für deutsche Museen, hg. von Dietrich Kötzsche, Berlin 1979, S. 31–34; Bilderhefte 1, S. 11–13; Kat. Stadt im Wandel 2, Nr. 1045, S. 1203f.; Falke/Schmidt/Swarzenski, Nr. 19, S. 66.
Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 14 (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0001409.
Kommentar
Während das Kästchen als niedersächsische Holzarbeit mehrere Parallelen um 1200 hat4), wird die Grubenschmelzplatte als maasländisch beeinflußte Arbeit aus dem dritten Viertel des 12. Jahrhunderts angesehen5). Das Stück gehörte zum Kirchenschatz des Stiftes St. Blasii und ist im Reliquienverzeichnis von 1482 genau beschrieben6). Die Textstelle Mt. 9,15 bezeichnet seine liturgische Funktion als ‚Hostiengrab‘ in der Karwoche: „Wenn das kultische Leben am Hochaltar im Höhepunkt der Fastenzeit erstirbt, wird die Hostie von dort entfernt und in einem verhüllten oder verschließbaren Behältnis fortgetragen, um auf einem Seitenaltar ausgestellt zu werden, sie wird damit gleichsam begraben.“7)