Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 368† St. Jacobskirche 1519

Beschreibung

Bleitafel; im Juni des Jahres 1614 bei Reparaturen am Turm der Jakobskirche im Knopf des Turmes gefunden. Bei der Tafel lag ein Pergamentbrief, der wie diese 1519 bei Reparatur des Turmes eingelegt worden war1). Er war in lateinischer Sprache verfaßt, während die Bleitafel in niederdeutscher Sprache das Datum der Renovierung und die Namen des Pfarrers und der Kirchenvorsteher angab. Der Turm wurde 1794 abgebrochen, dabei gingen auch die im Turmknopf eingelegten Dokumente verloren.

Inschrift nach Rehtmeyer.

  1. Achte hundert und eyn und sechstych ys dusse Torne funderet von Bruns Herthoge to Brunswick unde ys renoviert und speret2) anno dusent Vyfhundert und neghtein Conrades Lamphe Rector Procuratores Cord Scheppenstede Albert Haverlandt

Kommentar

Der dazugehörige Pergamentbrief lautete: Dominus vobiscum. Evangelium Johannis cap. 1 In principio erat verbum Etc. Jhesus Nazarenus defendat nos ab omnibus malis. Praesens turris divi Jacobi Apostoli memoriae fundata est anno Domini DCCCLXI ab illustrissimo Duce Danckwardo Brunsw(icensi) Et renovata anno M quingentesimo decimo nono3). Wahrscheinlich ist der lateinische Text des Briefes von dem auf der Bleitafel genannten Pfarrer Conrad Lampe verfaßt worden4). Albert Haverlandt war Knochenhauer von Beruf und Ratsherr der Altstadt 1519–15635); Cord Scheppenstede, Gewandschneider († 1542), war Ratsherr von 1518–15416). Merkwürdig ist der Widerspruch, daß bei Erwähnung der Stadtgründungslegende7), mit der die Jakobskirche eng verknüpft war, auf der Tafel der sagenhafte Herzog Brun als Erbauer der Kirche, in dem Brief aber sein ebenso sagenhafter Bruder Dankward dafür in Anspruch genommen wird. Möglicherweise wollte der Schreiber des Briefes auf die Filialstellung der im 16. Jahrhundert nur noch als Kapelle bestehenden Jakobskirche zu dem von Dankward gegründeten Blasius-Stift verweisen. Das würde die Verfasserschaft durch Conrad Lampe, der Vikar am Blasius-Stift war, noch wahrscheinlicher machen. Bei der neuerlichen Renovierung des Turmes 1614, bei der beide genannten Objekte gefunden wurden, legte der Syndikus Dr. Johannes Kamman wiederum eine Bleitafel mit dem Renovierungsvermerk von 1614 in den Knopf des Turmes ein8).

Anmerkungen

  1. Rehtmeyer weiß von einem „Pergamenen Brieff ... so vom Rost wegen eines Nagels damit er gefasst, etwas verderbt gewesen“ sei; Kirchen-Historie 1, S. 15.
  2. speren: mit Sparrwerk versehen, einen Dachstuhl aufsetzen.
  3. ‚Der Herr sei mit Euch. Das Evangelium des Johannes Kap. 1: Am Anfang war das Wort etc. Jesus von Nazareth beschütze uns vor allem Bösen. Dieser Turm ist im Jahr des Herrn 861 zum Gedächtnis des hl. Apostels Jacobus erbaut von dem erlauchtesten Herzog Dankward von Braunschweig und renoviert 1519‘.
  4. Conrad Lampe ist 1512–16 auch als Vikar des Stiftes St. Blasii nachgewiesen; vgl. Döll, S. 335.
  5. Vgl. Spieß, 1970, S. 123: Er starb am 10. Januar 1564 „auf dem Altstadtrathaus plötzlich, ‚wie er von seinem Ambt Rechnung gethan‘ “.
  6. Vgl. ebd., S. 204.
  7. Vgl. Einleitung, Kapitel 2. Die Inschriften der Stadt Braunschweig – Ihre Einordnung in die Stadtgeschichte.
  8. Rehtmeyer, Kirchen-Historie 1, S. 16.

Nachweise

  1. Abb.: Spies, 1985, Bd. 2, Abb. 61, S. 74.
  2. Lit.: Rehtmeyer, Kirchen-Historie 1, S. 15f.; Dürre, S. 539; Sack, H V, 134, S. 3, 46; BLZ 10. 9. 1929.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 368† (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0036802.