Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 75 Hildesheim, St. Mauritius 1401 / 1675

Beschreibung

Kelch; Silber, vergoldet. Auf den erneuerten Sechspaßfuß ist eine ältere Kreuzigungsgruppe mit Titulus (A) aufgelötet. Oberhalb und unterhalb des Nodus, der aus sechs rhombischen Rotuli mit Vierpässen in den Zwickeln besteht, befinden sich, auf sechs Felder des Schaftes verteilt, die Inschriften B und C, das sechste Feld von Inschrift C ist mit einem Ornament ausgefüllt. Auf der Unterseite des unverzierten, abgeschrägten Stehrandes sind die Inschrift mit Provenienzvermerk (D) und die alte Datierung (E) eingraviert. Die Kuppa ist schlicht, die in Inschrift D erwähnte Patene nicht erhalten.

Maße: H.: 16,8 cm; Dm.: 9,6 cm (Kuppa), 12,5 cm (Fuß); Bu.: 0,1 cm (A), 0,8 cm (B, C), 0,2–0,3 cm (D, E).

Schriftart(en): Gotische Majuskel (A–C).

Sabine Wehking [1/2]

  1. A

    I(HESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDAEORVM)1)

  2. B

    IHESVS

  3. C

    MARIA

  4. D

    Hic calix cum patena comparatus est A patribus Capucinis Anno 1675 hilvesyisa)Anno 1401 Factus fuit Brunsuigae

  5. E

    1401

Übersetzung:

Dieser Kelch mit Patene ist von den Hildesheimer Kapuzinerpatres im Jahr 1675 erworben worden. Hergestellt wurde er im Jahr 1401 in Braunschweig. (D)

Kommentar

Die Kapuziner, die den Kelch laut Inschrift D 1675 (in Braunschweig?) erwarben, wurden 1619 erstmals mit Erlaubnis des Fürstbischofs Ferdinand auf dem Moritzberg ansässig2). Nachdem es 1643 zunächst zu einem ‚Protektorium‘ des Hildesheimer Rates, 1649 aber zu einer Ausweisung aus der Stadt gekommen war, lebten die Kapuziner bis 1656 wieder in einem kleinen Konvent auf dem Moritzberg und betreuten dort auch die Pfarrstelle. 1662 wurde die – 1657 begonnene – Kapuzinerkirche gegenüber von St. Paulus fertiggestellt und geweiht3). Möglicherweise ist die Erwerbung von Kelch und Patene in diesem Zusammenhang zu sehen. Nach einem Brand der Kirche gelangte das Altargerät offenbar in die alte Pfarrkirche auf dem Moritzberg, in der sich der Kelch heute befindet. – Es ist unbekannt, aus welcher Braunschweiger Kirche der Kelch stammt. Ein ebenfalls überarbeitetes, jüngeres Parallelstück, das in der Ausführung sehr ähnlich ist, in der Gestaltung der Inschriften aber abweicht, befindet sich heute im Besitz des Braunschweiger Domes (Nr. 276).

Textkritischer Apparat

  1. Sic statt hildesyis.

Anmerkungen

  1. Io. 19,19.
  2. Vgl. Johann Heinrich Gebauer, Geschichte der Stadt Hildesheim, Bd. 2, Hildesheim 1924 (Nachdruck 1977), S. 106; Christian Köhler, St. Mauritius auf dem Berge vor Hildesheim, Bd. 1: Geschichte des Moritzstifts und der Mauritiuskirche 1068–1810, Hannover 1979, S. 108f.
  3. Vgl. Gebauer (wie Anm. 2), S. 107.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 75 (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0007502.