Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 70 St. Magni um 1400

Beschreibung

Grabplatte des Sivert von Gosler; Sandstein. Sie wurde bei der 1992 erfolgten Restaurierung des Andachtsbildes mit dem kreuztragenden Christus (Nr. 163) auf dessen Rückseite sichtbar. Seit dem 15. Jahrhundert war diese Seite durch die Verankerung der Steinplatte an der südlichen Turmaußenwand von St. Magni verdeckt. Nach dem Wiederaufbau der im Krieg zerstörten Kirche und der Abnahme des Bildes von der Wand verhinderte der durch Brand geschwärzte Zustand die Ansicht auf die dem Betrachter abgewandte Seite, so daß die Erstverwendung als Grabstein unentdeckt blieb. Der Stein ist jetzt freistehend im Innenraum der Kirche rechts vom westlichen Portal aufgestellt. Da der mittelalterliche Steinmetz bei der Anfertigung des Andachtsbildes den Grabstein auf die obere Schmalseite drehte, steht dieser in der heutigen Aufstellung auf dem Kopf. Die zwischen zwei Linien auf dem äußeren Rand eingeritzte, umlaufende Inschrift würde also rechts unten (ursprünglich links oben) beginnen; jedoch ist der ehemals obere (jetzt untere) Rand mit der Datumszeile abgeschlagen. Die einzelnen Wörter der Inschrift sind weit spationiert und durch nach oben und unten mit Sporen versehene Rauten getrennt. Im oberen Drittel des Innenfelds befindet sich ein Wappen.

Maße: H.: 174 cm; Br.: 89,4 cm; Bu.: 6,25 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. [..............] / vii · o(biit) · sivert · de · gosler · in · die / kalixti · p(a)pea) · / cui(us)b) · a(n)i(m)a · requiescat · i(n) · pace

Übersetzung:

(...)7 starb Sivert von Gosler am Tag des Papstes Calixtus (14. 10.). Seine Seele ruhe in Frieden.

Wappen:
Gosler (fünf im Fünfpaß ausgelegte Seeblätter)

Kommentar

Die von Gosler (Goslar) sind seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts als Bürger der Altstadt in Braunschweig nachweisbar1). Ein Hildebrand von Gosler wird 1386 und 1394 als Dekan von St. Cyriacus genannt2). Keines der bekannten Familienmitglieder ist jedoch mit dem Träger des auf dem Grabstein erkennbaren Vornamens zu identifizieren. Auch die beiden aus den Jahren 1402 und 1411/1426 überlieferten Wappen einzelner Familienzweige3) entsprechen nicht dem auf dem Grabstein eingeritzten Wappen. Die Datierung stützt sich deshalb auf den in Braunschweig überlieferten oder nachgewiesenen Schrift- und Gestaltungstypus der geritzten Grabplatten. Als parallele Formen sind besonders Nr. 46 und Nr. 53 zu nennen, beide im Kreuzgang der Brüdernkirche, sowie Nr. 78, deren Text auch in der sprachlichen Form der vorliegenden Inschrift entspricht.

Textkritischer Apparat

  1. Lesung unsicher.
  2. Vor dem Wort eine Lücke in der Beschriftung, die etwa das erste Drittel der Langseite einnimmt; vermutlich auch ursprünglich aus Gründen der Materialbeschaffenheit ohne Inschriftentext.

Anmerkungen

  1. Vgl. Mack, Testamente 1, S. 138–141; Stadtarchiv Braunschweig, Urkundenarchiv, Nr. 445, 555, 618, 703.
  2. Vgl. Dürre, S. 431.
  3. Vgl. Kämpe, Wappenbuch VI, S. 56 und VIII, S. 20.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 70 (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0007007.