Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 43 Herzog Anton Ulrich-Museum 3. V. 14. Jh.

Beschreibung

Wandteppich; Wollstickerei auf Leinwand. Der Teppich ist unvollständig, der linke Rand ist schadhaft. Acht erhaltene Teile sind heute in drei Reihen zusammengesetzt1). Dargestellt ist der Besuch der Königin von Saba bei König Salomo. Die Szenen sind frei nach der alttestamentlichen Geschichte aus III Rg. 10,1–13 und nach legendarischen Motiven gestaltet.

1. Reihe: 1. Unvollständige Falkenjagd-Szene mit einer reitenden Dame. 2. Die Königin von Saba schickt König Salomo eine Botschaft (mit unbeschriftetem Spruchband). 3. Zwei Botschafter auf Pferden. 4. Die Botschafter vor Salomo (mit unbeschriftetem Spruchband). 5. König Salomo auf der Baustelle des Tempels. 6. Das Holz des Heiligen Kreuzes wird vergraben2).

2. Reihe (von den ersten beiden Darstellungen sind nur die mit Ranken- und Lebensbaum verzierten Seitenteile erhalten): 1. Rückkehr eines Boten (mit unbeschriftetem Spruchband). 2. Die Königin mit Gefolge auf der Reise. 3. Die Königin steht vor dem thronenden Salomo und reicht ihm die Hand.

3. Reihe: 1. König Salomo und die Königin von Saba sitzend und gestikulierend im Gespräch. 2. König Salomo und die Königin von Saba stehen bei einem als Messe dargestellten Gottesdienst. Vor dem Priester ein Altar mit zwei brennenden Kerzen, Rauchgefäß und aufgeschlagenem Meßbuch. 3. Gastmahl. 4. Spaziergang im Weingarten. 5. Abschied.

Es sind jeweils drei bis fünf Personen unter Spitzbögen, Zinnen oder Laubengängen dargestellt. Die das königliche Paar umstehende Dienerschaft trägt enge, kurze, mi-parti-geteilte Kleidung mit langen schmalen Überärmeln. Die Königin und ihre Hofdame sind mit engen, rund ausgeschnittenen und nach unten faltig fallenden Kleidern mit Surcot und pelzgefütterten Mänteln bekleidet. Die zu den Szenen gehörigen unvollständigen Inschriften sind mit abwechselnd grünen und roten Buchstaben auf weißen Schriftbänder über die jeweilige Bildreihe gesetzt. Inschrift C ist stark abgerieben.

Der Wandteppich kam mit anderen textilen Überresten 1877 aus dem Braunschweiger Kreuzkloster an das damalige Herzogliche Museum. Er wird auf das dritte Viertel des 14. Jahrhunderts datiert3).

Maße: H. (eines Streifens mit Spruchband): 45–47 cm; Br.: 370 cm; Bu.: 3,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Herzog Anton Ulrich-Museum Braunschweig, Kunstmuseum des Landes Niedersachsen [1/1]

  1. A

    [...] DE · HORDE ZAGHEN VAN · DER WISHEYT KONIGHa) SALOMONES W[...]

  2. B

    [...] AMERKLENADE4) VNDE SOETHE DE WISHEYT KONIGH SALOMONES V[...]

  3. C

    [...]·VENb) · ZICHc) · HIR · SIT · KONIGH SALOMON [...]NERd) [...]SCHAPe) HE · WISET · DER · KONIG[HIN]NE ZIN RICHIT[..]

Kommentar

Die Vorzeichnungen für die Darstellung der die Szenen rahmenden Räume, die Trachten und besonders die Formen der Majuskel zeigen deutlich eine Verbindung zu dem etwa zur gleichen Zeit im Kloster Wienhausen entstandenen Tristanteppich5).

Textkritischer Apparat

  1. Es folgt ein v-förmiges Schmuckzeichen.
  2. Mack ergänzt [TRA]VEN.
  3. ZION Riegel.
  4. Mack ergänzt [IN ZI]NER.
  5. Mack ergänzt [HER]SCHAP.

Anmerkungen

  1. Vor der Restaurierung bestand er offenbar aus zwei Stücken oder es fehlte ein Teil, da Riegel den letzten Teil der Inschrift nicht aufführt.
  2. Zum Zusammenhang der Kreuzlegende mit der Geschichte von Salomo und der Königin von Saba vgl. LCI 2, Sp. 642–648, bes. Sp. 644 und LCI 4, Sp. 1–3, bes. Sp. 1 sowie Keller, S. 280.
  3. Schuette 2, S. 13.
  4. Ein Wort; wahrscheinlich sind Ambra und Kleinode gemeint, die dem König als Gastgeschenke dargebracht werden sollten.
  5. Vgl. Schuette 2, S. 13.

Nachweise

  1. Abb.: Schuette 2, Taf. 5–6.
  2. Lit.: Riegel, S. 23f.; Schuette 2, S. 11–13.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 43 (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0004300.