Die Inschriften der Stadt Braunschweig bis 1528

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 35: Stadt Braunschweig I (1993)

Nr. 35 Herzog Anton Ulrich-Museum 1. H. 14. Jh.

Beschreibung

Stickereiborte; Wolle auf Leinen. Der erhaltene, ursprüngliche Randabschluß ist auf der linken Seite beschnitten und unvollständig1). Unter zehn Spitzbogenlauben aus säulenartig gedrehtem, blumengeschmückten Astwerk sind Szenen aus dem Leben Moses’ dargestellt. In den Zwickeln Adler mit ausgebreiteten Schwingen, in der rechten Ecke ein Wappen. Am Fuße der zu Bögen aufsteigenden gedrehten Säulen abwechselnd ein Hund und ein Löwe. Abfolge der Bilder und Inschriften: 1. Trauung von Moses und Zipora (Ex. 2,21). 2. Hochzeitsmahl. 3. Gott erscheint Moses im brennenden Busch (Ex. 3,5); Inschrift (A) mit abwechselnd roten und blauen Buchstaben auf weißem Spruchband. 4. Aarons Stab wird zur Schlange (Ex. 7,10). 5. Untergang der Ägypter im Roten Meer (Ex. 14,27). 6. Moses schlägt Wasser aus dem Felsen (Ex. 17,6). 7. Gott überreicht Moses die Gesetzestafeln (Ex. 24,12); Inschrift (B) mit abwechselnd roten und blauen Buchstaben auf weißem Spruchband. 8. Das goldene Kalb (Ex. 32,19). 9. Das Einsammeln des Manna (Ex. 16,14). 10. Moses richtet die eherne Schlange auf (Nm. 21,9). – Der untere Rand entspricht in Umriß und Wappen, nicht aber in der Farbgebung demjenigen von Nr. 36. Mit Baretten bedeckte Männerköpfe wechseln mit schrägrechts geneigten Wappenschilden (alle mit dem gleichen Motiv). Nach Zeichnung, Tracht und Farbgebung wird der Stickereistreifen, der mit anderen textilen Überresten 1877 aus dem Kreuzkloster an das Herzogliche Museum kam, in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts datiert2).

Maße: H.: 51 cm; Br.: 500 cm; Bu.: 2,7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. A

    EXVE · TVOS · CALCIO//a)3)

  2. B

    ASCENDE · AD · ME4)

Übersetzung:

Zieh deine Schuhe aus! (A)

Komm herauf zu mir! (B)

Wappen:
Kerkhoff (weißer waagerechter Balken auf rotem Grund; im oberen Feld zwei gelbe Sterne, im unteren Feld ein Stern)5).

Kommentar

Kapitale Buchstaben wie die Initialen E, T und C stehen neben unzialem E und N. Das A ist breit mit hohem Querstrich und betontem Deckbalken ausgeführt.

Textkritischer Apparat

  1. S fehlt, weil der Platz auf dem Spruchband nicht ausreichte.

Anmerkungen

  1. Farb- und stickereitechnische Beschreibung bei Schuette 2, S. 10f. und Taf. 5.
  2. Ebd., S. 11; Riegel, S. 22, hatte alle Stickereien pauschal auf das Ende des 15. Jahrhunderts geschätzt.
  3. Stark veränderte Version von Ex. 3,5: solve calciamentum de pedibus tuis.
  4. Ex. 24,12.
  5. Vgl. Reidemeister, S. 144f. Die Patrizierfamilie Kerkhoff (van dem Kerkhove) ist von 1231 bis 1473 in Braunschweig nachweisbar, vgl. Spieß, 1970, S. 145.

Nachweise

  1. Abb. und Lit.: wie Anm. 1, 2.

Zitierhinweis:
DI 35, Stadt Braunschweig I, Nr. 35 (Andrea Boockmann), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di035g005k0003508.