Inschriftenkatalog: Stadt Bonn

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 50: Bonn (2000)

Nr. 16 Rhein. Landesmuseum 11.–Mitte 12. Jh.

Beschreibung

Gedenkstein (Grabstein oder „Memorienstein“?)1) mit Memorialinschrift für den Laien [A]thalbero (Inv.-Nr. D 4014). 1895 beim Abbruch der romanischen Kirche in Dottendorf gefunden, Fundsituation nicht überliefert. 1939 für das Museum erworben.2) Kalkstein. Die beiden oberen Ecken und die rechte untere Ecke der rechteckigen Platte sind abgebrochen, ebenso der obere und rechte Rand. In die Rückseite wurde bei der Zweitverwendung ein Profil eingearbeitet. Die Vorderseite wird von einer Wölbung zwischen zwei eingehauenen Linien gerahmt. In beiden unteren Ecken sind noch Akanthusblattornamente sichtbar. Ein lateinisches Kreuz erstreckt sich über die ganze Länge und Breite der Platte. Die Winkel der Kreuzarme zieren Palmetten mit Blattüberfall der mittleren Spreite. Todesdatum auf dem Querbalken, Name des Verstorbenen auf dem Längsbalken, Inschrift gut erhalten.

Maße: H. (35,5), B. (25),3) Bu. 3,7–4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

AWK NRW, Arbeitsstelle Inschriften [1/1]

  1. VI · K(A)L(ENDAS)a) MA[..]b) / [OBIIT A]THALBEROc) · LAIC(VS)d)

Übersetzung:

Am 6. Tag vor den Kalenden des Mai [starb] der Laie [A]thalbero.

Datum: 26. April.

Kommentar

Die Ergänzung des Personennamens zu ATHALBERO ist wohl als sicher anzusehen, da dieser Name in der Form Adalbero im 11. und 12. Jh. vielfach bezeugt ist,4) während die von Effmann vorgeschlagene Variante THALBERO nicht belegt ist. Die Ornamentformen des Steines sind ebenso qualitätvoll gearbeitet wie die noch rein kapital bestimmte Majuskel. Die Buchstaben sind schmal, Hasten und Bögen enden in kleinen Sporen. Das ovale O zeigt Bogenverstärkungen an beiden Seiten. A ist trapezförmig ausgeführt. Das M hat parallele Hasten und einen kurzen Mittelteil. Die Cauda des R ist weit ausgezogen und leicht geschwungen. Der obere Schrägbalken des K setzt am unteren an, ist verkürzt und häkchenförmig nach links gebogen; der untere Schrägbalken ist geschwungen und am unteren Ende nach außen umgebogen. Ungewöhnlich ist die erst weitaus später verbreitete Verwendung von Dreispitzen als Worttrenner. Aufgrund des paläographischen Befundes wird man die Inschrift ins 11. bis in die Mitte des 12. Jh. datieren.5)

Textkritischer Apparat

  1. Waagerechter Kürzungsstrich durchstreicht die Haste des L.
  2. Da am rechten Rand nur ca. 5 cm des Steines fehlen, dürfte der Monatsname, wie bereits von Effmann vorgeschlagen, zu MAII, nicht zu MARTII zu ergänzen sein.
  3. Effmann erwägt, daß der Eigenname Thalbero gelautet haben könnte. Es ist sicher anzunehmen, daß vor dem Eigennamen OBIIT zu lesen war. Die linke Haste des H ist nach oben verlängert, der rechte Rand des T-Balkens ist aber noch sichtbar. E in den unteren Bogen des B eingeschrieben.
  4. Kürzung durch eingestellten us-Haken.

Anmerkungen

  1. Die Funktion des Steins ist nicht mit Sicherheit zu klären. Siehe die Einleitung, S. XXXIff.
  2. BJbb. 146, 1941, S. 220.
  3. Ursprüngliche Maße: H. ca. 40–45, B. 30 cm.
  4. Vgl. etwa Socin, S. 1. Zur sprachgeschichtlichen Einordnung des Namens siehe Tiefenbach, passim.
  5. Effmann: 11. Jh.; Nisters-Weisbecker: 11./12. Jh.

Nachweise

  1. Effmann, Inschriftsteine, Sp. 324.
  2. Nisters-Weisbecker, S. 266, Nr. 61 und Abb. 23, 33.

Zitierhinweis:
DI 50, Bonn, Nr. 16 (Helga Giersiepen), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di050d004k0001601.