Die Inschriften der Stadt Bonn

6. Nicht aufgenommene Inschriften

Die in Kapitel 1 der Einleitung erwähnten Inschriften auf bestimmten Trägergruppen, die Gegenstand eigener Fachdisziplinen sind (Siegel, Münzen und Medaillen, Bucheinbände) bleiben von der Bearbeitung durch das Inschriften-Unternehmen ebenso ausgeschlossen wie Inschriften aus serieller Produktion, etwa auf Bestecken oder Keramikwaren. Eine Ausnahme können jedoch auch in diesen Fällen speziell für eine Person, einen Ort oder einen Anlaß hergestellte Produkte bilden.

Auch die jüdischen Inschriften werden – in Abstimmung mit jüdischen Kulturinstitutionen282) – grundsätzlich aus der Bearbeitung ausgeklammert.283) In Bonn betrifft das einige Grabsteine auf dem jüdischen Friedhof in Schwarzrheindorf, die noch im Bearbeitungszeitraum hergestellt wurden. Dieser älteste jüdische Friedhof Bonns ist Gegenstand eines umfangreichen Katalogs,284) dem eine umfassende Auswertung zur Geschichte der Bonner Juden folgen soll.

Aufgrund des Provenienzprinzips bleiben große Teile der Museumsbestände unberücksichtigt. Das betrifft in Bonn vor allem das Rheinische Landesmuseum, das als Nachfolger des Römischen Provinzialmuseums Bestände aus der gesamten alten Rheinprovinz besitzt. Von diesen sind nur diejenigen [Druckseite XLVIII] Stücke in den Katalog aufgenommen worden, deren Herkunft aus Bonn sicher oder wahrscheinlich ist.

In der Literatur finden sich zahlreiche Erwähnungen heute verlorener Inschriften, ohne daß deren Text überliefert ist. So ist bekannt, daß die Reliquienschreine der heiligen Cassius, Florentius und Mallusius, die im 12. Jahrhundert angefertigt und 1583 im Auftrag von Karl Truchseß zerstört worden waren,285) mit Inschriften ausgestattet waren, wie es bei rhein-maasländischen Schreinen üblich war.286) Der Wortlaut der Inschriften ist jedoch nirgends überliefert, so daß diese Deperdita auch im Rahmen dieses Editionsbandes nicht behandelt werden können. Zuweilen werden in Literatur und Quellen Objekte erwähnt, die zu einer typischen Inschriftenträgergruppe gehören und für die deshalb angenommen werden kann, daß sie mit Inschriften versehen waren. Die Kapitelsprotokolle des Cassiusstiftes vermerken den Guß einer großen Glocke („magnae campanae“) am 23. Oktober 1492.287) Es ist sicher davon auszugehen, daß diese Glocke – wie auch alle Glocken des 1689 zerstörten Münster-Geläuts – mit Inschriften versehen war, die aber nicht überliefert sind. Jakob Campius, Dechant von St. Cassius, stiftete dem Münster 1591 ein Fenster, das seine Wappen und seinen Namen trug.288) Da nicht überliefert ist, in welcher Form der Name auf dem Fenster angebracht war, muß auch diese Stifterinschrift zu den Deperdita gezählt werden. Dasselbe gilt für eine Vielzahl abgetretener Grabplatten und verwitterter Grabkreuze, deren Inschriften nicht mehr lesbar sind.

Bedauerlicherweise gibt es auch eine kleine Zahl durchaus noch existierender Inschriften, die nicht in den Band aufgenommen werden konnten, da die Besitzer den Zugang zu den Trägern verweigerten. Es handelt sich hierbei zum einen um ein Grabkreuz für den 1646 verstorbenen Jakob Thries aus Duisdorf, das sich heute in Privatbesitz befindet.289) Zum anderen betrifft dies mindestens eine Grabplatte aus Ramersdorf, die der Besitzer nach eigenen Angaben angekauft und in seinem Garten in Oberkassel aufgestellt hat.290) Ob sich dort noch mehr Inschriftenträger Bonner Provenienz befinden, war nicht zu erfahren. In beiden Fällen wurde die mehrfach geäußerte Bitte, die Genehmigung zur Lesung der Inschriften und zur Untersuchung des Trägers zu erhalten, ablehnend beantwortet.

Zitationshinweis:

DI 50, Bonn, Einleitung, 6. Nicht aufgenommene Inschriften (Helga Giersiepen), in: inschriften.net,  urn:nbn:de:0238-di050d004e002.

  1. Vgl. das Protokoll der Interakademischen Kommissionssitzung am 17. März 1992 in Bonn. Um die Aufarbeitung der jüdischen Friedhöfe in Deutschland bemüht sich besonders das in Heidelberg ansässige Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland. »
  2. Das gilt allerdings nicht, wenn es sich um hebräische Elemente innerhalb lateinischer oder deutscher Inschriftenzusammenhänge handelt, etwa die hebräische Form des Kreuztitulus. »
  3. Der alte jüdische Friedhof Bonn-Schwarzrheindorf: 1623–1956. Bildlich-textliche Dokumentation von Michael Brocke und Dan Bondy (Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 50), Köln/Bonn 1998. »
  4. Maaßen, Dekanat Bonn-Stadt, S. 138. Vgl. auch oben S. XXXVII»
  5. „Quorum martyrum tres e nominatis argenteis inauratis, admirando artificio factis gemmisque plurimis exornatis tumbis, praefixis singulorum titulis, inclusi fuerunt.“ (AASS Oct. V, S. 48). »
  6. HStAD, Cassiusstift, A. 5, S. 34. »
  7. „... unam vitream fenestram satis magnam cum suis nomine et armis pretio haud minore triginta Dhalerorum comparatam ...“ (HStAD, Cassiusstift, A. 16, Bl. 17r). »
  8. Siehe dazu den Artikel von Hans Ulrich Becker im Bonner General-Anzeiger vom 31. 1. 1996. »
  9. Die Grabplatte für eine Kanonisse des Stifts Dietkirchen wird 1937 von Heinrich Neu erwähnt (Die Geschichte der Deutschordens-Kommende Ramersdorf, in: BGbll. 1, 1937, S. 148 Anm. 142). »