Inschriftenkatalog: Die Inschriften der Nagelkapelle im Dom zu Bamberg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 5: Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom (2015)

Nr. 42 Dom, Nagelkapelle 1591

Beschreibung

Figurale Metallplatte mit Sterbevermerk für den Dompropst Johann Heinrich von Nanckenreuth mit Gedächtnistafel mit Sterbevermerk für den 1531 verstorbenen Domdekan Sebastian Georg von Künsberg. Westwand, 16. Denkmal von Norden, in einem verputzten Ziegelrahmen. Bestattung ursprünglich in der dritten Gruft der vierten Reihe1). Eine Reinigung und Restaurierung erfolgte zuletzt 19862).

Vor einer schlichten Rundbogennische, deren oberer Abschluss mit Rollwerk und kleinen, in aufgeschlagenen Büchern lesenden Engeln verziert ist, steht frontal die Figur des Domherrn. Er ist mit Dalmatik über Amikt und Albe mit Parura bekleidet, um den Hals eine spanische Halskrause. Auf dem Haupt trägt er ein Birett. In Händen ein geschlossenes Buch, zwischen den Fingern der Rechten außerdem eine Gebetsschnur in Form eines Fünfers.

In den vier Ecken befinden sich die Agnatenwappen als Vollwappen. Auf Kniehöhe ist eine Tafel mit fünfzeiliger Inschrift (I) in Rollwerkrahmen vorgesetzt. Die Platte wird von einer auf vier Seiten umlaufenden, links unten beginnenden Inschrift (II) eingefasst.

Unterhalb der Arme der Figur befindet sich ein Riss quer über die Platte. Metall.

Maße: H. 199 cm, B. 84 cm, Bu. 2,7 cm (I), 3,3 cm (II).

Schriftart(en): Kapitalis.

© BAdW München, Inschriftenkommission [1/1]

  1. I.

    ANNOa) D(OMI)NI 1531 . DIE ∙ S(ANCTI) MARTINI OBIIT / R(EVEREN)D(VS) PATER ET D(OMI)N(V)S SEBASTIAN(VS) DE / KINSPERG DECAN(VS) ET CANONIC(VS) / HVI(VS) BAMBERG(ENSIS) ECCLESIAE, CVIVS / ANIMA REQVIESCAT IN PACEb)

  2. II.

    ANNOc) DO(MI)NI M ∙ D ∙ XCI ∙ SABBATI ∙ XVIII ∙ MAII R(EVEREN)DVS IN CHR(IST)Od) PATER AC NOBILIS D(OMI)N(V)S D(OMI)N(V)S IO(ANN)ES HEI(N)RIC(VS) ∙ A ∙ // NA(N)CKE(N)REVT CV(M) ECCL(ES)IAE BA(M)BERGE(NSIS) DECA(N)ATVI // AN(N)ISc) ∙ XI ∙ CV(M) LAVDE PRAEFVISSET IN PRAEPOSITV(M) ELECT(VS)e) AETATIS SVAE AN(N)O ∙ XLVI ∙ IN D(OMI)NO PIE // OBIITf) CVIVS A(N)I(M)A IN PA[C]Eg) REQVIESCAT AME(N)

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1531, am Tag des Hl. Martin verstarb der hochwürdige Vater und Herr Sebastian von Kinsberg, Dekan und Kanoniker dieser Bamberger Kirche, dessen Seele in Frieden ruhe. (I)

Im Jahre des Herrn 1591, am Samstag, dem 18. Mai, verstarb fromm im Herrn der hochwürdige Vater in Christus und edle Herr, Herr Johann Heinrich von Nankenreuth, nachdem er dem Dekanat der Bamberger Kirche elf Jahre mit Lob vorgestanden (und) zum Propst erwählt war, im 47. Lebensjahr, dessen Seele in Frieden ruhe. Amen. (II)

Datum: 1531 November 11.

Wappen:
Nanckenreuth3)Künsberg4)
Wirsberg5)Waldenfels6)

Kommentar

Die Inschrift weist eine äußerst klassisch geformte Kapitalis auf. Im Bestand der Nagelkapelle findet sich kein Vergleichsbeispiel.

Die Dalmatik weist als einzige im Bestand der Nagelkapelle eine Verzierung in Brusthöhe auf. Dort sind zwei Löwenköpfe angebracht, aus deren Maul jeweils eine Quaste herabhängt. Damit wird deutlich, dass dieser seltene Schmuck ursprünglich nicht ausschließlich den Rücken, sondern auch die Brust der Dalamtik zieren konnte7). Ob es sich dabei um eine reduzierte Form einer Ausstattung mit Clavi handelt, muss offen bleiben. Allerdings könnte dieser Schmuck, der bislang nur von Dalmatiken bekannt ist, die mindestens ein Jahrhundert früher zu datieren sind, einen Hinweis auf die Verwendungsdauer liturgischer Kleidung geben.

Johann Heinrich von Nanckenreuth war ein Sohn des Sigmund und der Anna, geb. von Künsberg. 1559 wurde er als Domherr aufgeschworen. Er studierte in Freiburg im Breisgau. Er war Domkustos, Domdekan und zuletzt Dompropst und Propst bei St. Jakob und St. Stephan in Bamberg, außerdem hatte er ein Kanonikat in St. Burkhard in Würzburg inne.

Er wird als ständiger Gegner des Bischofs Ernst von Mengersdorf (1583-1591) genannt. In seinem 1584 errichteten Testament bestimmte Nanckenreuth, dass er, falls er in Bamberg stirbt, in der Gruft des 1562 verstorbenen Domherrn Johann Kaspar von Künsberg bestattet werden wolle8). Warum er aber stattdessen in der Gruft des Sebastian Georg von Künsberg beigesetzt wurde und dieser zudem eine Gedächtnistafel auf seiner Grabplatte erhielt, ist unbekannt9).

Textkritischer Apparat

  1. A deutlich größer als die übrigen Buchstaben.
  2. Am Ende Quadrangel auf der Zeile mit zusätzlichem Ornament.
  3. A durch Dübel beschädigt.
  4. O durch Dübel beschädigt; Nomen sacrum XRO statt XPO.
  5. E durch Dübel beschädigt.
  6. O durch Dübel beschädigt.
  7. C durch Dübel verdeckt.

Anmerkungen

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 212.
  2. Zur Restaurierung vgl. Jung, Vorwort 5f.; Baumgärtel, Nagelkapelle 19-22; Restaurierungsbericht 1986.
  3. BayA2 154.
  4. Bay 43.
  5. BayA1 63.
  6. Bay 62.
  7. Vgl. Braun, Liturgische Gewandung 277f.; Dambeck, Dalmatik 985-998.
  8. StA Ba B 86, Nr. 501, Schr. 2 fol. 4. Über den Bestattungsort des Johann Kaspar von Künsberg ist nichts bekannt.
  9. Zur Person (Sebastian von Künsberg) vgl. Biedermann, Gebürg Tab. CXX; Kist, Domkapitel 215 f.; Kist, Matrikel Nr. 3752; Wachter, Schematismus Nr. 3752. Zur Person (Johann Heinrich von Nankenreuth) vgl. Wachter, Schematismus Nr. 6995; Wendehorst, St. Burkhard 286f.

Nachweise

  1. StA Ba B 86, Nr. 250 p. 212; SB Ba HV.Msc. 195 p. 173 (Nanckenreuth), p. 53 (Künsberg); AEB Rep. I, Nr. 1309 p. 173 (Nanckenreuth), p. 53 (Künsberg); BNM Bibl. 1088, fol. 262 (nur Nanckenreuth); SB Ba HV.Msc. 456 p. 114f. (nur Nanckenreuth); SB Ba HV.Msc. 212 fol. 10v (nur Nanckenreuth, Künsberg auf unnummeriertem Zusatzblatt); SB Ba JH.Msc.Hist. 10c Nr. 16a (Nanckenreuth), 16b (Künsberg).
  2. Rothlauf, Verzeichnis II 118 (Künsberg), 177f. (Nankenreuth); Landgraf, Dom 58; Pfister, Dom 52; Bellendorf, Grabplatten 2 BaNk16; Kdm NF OF IV, II, 1 (Domstift 2) 1559f.

Zitierhinweis:
DIO 5, Die Inschriften der Nagelkapelle am Bamberger Dom, Nr. 42 (Julia Karg, Christine Steininger, Ramona Baltolu, Tanja Kohwagner-Nikolai.), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio005m001k0004202.